Salzburg

Rathgeber stellt "Aufdecker"-Buch vor

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Die Ex-Budgetreferatsleiterin will aufklären, wie es zum Finanz-Skandal kommen konnte.

 "Am System zerbrochen": So lautet der Titel des Buches, das Monika Rathgeber, im Salzburger Finanzskandal wegen Betruges und Untreue beschuldigt, geschrieben und am Dienstag den Medien vorgestellt hat. Sie verstehe die 260 Seiten nicht als Abrechnung, erklärte die Ex-Budgetreferatsleiterin. "Ich habe für mich selbst eine Klarstellung machen wollen, wie es zu dem Riesenskandal gekommen ist."

Eine Warnung
Es sollte auch eine Warnung für andere sein, vor Fehlern, die sie gemacht habe, sagte die 42-Jährige. Die gebürtige Oberösterreicherin wirkte gefasst, aber innerlich angespannt, als sie in adretter, dunkler Kleidung, die langen Haare zu einem Zopf geflochten, den voll besetzten Konferenzsaal eines Salzburger Hotels betrat und sich den neugierigen Fragen der Journalisten stellte. "Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, ich bin etwas aufgeregt. Verzeihen Sie, wenn ich nicht die richtigen Worte finde." Eigentlich habe sie kein Buch schreiben wollen, "ich habe für mich selbst die Abläufe und Ereignisse der letzten Monate vor dem großen Skandal aufgeschrieben. Freunde und Bekannte haben mich bestärkt, dass ich das allen zugänglich mache - viele Menschen wissen nicht, wie die Abläufe im Land sind und was einem passiert, wenn man kritisch hinterfragt. Für andere soll das eine Warnung sein."

"Mut und Courage"
Dann sprach Rathgeber von "Mut und Courage", als sie ihre Situation vor Bekanntwerden des Skandals bei einer Pressekonferenz am 6. Dezember 2012 schilderte. Auch wenn sich Menschen mit Mut selbst schaden würden, sie habe das alles in Kauf genommen, denn sie wollte Schaden für das Land abwenden. "Das ist mir nicht gelungen." Sie gestand heute Fehler ein, bezog diese vorwiegend auf ein Kommunikationsproblem. "Im Vorhinein hätte ich viel mehr dokumentieren müssen. Für mich ist es eine Katastrophe, was hier passiert ist, mit dem Land und dem Ruf des Landes." Im Buch habe sie auch erwähnt, dass sie sich Weisungen von Vorgesetzten widersetzt hatte "und das Gegenteil gemacht habe". Aus damaliger Sicht sei das aber zum Wohl des Landes gewesen. "Das Unterschriftenkopieren war ein Fehler, das waren aber keine Verträge."

 Rathgeber schilderte, wie sie sich an jenem 6. Dezember gefühlt hatte. Sie habe das wie eine Hexenjagd empfunden. "Es wurden Räumlichkeiten im Büro vom Land freigegeben zu filmen, vor meiner Wohnung waren Presseleute, ich fühlte mich etwas verfolgt, ich habe mich teilweise gefürchtet. Das war damals eine ungeheure Belastung. Ich bin dann von Salzburg weg, ich hatte es nicht mehr ausgehalten. Am System wäre ich fast zerbrochen. Am Ende habe ich gesehen, mein Leben ist damals zerbrochen, meine Person nicht, hoffe ich."

Die Disco-Kugel
Die zersplitterte Disco-Kugel auf der Titelseite des Buches sei als Synonym für ihren inneren Kern zu verstehen. "Ich war innerlich zerrissen. Ich habe nicht gewusst, was ich machen soll. Das soll die Kugel bedeuten, die auseinanderdriftet." Sie habe ja jahrelang in der Verwaltung gearbeitet. "Für mich war es unvorstellbar, dass sich Mechanismen des Verwaltungsapparates gegen eine Person richten können, wenn Mitarbeiter Kritik üben und kalt gestellt werden, wenn sie sich Weisungen entziehen, das wollte ich im Buch aufzeigen." Sie glaube nicht, dass Leute jetzt vor dem Buch zittern müssen, "vielleicht haben sie ein ungutes Gefühl". Sie sehe sich"auf jeden Fall als Sündenbock", wie sie betonte.

   Kraft hätten ihr die Familie und Freunde gegeben - "das war meine Therapie"- und die stundenlangen Spaziergänge in der Natur. "In einer Lebenskrise erfährt man, wer die wahren Freunde sind." Physisch gehe es ihr jetzt gut, das Buch, das sie selbst verfasst hat, habe auch zur psychologischen Aufarbeitung beigetragen. Eine psychologische oder psychiatrische Behandlung nahm sie nicht in Anspruch, erzählte Rathgeber. Derzeit ist sie arbeitslos. Sie bezieht Arbeitslosengeld, auch ihre Familie unterstützt sie finanziell. Was sie in Zukunft beruflich machen wird und ob sie wieder im Finanzbereich tätig sein wolle, "habe ich noch nicht entschieden". Sie habe immerhin 22 Jahre beim Land gearbeitet.

   Rechtsanwalt Herbert Hübel, der neben Rathgeber saß, erklärte gleich zu Beginn, dass die Pressekonferenz nicht mit Verkaufsfahrten vergleichbar sei und dass man für das Buch auch nicht die Werbetrommel rühren wolle. "Bitte fragen Sie nichts zu Strafsachen, Akten und Rechtsvorgängen", verwies er auf das laufende Strafverfahren. "Es war einfach notwendig, das niederzuschreiben, was sie erfahren hatte." Sie werde mit dem Buch nicht reich werden, ließ Rathgeber noch wissen, "ich weiß auch nicht wie die Verkaufszahlen werden." Sie erhalte zehn Prozent des Honorars, 1,60 Euro pro Buch. Am Ende der Pressekonferenz erntete sie von einigen Zuhörern Applaus.


 

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