Nach Kampfabstimmung

Rotes Wunschkonzert im ORF-Publikumsrat

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Als neuer Vorsitzender wurde der SP-Kandidat Preinfalk gewählt.

Großkoalitionäres Gerangel, gefolgt von rotem Wunschkonzert - so lässt sich das Ergebnis der konstituierenden Sitzung des ORF-Publikumsrates am Dienstag zusammenfassen. Da sich SPÖ und ÖVP im Vorfeld nicht auf Personalia einigen konnten, gab es sowohl beim Vorsitz als auch bei der Wahl der sechs Publikumsräte aus der Hörer- und Sehervertretung Kampfabstimmungen, die der SP-Freundeskreis kraft seiner Mehrheit in dem Gremium gewann.

Stiftungsräte
Die wichtigste Entscheidung des Tages betraf die Entsendung der sechs Stiftungsräte: SPÖ-Kandidat Siegfried Meryn sowie die auf dem ÖVP-Ticket in den Publikumsrat gewählten Gerhard Tötschinger und Bernadette Tischler wurden ins oberste ORF-Aufsichtsgremium nominiert. Dazu kommen der unabhängige Kirchenvertreter Franz Küberl, aus dem Bereich der Hochschulen die SP-nahe Beate Wimmer-Puchinger und für die Kunst Josef Kirchberger, der ebenfalls als SP-nah gilt.

Rote Mehrheit
Die ÖVP gab der roten Mehrheit bei den Abstimmungen betont Kontra: Sowohl bei den Stiftungsräten wurde eine eigene Vorschlagsliste aufgestellt, wiewohl sich auf Grund des Erfolgs bei der Publikumsratswahl auch zwei schwarze Kandidaten auf der letztlich mit SPÖ-Mehrheit abgesegneten Liste finden.

Als neuer Vorsitzender machte der Arbeiterkämmerer und SPÖ-Kandidat Hans Preinfalk mit 22 von 36 Stimmen das Rennen und löste damit den bisherigen Vorsitzenden und VP-nahen Kandidaten Georg Weißmann ab, der elf Stimmen erhielt. Auch bei der Wahl des Vizevorsitzenden hatte es im Vorfeld keine Einigung zwischen SPÖ und ÖVP gegeben: Die von der SPÖ ins Rennen geschickte Ilse Brandner-Radinger setzte sich gegen VP-Kandidaten Weißmann durch, der neuerlich den kürzeren zog.

Feilschen bis zuletzt
Das rot-schwarze Tauziehen hatte bereits das Vorfeld der Sitzung dominiert. Weil um die Besetzungslisten noch gefeilscht wurde, begann die konstituierende Sitzung des Publikumsrats erst mit halbstündiger Verspätung. "Es ist heute besonders mühsam", meinten langjährige Gremienvertreter. Zahlreiche Zugeständnisse von beide Seiten seien - jeweils vom politischen Gegenüber - nicht angenommen worden, hieß es weiter. Für Verärgerung bei der ÖVP sorgte dem Vernehmen nach beispielsweise die Frage des Vorsitzes im Qualitätssicherungsausschuss des Publikumsrats, der künftig als Schnittstelle zur neuen Medienbehörde eine gewichtigere Rolle spielen soll. Die von der ÖVP gewünschte Übernahme des Vorsitzes wurde von der SPÖ offenbar abgelehnt.

Neben den Auseinandersetzungen um Vorsitze im Publikumsrat und Sitze im Stiftungsrat war auch die Causa Wolfgang Buchner Thema. Der langjährige ORF-Personalchef war nach einem Einspruch gegen die Publikumsratswahl beim Bundeskommunikationssenat von ORF-Chef Alexander Wrabetz vom Dienst suspendiert worden. Mehrere Publikumsräte kritisierten den Rauswurf. Weder der Anlass noch die kolportierte Art und Weise, wonach Buchner von Sicherheitsleuten aus dem ORF begleitet worden sei, wären akzeptabel, monierte etwa der ÖVP-nahe Andreas Kratschmar. "In Fernsehsendern halbdemokratischer Regimes mag das die übliche Vorgangsweise sein." Auch Landwirtschaftskämmerer Karl Guschlbauer protestierte gegen die Ablöse Buchners. In einem "öffentlich-rechtlichen Unternehmen" sei es "ein Wahnsinn, was hier passiert ist", sagte er. Anders sah dies Siegfried Meryn, der von "gar keinen angenehmen und keinen guten" Erlebnissen mit Buchner berichtete.

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