Zurückgerudert

SPÖ schließt doch keine Spitäler

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Die Roten sind doch einmütig gegen Zusammenlegungen. Dabei hatten erst am Dienstag die Experten aus Spargründen dazu geraten.

In der Debatte über Spitalsschließungen hat die SPÖ einen überraschenden Schwenk vollzogen: Beim Parteitag am kommenden Samstag soll es einen eigenen Leitantrag gegen die Stilllegung von Standorten geben, wie Kanzler Werner Faymann nach einem Treffen des Parteipräsidiums ankündigte. Tags zuvor hatte sich Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (S) noch für Strukturreformen im Spitalssektor ausgesprochen und auch für die Schließung einzelner Standorte plädiert. Dagegen hatte es massive Kritik der Länder gegeben, allen voran vom steirischen Landeshauptmann Franz Voves (S), der von einem "Bärendienst aus Wien" im laufenden Landtagswahlkampf sprach.

Zu viele teure "Akutbetten"
Ausgangspunkt der Debatte ist ein Bericht der Expertengruppe zur Verwaltungsreform über das österreichische Gesundheitssystem. Demnach leistet sich Österreich zu viele teure "Akutbetten" und zu viele Kleinspitäler, da Krankenhäuser unter 200 bis 300 Betten nur mit Kostennachteilen betrieben werden könnten. Schieder forderte daraufhin Strukturreformen im Spitalsbereich. Die Sinnhaftigkeit von Kleinspitälern sollte hinterfragt, nötigenfalls sollten kleine Standorte auch geschlossen werden, so der Staatssekretär - immer vorausgesetzt, dass die Versorgung der Bevölkerung durch niedergelassene Ärzte (etwa in Gruppenpraxen mit längeren Öffnungszeiten) gesichert werden kann.

Für den wahlkämpfenden steirischen Landeshauptmann Franz Voves (S) kam der Vorstoß freilich zur Unzeit. Allein 23 der 27 öffentlichen Spitäler seines Bundeslands fallen in die von den Experten kritisierte Größenordnung von unter 300 Betten. Vor dem Parteipräsidium am Mittwoch empörte sich Voves entsprechend über den Reformvorstoß und gab eine Standortgarantie für steirische Spitäler ab. Reformen unternehme man ohnehin selbst - etwa durch Spezialisierungen in den einzelnen Spitälern. Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (S) will an seiner Spitalsstruktur nichts ändern: "Es braucht kurze Wege für ein langes Leben."

Beruhigung der Gemüter
Zur Beruhigung der Gemüter will die SPÖ daher beim Bundesparteitag kommenden Samstag einen Leitantrag gegen Spitalsschließungen verabschieden. Ein Hintertürchen ließ sich Faymann nach dem Treffen der Parteispitze allerdings noch offen und betonte, er könne Schließungen trotzdem nicht für alle Zeiten ausschließen. Schließlich hätten einzelne Bundesländer bereits von sich aus solche Schritte gesetzt. Und prioritär sei für ihn, dass es an manchen Standorten im Bedarfsfall zu Umwandlungen kommen könne, herrsche doch beispielsweise immer größerer Bedarf nach Pflegeplätzen.

Schieder selbst sah sich am Mittwoch von seinen Kritikern missverstanden: Es gehe ihm nicht um Schließungen, sondern um Kooperationen, Schwerpunktbildungen und Zusammenlegungen. Dies könne aber natürlich auch bedeuten, "dass zum Beispiel aus drei alten Standorten ein ökonomisch sinnvoller und qualitativ besserer neuer Standort wird", so der Staatssekretär. Ähnlich auch sein VP-Gegenüber Reinhold Lopatka, der nach einem Treffen der Verwaltungsreform-Gruppe verstärkte Kooperationen zwischen Krankenhäusern auch über Ländergrenzen hinweg forderte. Spitalsschließungen könne es nur dann geben, wenn die Versorgung der Bevölkerung durch niedergelassene Ärzte (etwa in Gruppenpraxen) gesichert sei.

Moser warnt vor Zuspitzung
Vor einer Zuspitzung der Debatte auf die Stilllegung von Krankenhäusern warnte auch Rechnungshofpräsident Josef Moser, weil die Gesundheitsreform damit "im Keim erstickt" würde. Auch er betonte allerdings, dass Österreich teure "Akutbetten" in den Krankenhäusern abbauen müsse, um Geld für die günstigere Betreuung durch niedergelassene Ärzte und für die Pflege freizubekommen. Andernfalls drohe eine Zweiklassenmedizin.

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