Krieg um Nebenjobs

Schlammschlacht um Honorare für Top-Ärzte

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Der Ärzte-Streit am Wiener AKH führte zu einem Streit um die Gagen der Spitzenmediziner. Mit Grundgehalt, Privatpatienten und Ordinationen cashen manche Millionen.

Große Aufregung unter der heimischen Ärzteschaft nach einem ÖSTERREICH-Bericht. Wie viel Geld darf ein Arzt für seine Tätigkeiten kassieren? Zum Beispiel Dr. Michael Zimpfer vom Wiener AKH. Er soll alleine durch Privatpatienten zum ohnehin fürstlichen Gehalt zusätzlich pro Jahr 600.000 Euro kassiert haben. Im Vergleich dazu verdient ein durchschnittlicher Mediziner 2.650 Euro netto im Monat.

Ärzte gegen Nebenbeschäftigungen
Das ruft Gegner der Gagen-Kaiser auf den Plan: Peter Gröbner, früherer Vizerektor an der Uniklinik in Innsbruck betont gegenüber ÖSTERREICH: "Ich habe vor fünf Jahren als Vizerektor sogar mehreren Ärzten die Nebentätigkeiten verboten. Manche haben mehr als 70 Stunden im Spital gearbeitet. Durch eine zusätzliche Nebenbeschäftigung kann da die Arbeit schon kräftig gefährdet werden."

Gehrer hob sein Verbot auf
Allerdings: Die von Gröbner erlassenen Verbote wurden von der damaligen Gesundheitsministerin Elisabeth Gehrer wieder aufgehoben. Doch Gröbner bleibt dabei: Er ist gegen Nebenjobs für Ärzte. Gröbner: "Es gibt Ärzte, die alleine durch Privatpatienten eine Million Euro im Jahr dazuverdienen. Wenn so etwas möglich ist, dann sollte zumindest ein gewisser Prozentsatz wieder refundiert werden."

Eine Forderung, gegen die sich die Ärzte des Wiener AKH am Mittwoch vehement wehrten. Denn die sträuben sich gegen eine von der Gemeinde Wien geforderte Abgabe von 12 Prozent auf ihre Zusatzeinkünfte ab nächstem Frühjahr.

Verdienste von über 1 Mio.
Fakt ist: Die Nebenverdienste der Top-Ärzte führen zu Jahres-Gagen, die die Ein-Millionen-Grenze durchbrechen und die zu heftigem Streit der Ärzte untereinander führen. Letzte Konsequenz für den AKH-Chef-Anästhesisten Michael Zimpfer: Er wurde für seine Neben-Gagen und nach privaten Turbulenzen sogar gefeuert. Seine Abberufung könnte aber wegen eines Verfahrensfehlers ungültig sein (der Betriebsrat war darüaber nicht informiert).

Intriganten-Stadl
Ein AKH-Mediziner (Name der Redaktion bekannt) erläutert im Gespräch mit ÖSTERREICH: "In Wahrheit ist die Causa ein Machtkampf zwischen Professor Zimpfer und Rektor Schütz, denn Zimpfer hatte immer Ambitionen, Rektor zu werden. Das ist ein riesiger Intrigantenstadl."

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Verdienen ohne Arbeit
Auch beim Verdienst nimmt sich der Insider kein Blatt vor dem Mund: 2.650 Euro netto verdienen Uni-Professoren im Monat, bei fünf Nachtschichten kommen 900 bis 1.000 Euro dazu. Die wirklichen Abkassierer würden aber die Leiter großer Abteilungen sein.

"Die Privatversicherung zahlt beispielsweise bei einer Blinddarmoperation 2.000 Euro Ärztehonorar und 2.000 Euro ans Spital. Vom Ärztehonorar fließen rund 40 Prozent an den operierenden Arzt, aber 60 Prozent an den Chef der Abteilung." Am meisten würden Abteilungen wie die Radiologie abcashen.

Fürstliche Entlohnung
Solche Fakten bestätigt auch Thomas Szekeres, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, gegenüber ÖSTERREICH: "Das Grundgehalt von Spitzenärzten beträgt 70.000 bis 100.000 Euro im Jahr. Zusätzlich verdienen sie an den Sonderklassehonoraren." Zum Vergleich: Alleine das Grundgehalt ist viermal so hoch wie ein durchschnittliches Gehalt in Österreich, das rund 25.000 Euro brutto pro Jahr beträgt.

Doch damit nicht genug: Erst die üppigen Sonderklassevergütungen machen aus wohlhabenden Ärzten reiche. "Nach dem derzeitigen Gesetz bekommt der Primarius 60 Prozent von der Versicherung des Privatpatienten, 40 Prozent die anderen Ärzte." Beim Primarius kann es vorkommen, dass er Geld ohne ärztliche Gegenleistung erhält. "Er trägt ja auch die Verantwortung", so Szekeres.

Rechnungshof-Kritik
Auch der Rechnungshof kritisiert die Top-Gagen, zuletzt in seinem Dezember-Bericht: Pathologie-Institutsvorstand Dontscho Kerjaschki, ein renommierter Fachmediziner, eröffnete demnach eine Privatpraxis, die "in Konkurrenz zu Pathologien an öffentlichen Krankenanstalten" stand. Unglaubliche 1,6 Millionen Euro Umsatz machte die Ordination von 2001 bis 2004, nachdem die pathologische Versorgung von drei Spitälern im Burgenland durch Kerjaschkis Privat-Ordination übernommen wurde.

Grüne fordern Reform
Der Grüne Gesundheitssprecher und Ex-Arzt Kurt Grünewald dazu: "Der Rechnungshof kritisiert diese Privathonorare seit Jahrzehnten. Bei den Nebenbeschäftigungen kann es nicht sein, dass jemand Vollzeit im Bundesdienst verdient und gleichzeitig einen Gutteil der Zeit nicht da ist." Ein Ende des Ärzte-Streits um die Gagen ist also noch lange nicht in Sicht.

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