ÖSTERREICH

Schmied will All-in-Verträge für Lehrer

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Bildungsministerin Claudia Schmied will, dass die Lehrer nicht mehr nach geleisteten Stunden bezahlt werden, sondern mit sogenannten All-in-Verträgen beschäftigt werden.

Im großen Sonntagsinterview mit ÖSTERREICH (Sonntagsausgabe) begründet das die SPÖ-Ministerin so: "Ich will das überaus komplexe Dienst- und Besoldungsrecht, wo vieles in Stunden, in Zulagen und Prüfungstaxen gedacht wird, ändern. Ich bin es gewohnt, einen All-in-Vertrag zu haben und kenne es nicht, wie bei den Pflichtschullehrern, dass die Arbeit in einen Topf A, B und C aufgeteilt wird. Darum würde ich einen All-in-Vertrag für Lehrer mit attraktiveren Einstiegsgehältern für sehr sinnvoll erachten."

Schmied will den Lehrerberuf damit auch für Quereinsteiger attraktiver machen, damit in der Schule ein neuer Geist weht. Schmied: "Ich würde es für ganz wichtig halten, dass viele Personen, die auch andere Arbeitswelten kennen, an der Schule sind. Wir sehen das im Bereich der berufsbildenden Schulen, wo etwa auch Steuerberater an den Schulen unterrichten. Hier herrscht ein anderer Zugang zur Arbeit."

Zur aktuellen Diskussion über zwei Stunden Mehrleistung der Lehrer sieht Schmied weiterhin auch Finanzminister Josef Pröll gefordert: "Ich glaube es wäre an der Zeit, dass sich der Minister hier noch deutlicher positioniert. Klar ist für mich, dass so wie derzeit die Budgetvorgaben sind, dieses Budget im Interesse der Bildung nur gleichzeitig mit den Strukturmaßnahmen umgesetzt werden kann. Es gibt verschiedene Optionen, wie man das umsetzen kann. Aus dieser Sicht ist die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung der gangbarste Weg. Hier müssen noch Gespräche geführt werden." Zu den Gesprächen mit der Lehrer-Gewerkschaft sagt Schmied: "Ich habe die Gewerkschaftsfunktionäre gefragt, ob sie andere Vorschläge haben, denn meine Vorschläge sind nicht in Stein gemeißelt. Aber es kam keine Antwort. Die Gewerkschaft hatte nur den Wunsch nach einer dringenden Aufstockung des Budgets."

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ÖSTERREICH: Frau Minister Schmied, wie fühlen Sie sich in diesen Tagen, wo Sie von den Lehrern als eiserne ­Lady ins Eck getrieben werden?

Claudia Schmied: Ich fühle mich nicht ins Eck getrieben. Ganz im Gegenteil. Es ist ein großes Ziel, das mir die Kraft gibt, meine Reformen durchzuziehen: Ich will die beste Bildung für unsere Kinder. Dafür gilt meine Energie und dafür setze ich mich ein.

ÖSTERREICH: Der Bestsellerautor Andreas Salcher spricht oft davon, dass viele Lehrer faul sind. Haben Sie nach diesem Proteststurm auch diesen Eindruck?

Schmied: Ich sehe die Lehrer nicht so einheitlich, denn ich bekomme sehr, sehr viele Mails und Briefe von Lehrern, die wollen, dass ich meinen Weg fortsetze. Diese Lehrer denken schon heute nicht mehr in Stunden, sondern sehen ihren Beruf ganzheitlich. Das ist auch mein nächster Schritt. Wir brauchen dringend ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer.

ÖSTERREICH: Haben Österreichs Lehrer eine falsche Selbsteinschätzung, dass sie wegen zwei Stunden mehr Unterricht einen derartigen Aufstand machen?

Schmied: Darum trete ich auch dafür ein, dass wir den Lehrberuf für „Quereinsteiger“ öffnen. Ich würde es für ganz wichtig halten, dass viele Personen, die auch andere Arbeitswelten kennen, an der Schule sind. Wir sehen das im Bereich der berufsbildenden Schulen, wo etwa auch Steuerberater an den Schulen unterrichten. Hier herrscht ein anderer Zugang zur Arbeit.

ÖSTERREICH: Und was muss am Gehältersystem geändert werden?

Schmied: Ich will das überaus komplexe Dienst- und Besoldungsrecht, wo vieles in Stunden, in Zulagen und Prüfungstaxen gedacht wird, ändern. Ich bin es gewohnt, einen All-in-Vertrag zu haben und kenne es nicht, wie bei den Pflichtschullehrern, dass die Arbeit in einen Topf A, B und C aufgeteilt wird. Darum würde ich einen All-in-Vertrag für Lehrer mit attraktiveren Einstiegsgehältern für sehr sinnvoll erachten. Ich will, dass Lehrer bald anders bezahlt werden.

ÖSTERREICH: Sie haben in ­einem ÖSTERREICH-Interview auch von Rücktritt gesprochen. Rechnen Sie damit, dass Sie demnächst gehen müssen?

Schmied: Nein, gar nicht. Es ist ein so wichtiges Thema und unbestritten, dass wir im Bildungsbereich Maßnahmen setzen müssen. Ich gehe davon aus, dass es hier intensive Gespräche gibt. Es ist für mich einfach wichtig, die Fakten auf den Tisch zu legen, hier klar Position zu beziehen.

ÖSTERREICH: Haben Sie eigentlich ein Rückkehrrecht in Ihren alten Job als Bank­managerin?

Schmied: Nein, das gibt es für mich nicht.

ÖSTERREICH: Wie viel Prozent fressen die Personalkosten von Ihrem Budget auf?

Schmied: Von der Budgetstruktur sind fast 90 Prozent Personalausgaben. Da sieht man auch, welche Dynamik Gehaltsabschlüsse in meiner Ausgabenstruktur haben.

ÖSTERREICH: Sie wissen sicherlich, dass schon zwei ­Bildungsminister mit derartigen Vorschlägen gescheitert sind ...

Schmied: Entscheidend dafür ist auch, dass die Diskussion in der Öffentlichkeit wie etwa durch das Engagement von Andreas Salcher stattfindet. Meine Devise ist, dass man Aufklärungsarbeit leisten und Zukunftskonzepte präsentieren muss, damit immer mehr Menschen von der Notwendigkeit der Reformen überzeugt werden. Wir brauchen besseren Unterricht für unsere Kinder, dafür brauche ich den Mehreinsatz der Lehrer. Kein Junglehrer verliert dadurch seinen Arbeitsplatz. Und natürlich braucht es bei Maßnahmen, die einmal aus gewerkschaftlicher Sicht nicht so populär sind, dann natürlich auch die Entschlossenheit der Regierung.

ÖSTERREICH: Sie sprechen es an, fühlen Sie sich eigentlich von Finanzminister Josef Pröll im Stich gelassen oder sogar über den Tisch gezogen?

Schmied: Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass sich der Minister hier noch deutlicher positioniert. Klar ist für mich, dass so wie derzeit die Budgetvorgaben sind, dieses Budget im Interesse der Bildung nur gleichzeitig mit den Strukturmaßnahmen umgesetzt werden kann. Es gibt verschiedene Optionen, wie man das umsetzen kann. Aus dieser Sicht ist die Er­höhung der Unterrichtsverpflichtung der gangbarste Weg. Hier müssen noch Gespräche geführt werden

ÖSTERREICH: Gespräche mit der Gewerkschaft?

Schmied: Ich bin vor fünf Tagen mit der Lehrergewerkschaft in einem sehr ausführlichen Gespräch zusammengekommen. Die Atmosphäre war sehr gut. Ich habe der Gewerkschaft die Budgetsituation geschildert und ihr auch meinen Zugang offengelegt. Wie wir es mit einer Ad-hoc-Maßnahme schaffen, das Doppelbudget 2009/10 zu beschließen und damit die Grundlage haben, die Bildungsreform fortzusetzen. Ich habe die Gewerkschaftsfunktionäre gefragt, ob sie andere Vorschläge haben, denn meine Vorschläge sind nicht in Stein gemeißelt. Aber es kam keine Antwort. Die Gewerkschaft hatte nur den Wunsch nach ­einer dringenden Aufstockung des Budgets.

ÖSTERREICH: Sie mussten um Ihre Neue Mittelschule hart kämpfen, nun müssen Sie von den Lehrern einen Sturm der Entrüstung über sich ergehen lassen. Woher nehmen Sie die Kraft?

Schmied: Ich bekomme sehr viele Anrufe aus der Bevölkerung und von Freunden, dass ich durchhalten soll. Ich spüre den Wunsch bei sehr vielen Menschen, dass der Weg weitergehen muss. Aber bevor ich mich zu ­einem Schritt entschließe, versuche ich den Dingen auf den Grund zu gehen. Das dauert eine Zeit, wenn ich dann ein Ziel vor Augen habe, dann setze ich viel Energie frei.

ÖSTERREICH: Wo tanken Sie in der Freizeit Kraft?

Schmied: Ich fahre regelmäßig nach Reichenau wandern. Und im Sommer bin ich sehr oft in meinem Schrebergarten an der Alten Donau. Wenn ich in den Garten hinein gehe, das Gartentürl zusperre, dann bin ich in einer anderen Welt

ÖSTERREICH: Sie sind als Kulturliebhaberin bekannt, bleibt Ihnen jetzt noch Zeit dafür?

Schmied: Am Abend habe ich Kulturtermine. Zurzeit lese ich von Thomas Bernhard Meine Preise. Ein Buch über Preisverleihungen. Für mich ein sehr interessantes Buch, weil ich viele Preise vergebe.

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