ÖSTERREICH-Interview

Kurz: "Ich brauche keinen Pomp und Protz"

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Außenminister Sebastian Kurz ist Österreichs beliebtester Politiker: Der Polit-Star im Talk.

Er trägt nun Krawatte. Sonst hat sich Sebastian Kurz nicht verändert. Seit Dezember ist er mit 27 Jahren der jüngste Außenminister Europas. Während seine Ministerkollegen sich während der Feiertage eine kurze Auszeit gönnten, war Kurz „jeden Tag im Ministerium“. Dort wird sein Büro erst eingerichtet, die großen Bilder und schweren Möbel des Vorgängers kommen raus, werden durch moderne, schlichte ersetzt.

Kurz hat sein Team längst zusammengestellt und verblüfft manch altgediente Diplomaten, indem er von der Sekretärin aufwärts allen das Du-Wort anbietet.

Telefonmarathon
Neben ersten Strategiesitzungen hat der neue Polit-Darling der Nation – er liegt bei den Beliebtheitswerten sogar weit vor dem Bundespräsidenten – einen wahren Telefonmarathon zu absolvieren, um mit seinen Außenministerkollegen in Kontakt zu treten. Sein erster Gratulant am Telefon war UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon. Seine erste Dienstreise hat ihn nach Kroatien geführt. Noch im Jänner will er nach Deutschland, Slowenien und in die Slowakei reisen. Wer allerdings meint, Kurz hebe ab und werde zum Jetset-Reisenden, den belehrt der 27-Jährige: „Meine Koffer packe ich selbst. Und ich habe nicht das Bedürfnis, Business Class zu fliegen. Ich brauche keinen Pomp und Protz“ (siehe unten)

Mehr Service
Als erstes inhaltliches Ziel hat er sich gesteckt, sein neues Ministerium noch stärker zum Dienstleister für Österreicher im Ausland zu machen. Und er will die Nachbarschaftspolitik wieder stärken. Vorbilder? Da nennt er Wolfgang Schüssel und den große Sozialdemokraten Bruno Kreisky …
 

"Ich packe meine Koffer definitiv selbst"

ÖSTERREICH: Hatten Sie über die Feiertage Zeit, um ein wenig auszuruhen?
Sebastian Kurz: Ich war eigentlich jeden Tag im Büro, Zeit zum Durchschnaufen war da wenig.

ÖSTERREICH: Minister­kollegen waren auf Urlaub. Woher nehmen Sie Ihre Energie her?
Kurz: Das ist das Adrenalin, das man hat, wenn man eine neue Aufgabe bekommt. Und das junge Alter. Ich habe Energie. Und ich habe Freude am Job.

ÖSTERREICH: Aber was sagt die Freundin, wenn Sie nie zu Hause sind?
Kurz: Sie versteht das – und selbst wenn es nicht so wäre, würde sie es nicht der Zeitung sagen (lacht).

ÖSTERREICH: Keine Zeit für die Liebe, die Familie, den Sport. Fehlt Ihnen das nicht?
Kurz: Ich habe nun mal diese Herausforderung. Da ist klar, dass das viel Fleiß und Zeit braucht.

ÖSTERREICH: Sie wurden in diplomatischen Kreisen vor Amtsantritt stark angegriffen: zu jung, zu wenig ausgebildet, kein Diplomat. Was haben Sie den Kritikern entgegenzusetzen?
Kurz: Es ist legitim, jemandem, der neu in einer Aufgabe ist, mit Skepsis zu begegnen und sich die Frage zu stellen: Kann der das? Das kann man bei jedem machen und vielleicht vor allem bei jemandem, der jung ist. Ich kann nur ehrlich auf den Tisch legen, was ich mitbringe und was nicht: Ich bringe viel Begeisterung und viel Fleiß mit. Ich bringe drei Jahre Regierungserfahrung und einen jungen Blickwinkel mit. Andererseits bringe ich natürlich wenig diplomatische Erfahrung mit. Doch dieses Wissen gibt es hier im Haus.

Nächste Seite: Teil 2 des großen ÖSTERREICH-Interviews mit Außenminister Sebastian Kurz.

ÖSTERREICH: Wie angenehm ist das Leben als Außenminister? Man reist viel, bekommt die Koffer gepackt, fliegt Business Class um die Welt. Freuen Sie sich darauf?
Kurz: Ich packe meine Koffer definitiv selbst. Und ich habe auch nicht das Bedürfnis, Business Class zu fliegen. Worauf ich mich freue, ist, meinen Job gut zu machen. Aber ich brauche keinen Pomp und Protz. Was ich brauche, ist ein gutes Team, und das habe ich hier im Ministerium.

ÖSTERREICH: Die Namen ­Ihrer Vorgänger hier im Amt sind hochkarätig. Gibt es ein Vorbild?
Kurz: Es gibt viele, von denen man etwas lernen kann, aber niemanden, den ich kopieren möchte. Manche haben begnadet ein internationales Netzwerk aufgebaut, Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer als Kanzler sind hier zu nennen. Und wenn man weiter zurückblickt, waren Kreisky oder Mock solche, die inhaltlich irrsinnig starke Positionierungen vorgenommen haben.

ÖSTERREICH: Was werden inhaltlich Ihre ersten großen Brocken sein, die Sie anpacken?
Kurz: Ich habe zwei Schwerpunkte. Ich möchte den Kontakt mit Außenministern, insbesondere den europäischen, suchen und die Nachbarschaftspolitik wieder stärker forcieren. Wir wollen ein Netzwerk aufbauen, das wir brauchen, wenn es darum geht, unsere Anliegen zu vertreten. Und zweitens ist mein großer Anspruch an die Politik und Verwaltung, dass es ein Service- und Dienstleistungsdenken geben muss. Das weiter voranzutreiben, ist mein Ziel.

ÖSTERREICH: Woher nehmen Sie das Geld dafür?
Kurz: In allen Ministerien herrscht Spardruck, also auch bei uns. Beim Service werden wir aber nicht sparen. Man kann hier viele Dinge kommunizieren, das kostet kein Geld: Beispielsweise, dass Österreicher, die in Krisenregionen fahren, sich vorab an die Botschaft wenden sollen. Dann kann man im Ernstfall einfacher Kontakt aufnehmen.

ÖSTERREICH: Aus einer Krisenregion hat sich Österreich zurückgezogen: Der Einsatz des Bundesheeres am Golan wurde beendet. Richtig?
Kurz: Es stimmt, dass wir mit dem Abzug vom Golan international nicht unbedingt Punkte gesammelt haben. Wobei wir nicht das einzige Land waren, das sich zurückgezogen hat. Im Regierungsprogramm ist aber verankert, dass wir stets mit 1.100 Mann im Ausland vertreten sein wollen. Das ist gut so. Aber wir erfüllen dieses Kontingent derzeit nicht. Darum bin ich der Meinung, dass wir schnell auf diese 1.100 Mann kommen sollen. Ich werde das mit dem Verteidigungsminister besprechen. Aber der Golan ist derzeit kein Thema.

ÖSTERREICH: Sie fahren nicht nach Sotschi zu den Olympischen Spielen. Finden Sie es richtig, dass Bundeskanzler Faymann hinfährt?
Kurz: Es ist nicht üblich, dass ein Außenminister zur Eröffnung von Sport-Events fährt. Auf Ministerebene wird der Sportminister fahren. Und der Bundeskanzler hat sich entschieden, hinzufahren. Ich bin mir sicher, dass er die Möglichkeit nutzen wird, auf Wirtschaftsthemen einzugehen, aber auch Menschenrechtsthemen anzusprechen.

ÖSTERREICH: Sie haben mittlerweile bereits eine lange politische Karriere hinter sich. Sie ­haben immer schon gesagt, dass Ihre Zeit in der Politik begrenzt ist. Warum?
Kurz: Politik ist für mich ein spannender und intensiver Lebensabschnitt, wo ich all meine Energie einbringen möchte. Aber ich gehöre nicht einer Generation an, in der man ein Leben lang in der gleichen Branche den gleichen Job hat.

ÖSTERREICH: Sind Ihnen heute Dinge peinlich, die Sie zu Beginn Ihrer Politkarriere gemacht haben? Stichwort Geilomobil.
Kurz: Während meiner Tätigkeit in der Jugendorganisation hatten wir Ideen, die wenig Aufmerksamkeit erhalten haben. Darum mussten wir Kampagnen machen, die so aufgeregt haben, dass man uns bemerkt hat. Würden Medien Jugendorganisationen mehr Beachtung schenken, dann müssten sie seltener so laute und peinliche Kampagnen machen (lacht).

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