Sexualstrafrecht

Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt sind auf Schiene

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Der Inzestfall von Amstetten und das entsprechende Gewaltschutzpaket haben am Mittwoch Ministerrat und Nationalrat dominiert.

Mit Anfang nächsten Jahres soll ein umfassendes Maßnahmenpaket gegen sexuelle Gewalt in Kraft treten. Das hat die Regierung am Mittwoch beim Ministerrat bekräftigt. Die Maßnahmen - Sexualstraftäterdatei, gerichtliche Aufsicht und Ausweitung von Tilgungsfristen - wurden schon im Jänner vereinbart, ein guter Teil ist bereits in Begutachtung. Neu ist auf Wunsch der ÖVP nur, dass bei besonders schweren Sexualdelikten die Tilgung ausgeschlossen ist.

Auch der Nationalrat befasste sich am Mittwoch mit der Inzest-Tragödie von Amstetten.

Öffentlich verkündet wurden die vorgesehenen Maßnahmen nach dem Ministerrat von SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer - und von SPÖ-Justizministerin Maria Berger und ÖVP-Innenminister Günther Platter im Nationalrat.

Gewaltschutzgesetz in Begutachtung
Berger hat schon in der Vorwoche das Zweite Gewaltschutzgesetz in Begutachtung gegeben. Es sieht eine gerichtliche Aufsicht für bedingt entlassene Sexualstraftäter vor: Das Gericht soll ihnen z.B. Therapien auftragen oder den Besuch bestimmter Orte, aber auch die Ausübung bestimmter Berufe verbieten können. In besonders schweren Fällen müssen Richter Berufsverbote aussprechen. Auch die Verlängerung der Tilgungsfristen bei rückfallsgefährdeten Tätern (aufs Doppelte) durch das Gericht ist in dem Entwurf enthalten. Außerdem soll die Anzeigepflicht etwa auf Schulärzte und Kindergärtner erweitert werden.

Höhere Strafen offen
Das Gesetz soll, ebenso wie die Vorlage Platters für die Sexualstraftäterdatei noch vor dem Sommer durch den Ministerrat und dann im Herbst im Parlament beschlossen werden. Noch vor dem Sommer will Berger die Evaluierungsstudie zu den Strafhöhen im Sexualstrafrecht vorlegen; sie ist die Basis für die Diskussion über eine allfällige Erhöhung der Strafdrohungen.

Keine Adoptionen mehr
Mit der ebenfalls seit langem geplanten Reform des Adoptionsrechts sollen Familiengerichte verpflichtet werden, bei Adoptionsanträgen immer eine Strafregisterauskunft einzuholen, sodass verurteilte Sexualstraftäter künftig keine Kinder mehr adoptieren können.

Nachwirkend Kinderbeihilfe für Fritzls
Die in Gefangenschaft gehaltenen Kinder von Josef Fritzl sollen rückwirkend für all die Jahre die volle Kinderbeihilfe bekommen. Nicht beschlossen wurde im Ministerrat vorerst die von Gusenbauer angekündigte Image-Kampagne angesichts der Berichterstattung in den internationalen Medien.

Grüne für mehr Prävention
Die Opposition deponierte ihre Kritik im Nationalrat; ihr gehen die Pläne der Regierung - in verschiedene Richtungen - zu wenig weit. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sind Maßnahmen im Strafrecht allein zu wenig, er forderte mehr Prävention. Kindergärtner und Lehrer müssten sensibilisiert werden, und insgesamt sei mehr Zivilcourage angebracht.

Blau, Orange für mehr Strenge
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bekräftigte die Forderung nach lebenslanger Freiheitsstrafe für Sexualstraftäter und plädierte dafür, über die chemische Kastration nachzudenken. BZÖ-Chef Peter Westenthaler unterstrich seine kritische Haltung zu mit einem Misstrauensantrag gegen Berger. Dieser blieb erwartungsgemäß in der Minderheit.

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