Flüchtlinge

Sobotka drängt auf europäische Lösung

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Der Innenminister verteidigt das Australien-Modell.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) drängt auf eine europäische Lösung in der Flüchtlingsfrage und verteidigt das umstrittene Australien-Modell. "Wir haben die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren", sagte Sobotka am Montagabend in der ARD-Sendung "Hart, aber fair". Auch der deutsche Kanzleramtsminister Peter Altmaier forderte, Europa müsse beweisen, "dass es zu Solidarität fähig ist".

"Es braucht eine europäische Lösung, ich fordere sie auch ein", sagte Sobotka. Die Flüchtlingskonzepte der EU-Kommission begännen "erst in sechs Jahren zu greifen", während schon jetzt "in Libyen 200.000 oder 300.000 Menschen vor der Tür stehen". In der Griechenland-Schuldenkrise habe man "Milliarden investiert", und in der Flüchtlingsthematik schaue Europa immer noch "als Zaungast" zu, kritisierte der ÖVP-Politiker. Gerade weil "Europa ständig einen Rechtsbruch begeht", hätten die Staaten zu nationalen Maßnahmen greifen müssen.

"Registrierzentren außerhalb Europas"

Sobotka verteidigte auch den österreichischen Plan, Migranten jenseits der EU-Außengrenze zu stoppen. "Wir wollen Registrierzentren außerhalb Europas", sagte er. Es stelle sich nämlich die Frage, ob man weiter akzeptieren wolle, "dass Schlepper die einzige Route nach Europa sind" und Migranten auf diesem Weg ihr Leben riskieren.

Altmaier sprach sich dafür aus, den Migrantenstrom schon in Afrika zu stoppen. 70 bis 80 Prozent der Migranten in Libyen kämen nämlich über zwei Staaten, Tschad und Niger. Daher wolle Deutschland "versuchen, dass Niger als Transitland nicht mehr zur Verfügung steht".

Europa müsse beweisen, "dass es zu Solidarität fähig" ist und die Flüchtlingsaufnahme "nicht nur Aufgabe von zwei, drei Staaten ist", sagte Altmaier. Er erinnerte aber daran, dass es bei früheren Flüchtlingskrisen gerade Deutschland und Österreich gewesen seien, die eine gemeinsame europäische Lösung verhindert hätten. Damals hätten Berlin und Wien gesagt, jedes Land müsse "mit den Flüchtlingen fertig werden, die ankommen". Deshalb dürften sie sich heute nicht über ablehnende Reaktionen der anderen Staaten in der Frage der Flüchtlingsquoten wundern.

Heftiger Widerspruch

Altmaier erntete für diese Aussage heftigen Widerspruch des österreichischen Innenministers. Dieser verwies auf Flüchtlinge aus Tschetschenien, Ungarn oder dem Balkan zum Beweis dafür, "wie viele wir schon über die Jahre mitgenommen haben". Sobotka berichtete auch von seinen Integrationsmaßnahmen als niederösterreichischer Wohnbaureferent. Damals habe er bei Neubauten angeordnet, dass von zwölf Wohneinheiten "acht für unsere Leute und vier für Leute mit Migrationshintergrund" reserviert sein sollten.

Altmaier sagte, seit der Grenzöffnung vor einem Jahr habe man in der Flüchtlingsfrage "Großes erreicht". Die Schließung der Westbalkan-Route und der EU-Türkei-Deal hätten gemeinsam dazu geführt, dass der Flüchtlingszustrom "zum Erliegen gekommen" sei. In der Türkei dürften Flüchtlinge nun arbeiten, bekämen Schulunterricht und Nahrungsmittel. Italien, das früher "fast alle durchgewunken" habe, habe heuer bereits über 100.000 Menschen aufgenommen. "Der Zustrom über die Italienroute ist genauso hoch, nur sind weniger in Deutschland angekommen", sagte der CDU-Politiker.

Empörung

Man müsse "dem falschen Eindruck entgegentreten, dass sich hier in diesem Land alles nur noch um Flüchtlinge dreht", sagte Altmeier in der Diskussion unter anderem mit dem früheren SPD-Politiker Guido Reil, der wegen der Flüchtlingspolitik zur rechtspopulistischen "Alternative für Deutschland" übergetreten ist. Mit Blick auf Kriminalität, Radikalisierung und sexuelle Übergriffe sagte Reil: "Man kann die Augen nicht dauerhaft vor der Realität verschließen."

Altmaier empörte sich, dass der AfD-Politiker "Hunderttausende friedliche Flüchtlinge" mit der Terrorbedrohung in Zusammenhang bringe, während der Berliner Politologe Herfried Münkler darauf verwies, dass Flüchtlinge anteilsmäßig weniger Morde verübten als die Mehrheitsbevölkerung. Sobotka sagte dazu, er veröffentliche regelmäßig Kriminalstatistiken, "mit dem Ergebnis, dass 80 Prozent der Leute das nicht glauben". "Angst und Sorge können Sie nicht mit Sorgen begegnen", sagte der ÖVP-Politiker.

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