ÖSTERREICH-Interview

Strache: "Scheuchs Aussagen waren dumm"

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Der FP-Chef schreibt ein Buch über sich und träumt vom Kanzler.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache will sich selbst neu erfinden: Bis zu fünfmal die Woche geht der 44-Jährige dafür trainieren: Laufen, Krafttraining, Schwimmen.
Zudem will er neuerdings auch unter die Autoren gehen. Strache möchte ein Buch schreiben. Und zwar nicht irgendein Buch, sondern Zeilen, die „erklären sollen, wer ich wirklich bin, wie ich mich verändert habe“.

Der gelernte Zahntechniker ist ambitioniert: Denn er möchte sein Erstlingswerk – eine Mischung aus Autobiografie und politischen „Visionen“ – ganz alleine, „ohne Ghostwriter“, schreiben. „Nur zur Recherche sollen mir Mitarbeiter helfen“, sagt Strache im großen ÖSTERREICH-Interview.

Mit diesem Buch möchte er vermutlich „Regierungsfähigkeit“ signalisieren – zumindest seinen potenziellen Wählern, zumindest Teilen der ÖVP.

Antisemitismus.
So will er sogar eigens über Antisemitismus schreiben, den er „klar ablehnt“.
Das Buch wird dann klarerweise als Startschuss für den blauen Nationalratswahlkampf fungieren.
33,4 Prozent würde er gerne für seine FPÖ erreichen, sagt er. Und glaubt es wohl selber nicht.

Bis dahin muss Strache aber noch die offenen Baustellen in seiner Partei bereinigen: Hinter den umstrittenen dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf stellt er sich nach wie vor. Dass er ihn allerdings erneut auf die blaue Nationalratsliste nimmt, darf stark bezweifelt werden.

Zum Kärntner FPK-Chef Uwe Scheuch geht Strache hingegen deutlich auf Distanz.
Ein verurteilter Obmann in Kärnten würde seinen Kanzlerträumen so gar nicht in den Kram passen. Aber im Sommer will der FP-Chef zunächst ein wenig „leisertreten“.
Flug nach Ibiza. Für zwei Wochen mit seinen Kindern nach Ibiza fliegen. Und dann das Buch zu schreiben beginnen …

Die stärksten Bilder des Tages

ÖSTERREICH: Die vergangenen Wochen sind eher schlecht für die FPÖ gelaufen. Sie haben mit den Affären Graf und Uwe Scheuch für Schlagzeilen gesorgt.
Heinz-Christian Strache: Was die sogenannte Affäre Graf betrifft: Das war eine sehr schmutzige Kampagne gegen Dr. Martin Graf, denn alle Behauptungen sind nachweislich falsch.

ÖSTERREICH: Das Gericht entscheidet doch erst in der Stiftungsaffäre?
Strache: Ja, aber ein unabhängiges Gutachten des Gerichtes hat bereits ergeben, dass die Vorwürfe falsch sind. Das wurde einfach durch die geneigte Medienlandschaft kampagnisiert …

ÖSTERREICH: Nein, die 90-jährige Frau Meschar sagt, Graf habe sie „überrumpelt“ …
Strache: Frau Meschar wurde von Beratern wie dem kommunistisch angehauchten Georg Zanger ausgenutzt.

ÖSTERREICH: Frau Meschar entstammt einem rechten Umfeld.
Strache: Sie wurde instrumentalisiert. Ich habe die Vorwürfe gegen Graf genau geprüft. Ich stehe hinter ihm.

ÖSTERREICH: Ach, und Uwe Scheuch ist trotz Gerichtsurteilen auch unschuldig?
Strache: Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Aber, dass diese Geschichte mehr als unerfreulich ist, ist klar. Uwe Scheuchs Aussagen waren flapsig und dumm. Aber es ist kein Geld geflossen.

ÖSTERREICH: Und falls er rechtskräftig verurteilt wird? Muss er dann zurücktreten?
Strache: Ich werde mich dazu äußern, wenn es ein rechtskräftiges Urteil gibt. Aber eines möchte ich festhalten: Ich bin ­Parteichef der FPÖ und ­habe die Verantwortung für die FPÖ und ihre Mitglieder. Die FPK ist eine ­eigenständige Partei, mit der wir eine Kooperation haben.

ÖSTERREICH: Aber Sie werden eine Meinung haben?
Strache: Wenn es ein rechtskräftiges Urteil gibt, sollte es entsprechende Konsequenzen geben.

ÖSTERREICH: Die ÖVP hat eine „Fibel“ gegen Rot-Grün herausgegeben. Fürchten Sie sich auch?
Strache: Ich finde die Fibel eher lustig, weil sie teilweise eins zu eins von uns abgeschrieben wurde. Die ÖVP möchte damit davon ablenken, dass sie in Wirklichkeit längst mit den Grünen packelt. In Oberösterreich gibt es ja eine schwarz-grüne Koalition. Die ÖVP muss aufpassen, dass sie nicht unter 20 Prozent stürzt.

ÖSTERREICH: Weil sich dann Schwarz-Blau nicht mehr ausginge?
Strache: Nicht unbedingt. Wir haben das Projekt 33,4 Prozent – so viel wollen wir bei der Nationalratswahl erreichen, weil dann keine Verfassungsmehrheit mehr gegen uns möglich wäre. Rot-Schwarz-Grün spielen ja bei der Entrechtung, dem Sadomasovertrag der EU und dem Ausverkauf unseres Landes mit.

ÖSTERREICH: Nur, dass Sie kaum 33,4 Prozent kriegen werden.
Strache: Aber es wäre notwendig.

ÖSTERREICH: Falls Frank Stronach zur Wahl antritt, könnte er die FPÖ einige Stimmen kosten, nicht?
Strache: Natürlich wünschen sich Teile von SPÖ und ÖVP, dass Stronach mithilft, dass wir nicht über 33 Prozent erhalten. Nur, Stronach hat keine Glaubwürdigkeit bei den Menschen. Er hat schon in der Vergangenheit die Politik gekauft. Leute wie Vranitzky, Grasser, Westenthaler, die er alle geholt hatte, sind ja teilweise im Visier der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Und Stronach selbst hatte ja vom Ankauf der Eurofighter profitiert. Die Menschen gehen zum Schmied und nicht zum Schmiedl. Und die FPÖ ist der Schmied.

ÖSTERREICH: Sie überlegen derzeit, ein Buch zu schreiben, oder?
Strache: Ja, das stimmt. Ich überlege jetzt, ein Buch zu schreiben. Es ist natürlich auch eine Zeitfrage, denn ich werde es ohne Ghostwriter schreiben. Ich möchte auch einige Dinge richtigstellen. Es soll noch vor der nächsten Wahl ­erscheinen.

ÖSTERREICH: Das heißt, dieses Buch soll auch autobiografisch sein? Werden Sie darin erklären, wer Strache aus Ihrer Sicht ist?
Strache: Ja, natürlich. Es wurden ja schon einige Bücher über mich geschrieben. Jetzt möchte ich einmal meinen Werdegang beschreiben. Den Menschen selber beschreiben, wer ich bin, wie ich mich entwickelt und verändert habe. Natürlich wird es auch autobiografisch sein. Und dann werde ich aufzeigen, was wir politisch brauchen, und da werden auch Tabubrüche dabei sein.

ÖSTERREICH: Werden Sie auch Ihre weit rechte Vergangenheit und die „Paintball-Spiele“ erklären?
Strache: Ich werde auch darauf eingehen. Und auch meine Meinung zum Antisemitismus erklären.

ÖSTERREICH: Was ist denn Ihre Meinung zum Anti­semitismus?
Strache: Dass Antisemitismus klar abzulehnen ist. Dass ich dafür keinerlei Verständnis habe. Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft nichts verloren. Das war ein großer Wahnsinn in unserer Geschichte, der sich nie wiederholen darf. Das ist ganz klar meine Meinung, und daher ist es erschreckend, wie viele versuchen, falsche Bilder gegen uns aufzubauen.

ÖSTERREICH: Sie wollen Kanzler werden, aber es gibt derzeit keine Partei, die Sie dazu machen würde, oder?
Strache: Das wird davon abhängen, wie stark wir werden. Wenn die FPÖ 33,4 Prozent schafft, wird man uns nicht mehr ausgrenzen können. Natürlich werden Rot-Schwarz-Grün alles tun, um mich zu verhindern. Aber warten wir einmal ab, ob nach der nächsten Wahl noch dieselben Akteure da sind. Und schauen Sie, Faymann wäre ja sogar bereit, seine Großmutter zu verkaufen, wenn er glauben würde, dass ihm das nützt. Ich glaube, dass das die Menschen sehr wohl spüren. Er dient mittlerweile der Hochfinanz und nicht den Arbeitnehmerinteressen.

ÖSTERREICH: Und Sie sind plötzlich links?
Strache: Ich halte dieses ganze Links/Rechts für überholt. Ich vereine beide Positionen teilweise in mir.

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