Anklage

Strasser drohen 10 Jahre Haft

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Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen Strasser lautet Bestechlichkeit.

Jetzt ist es fix: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft will Ernst Strasser wegen Bestechlichkeit anklagen. Ihm drohen bis zu 10 Jahre Haft.

Eine schlichte Presseaussendung ließ am Dienstag um 9.30 Uhr die Polit-Bombe des Sommers platzen: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) erhebt Anklage gegen Ex-ÖVP-Innenminister und Ex-EU-Abgeordneten Ernst Strasser. Und zwar – wie in ÖSTERREICH bereits am Mittwoch zu lesen war – wegen § 304 StGB, Bestechlichkeit, dem Ex-ÖVP-Politiker drohen bis zu zehn Jahre Haft. Für Strasser gilt die Unschuldsvermutung. Das Strafmaß ergibt sich aus dem vermuteten Delikt: Strasser hatte in mehreren Gesprächen mit mutmaßlichen Lobbyisten 100.000 Euro für das Einbringen von Gesetzesanträgen im EU-Parlament gefordert (das Strafmaß steigt ab der 50.000-Euro-Marke von 3 auf 10 Jahre).

Was Strasser nicht wusste: Die Lobbyisten waren Journalisten der Sunday Times – die Gespräche wurden gefilmt und lösten vor etwas mehr als einem Jahr einen Sturm der Empörung aus (siehe unten).

Strasser musste sein Mandat zurücklegen – und seine ÖVP-Mitgliedschaft ruhend stellen. Seinen Job als ÖVP-Delegationsleiter in Brüssel übernahm Othmar Karas, der Strasser jetzt auffordert, sich zu entschuldigen.

Anwalt überlegt Einspruch gegen die Anklage
Doch der scheint nichts dergleichen zu planen: Strasser selbst wollte gegenüber ÖSTERREICH keinen Kommentar abgeben: „Ich will dazu nichts sagen. Fragen Sie meinen Anwalt.“ Strassers Anwalt Thomas Kralik überlegt, die 42-seitige Klagsschrift beim Landesgericht Wien zu beeinspruchen: „Wir bestreiten die Vorwürfe.“

Wie geht es jetzt weiter? Beeinsprucht Strasser die Anklage, ist das Oberlandesgericht am Zug – er hätte damit Zeit gewonnen, der Prozess könnte erst 2013 starten, ansonsten wird wohl noch heuer ein Termin angesetzt.

Auch Brüssel ermittelt gegen den Ex-Politiker
Die Ermittler untersuchten laut dem Sprecher der KStA, Erich Mayer, in fünf Ländern. Das Aktenmaterial füllt 25 Kisten. Es wurden 90 Einvernahmen durchgeführt und zahlreiche Kontenöffnungen veranlasst. Und: Es ist nicht das einzige Verfahren. Gegen Strasser ermittelt auch noch die EU-Betrugsbehörde OLAF in Brüssel.

Karas: Strasser sollte sich entschuldigen

ÖSTERREICH: Wird der Strasser-Prozess der ÖVP schaden?
Othmar Karas: Unsere Glaubwürdigkeit bekommen wir nur durch Ehrlichkeit und Offenheit wieder. Da müssen jetzt einfach alle Karten auf den Tisch. Schaden tut sicher, dass sich immer noch niemand bei den Wählern für dieses Verhalten entschuldigt hat.

ÖSTERREICH: Stras­ser soll sich entschuldigen?
Karas: Strasser, aber auch Josef Martinz – jeder, der sich etwas vorzuwerfen hat.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zur Bundes-VP, die versucht, mit einem Ethikrat zu punkten?
Karas: Wir in der ÖVP-Delegation haben alle nötigen Konsequenzen gezogen. Da brauche ich keinen Ethikrat.

Staatsanwalt Mayer: "Strafmaß bis 10 Jahre"


ÖSTERREICH: Wie waren die Ermittlungen?
Erich Mayer: Sehr aufwendig. Es gab Ermittlungen in fünf Ländern. Beispielsweise Hausdurch­suchungen im EU-Parlament, was naturgemäß etwas komplizierter ist.

ÖSTERREICH: Wann ist mit dem Prozess zu rechnen?
Mayer: Herr Strasser kann die Anklage innerhalb von 14 Tagen beeinspruchen – darüber hat das Oberlandesgericht zu entscheiden. Tut er das nicht, setzt das Gericht einen Termin fest.

ÖSTERREICH: Wie hoch ist das Strafmaß?
Mayer: Bei einer Summe jenseits der 50.000 €: bis zu zehn Jahre Haft.

Das Skandal-Video im O-Ton

Der ehemalige VP-Innenminister und Abgeordnete des Europäischen Parlaments traf sich mit zwei Journalisten der britischen Zeitung The Sunday Times in Brüssel. Sie gaben sich als Lobbyisten aus, die ihn für das Beeinflussen von Gesetzen anwerben wollten. Strasser zeigte Interesse – freilich für „Bestechungsgelder“ in der Höhe von 100.000 Euro. Für Strasser gilt die Unschuldsvermutung. Von den Gesprächen, die Ende 2010/Anfang 2011 geführt wurden, machten die Reporter Videos. Die besten Sager:

  • Strasser über seine Arbeit als Lobbyist: „Ein Abgeordneter des Europäischen Parlaments zu sein, öffnet andere Türen, als wenn man ein Lobbyist ist. Ich bin ein Lobbyist, ja, und ich bin offen dafür. Das Problem ist: Ein Lobbyist hat einen eigenen Geruch. Wir müssen also sehr vorsichtig sein.“
  • Strasser über seine Arbeit im Parlament: „Die meisten Parlamentarier sind so faul wie ich, die ganze Arbeit machen die Mitarbeiter.“
  • Strasser über seine Möglichkeiten zur Beeinflussung von EU-Gesetzen: „Wenn etwas Bestimmtes ins Parlament kommt, können wir versuchen, auf Leute Einfluss zu nehmen, die im Ausschuss sitzen und an diesen Belangen arbeiten, indem wir die Richtung kriegen, in die wir sie haben wollen, um irgendeinen kritischen Inhalt zu verändern.“ Reporterin: „Um den Wortlaut vielleicht ein bisschen zu verändern.“ Strasser: „Ja.“
  • Strasser gibt Tipps, wie man mit EU-Kommissaren umgehen soll: “Sie führen den Verantwortlichen in der Kommission für ein Wochenende nach Portugal. Ja, mit ihm Golf spielen oder was auch immer, ja, laden Sie ihn nach Wimbledon ein.“
  • Strasser über Lotterien als Kunden: “Die Lotterien, die zahlen mehr. Sie mussten viel zahlen.“

(gü)

Strasser vor dem U-Ausschuss

Es geht um die Causa Blaulichtfunk, ein Projekt, das unter Strasser neu vergeben worden war. Der Ex-Minister hat stets alle Korruptions-Vorwürfe zurückgewiesen.

Es geht um die Causa Blaulichtfunk, ein Projekt, das unter Strasser neu vergeben worden war. Der Ex-Minister hat stets alle Korruptions-Vorwürfe zurückgewiesen.

Es geht um die Causa Blaulichtfunk, ein Projekt, das unter Strasser neu vergeben worden war. Der Ex-Minister hat stets alle Korruptions-Vorwürfe zurückgewiesen.

Es geht um die Causa Blaulichtfunk, ein Projekt, das unter Strasser neu vergeben worden war. Der Ex-Minister hat stets alle Korruptions-Vorwürfe zurückgewiesen.

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