Grünen-Sicherheitssprecher Pilz:

Türkei spioniert Erdogan-Gegner in Österreich aus

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Der Sicherheitssprecher der Grünen spricht von einem dichten Spitzelnetzwerk.

Der türkische Geheimdienst MIT soll nach Angaben des Sicherheitssprechers der Grünen, Peter Pilz, die eigenen Landsleute in Österreich bespitzeln. Vorrangiges Ziel sei es, die Gegner des AKP-Regimes und ihres Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Österreich ausfindig zu machen. Dazu bediene er sich der hier ansässigen AKP-nahen Vereine, so Pilz.

Pilz sprach am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Wien von "systematischer Bespitzelung "aller Personen türkischer, kurdischer und alevitischer Herkunft, die Erdogan nicht bedingungslos ergeben" seien. Mithilfe der AKP-Vorfeldorganisationen in Österreich, wie etwa dem Verein UETD, dem Wirtschaftsverband MÜSIAD oder der Religionsbehörde ATIP habe der Geheimdienst MIT ein dichtes Informantennetz in Österreich aufgebaut.

"Verhaftungslisten"

Die Informationen gingen an die Generalvertretung für öffentliche Sicherheit (Emniyet Genel Müdürlügü, EGM) in Ankara. "Das sind Verhaftungslisten", warnte Pilz. Es sei davon auszugehen, dass die türkischen Grenzbeamten Bescheid wüssten. Der Grünen-Politiker sprach von einem Gefahrenrisiko für Auslandstürken, die in die Türkei reisen wollten. Bisher seien aber, im Gegenteil zu Deutschland, noch keine derartigen Fälle dokumentiert, räumte er ein.

Der Verein Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) soll zu den umstrittenen Pro-Erdogan-Demonstrationen in der Putschnacht aufgerufen haben. Deren Präsident Cem Aslan bestreitet dies. Bei den Protesten kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Übergriffen gegen ein kurdisches Restaurant in Wien. Auch eine Finanzierung aus der Türkei über spezielle Fonds weist die UETD zurück. Aktuell betont der Verein seine finanzielle Unabhängigkeit und hat über seine Facebook-Seite einen Spendenaufruf an seine Mitglieder getätigt.

Anfrage über Gülen-Anhänger

Es soll auch eine MIT-Anfrage an das österreichische Innenministerium über Anhänger des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen gegeben haben. Die türkischen Sicherheitsdienste hätten Informationen über Anhänger des ehemaligen Weggefährten von Staatspräsident Erdogan angefordert, sagte Pilz. Seines Wissens sei ihnen aber nicht Auskunft erteilt worden. Gülen gilt für die türkische Regierung als der Drahtzieher des Putsches vom 15. Juli. Ankara verlangt von den USA dessen Auslieferung und unter anderem von Deutschland eine Verfolgung des Gülen-Netzwerks.

Der Sicherheitssprecher der Grünen, Pilz, drängte darauf, den offiziellen Vertreter des türkischen Geheimdienstes in Österreich zur "Persona non grata" zu erklären. Dies ist eine diplomatische Sanktionsmöglichkeit, die in der Regel eine Abreisefrist für die Person innerhalb von 48 Stunden beinhaltet. Auch die Finanzmittel der Vereine, die dem Geheimdienst MIT Spitzeldienste leisten würden, müssten untersucht werden, setzte Pilz nach. Es brauche zudem unabhängige Gesprächspartner, "die nicht von der AKP gesteuert" würden.

Pilz erneuerte seinen Aufruf zu einem Waffenembargo an die Türkei, da die Gewehre aus Österreich gegen die kurdische Bevölkerung im Südosten eingesetzt würden.

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