Lobbying-Affäre

Video-Prozess gegen Strasser

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Othmar Karas belastet Ex-ÖVP-Minister Strasser - Strasser: „Alles Fake“.

Drei Stunden lang lieferte sich Ex-Minister Ernst Strasser (ÖVP) ein Schauduell und Wortgefechte vor dem Landesgericht Linz: Der Medienprozess um die Lobbying-Vorwürfe gegen den gebürtigen Oberösterreicher sprengte auch in der zweiten Runde die Grenzen des Alltäglichen. Strasser trat erneut in der Affäre, die ihn das Amt als EU-Mandatar gekostet hatte, als An­kläger auf. Wieder spielte er den aufrechten Aufklärer einer Geheimdienst­verschwörung und das Opfer von Medien-Hetze: Deshalb klagt er eine oberösterreichische Zeitung wegen übler Nachrede und Rufschädigung.

Aufforderung, „zu retten, was zu retten ist“
Auslöser: Der Scoop zweier Enthüllungsjournalisten der britischen Sunday Times. Getarnt als Lobbyisten, sollen sie Strasser mit 100.000 Euro für Gesetzesänderungen im EU-Parlament gelockt haben. Strasser nahm das Angebot an (es gilt die Unschuldsvermutung). Videos der Gespräche wurden veröffentlicht, führten zum Sturz des Politikers. Dabei sei er „nur zum Schein“ auf das Angebot eingegangen, so Strasser. Er habe einen Geheimdienst hinter der Sache vermutet. „Ich habe aufdecken wollen, dazu muss man etwas in der Hand haben.“ So erklärt er nicht nur sechs Stunden Gespräche und drei Treffen mit den Reportern. Das sei auch der wahre Grund, warum er ÖVP-Kollegen Othmar Karas tatsächlich einen Antrag auf Änderungen im Kapitalmarkt vorlegte – nur „ein Fake“.

Die beiden geladenen Journalisten tauchten gestern nicht auf. Dafür belastete Karas seinen Parteifreund in seiner Aussage per Video aus dem Wiener Bezirksgericht 5. Er habe nie einen Wink bekommen, dass der Antrag nicht echt sei. Im Gegenteil: „Ich bin wie immer davon ausgegangen, dass, wenn mir ein Kollege einen Antrag übermittelt, ich ihn zu prüfen und einzubringen habe.“

Er habe aber ein „komisches Gefühl“ gehabt. „Am Ende habe ich den Antrag nicht eingebracht.“ Insgesamt hätte es acht Anrufe und vier E-Mails aus dem Büro Strasser wegen der Sache gegeben – eine sogar mit der Aufforderung, „zu retten, was zu retten ist“.

Der E-Mail-Verkehr wird Gegenstand des nächsten Prozesstages im Mai – wie auch die Aussagen der britischen Journalisten, die nun per Video befragt werden sollen. Und es warten weitere Überraschungen im Prozess: Denn die Sunday Times lässt der beklagten Zeitung die gesamten Recherchen über Strasser zukommen.

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