Streit

Voggenhubers EU-Kandidatur sorgt für Unruhe

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Die Grünen stehen wieder einmal vor einem Streit, den der bisherige Europasprecher Johannes Voggenhuber ausgelöst hat.

Voggenhuber war vor zehn Tagen beim Bundeskongress gegen die neue EU-Spitzenkandidatin für die Europawahlen Ulrike Lunacek unterlegen und hatte daraufhin angekündigt, weder mit einer eigenen Liste noch mit einer Solidaritätskandidatur für die Grünen antreten zu wollen. Am Mittwoch änderte Voggenhuber seine Meinung, gab seinen sofortigen Rücktritt als Europasprecher bekannt und will doch mit einer Solidaritätskandidatur für die Lunacek-Liste im Wahlkampf antreten.

Kritik von Glawischnig
Das freut sowohl Lunacek als auch die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig überhaupt nicht. Glawischnig sprach von einer "100-Prozent-Kehrtwende" von Voggenhuber und zeigte sich skeptisch über die angekündigte Solidaritätskandidatur.

Hintergrund der Aufregung ist, dass Voggenhuber nach seiner überraschenden Niederlage gegen Lunacek mit einer Solidaritätskandidatur praktisch das Feld von hinten aufrollen kann. Erhält er nämlich mindestens sieben Prozent Vorzugsstimmen - auch wenn Voggenhuber selbst ankündigte, keinen Vorzugsstimmenwahlkampf betreiben zu wollen - und die anderen Kandidaten weniger Zuspruch auf dem Stimmzettel, würde der EU-Abgeordnete dann sogar an den ersten Platz gereiht werden. Sollten die Grünen bei den EU-Wahlen statt bisher zwei nur mehr ein Mandat haben, wäre in so einem Fall wieder Voggenhuber im Europaparlament, obwohl er nicht auf wählbarer Stelle der grünen EU-Liste gereiht ist. Dies sieht das EU-Wahlrecht so vor.

Baldige Entscheidung
Am Freitag wird entschieden, ob Voggenhuber wirklich als Solidaritätskandidat auf die Liste kommt. Er dürfte aber nur geringe Chancen haben. Die Parteispitze um Eva Glawischnig und EU-Spitzenkanidatin Lunacek sind Voggenhubers Meinungsumschwung auf alle Fälle kritisch.

Lediglich die von Grippe ins Bett gezwungene zweite EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger hatte positive Worte für Voggenhuber übrig: "Bis jetzt hat er sich wie ein Gentleman verhalten. Ich hoffe, dass das auch so bleibt", wobei sie konzedierte, dass der EU-Abgeordnete "sehr enttäuscht" sei, weil für ihn die europäische Frage "Herz und Seele" habe.

EU-Abgeordneter der ersten Stunde
Voggenhuber ist österreichischer EU-Abgeordneter der ersten Stunde. Der ehemals vehemente EU-Gegner vertritt seit 1995 die Umweltpartei im Europaparlament und hat sich trotz Kritik an Misständen zu einem starken Befürworter der Union gewandelt. Seit 1999 ist er in Straßburg und Brüssel im Ausschuss für konstitutionelle Fragen, wo er zuletzt den Vize-Vorsitz führte.

Kritische Worte
In regelmäßigen Abständen meldete er sich auch mit hämischen Kommentaren zur EU-Debatte in Österreich zu Wort. Der früheren Bundesregierung warf er vor, "tatenlos" den EU-Gegnern und den von ihnen zum Teil verbreiteten Unwahrheiten das Feld überlassen zu haben. Die Kampagne der "Kronen Zeitung" gegen den EU-Reformvertrag bezeichnete er als "reinste Brunnenvergiftung". Den SPÖ-Schwenk in Richtung Volksabstimmungen über EU-Verträge samt den dazugehörigen Brief des damaligen designierten SPÖ-Chefs Werner Faymann und des früheren Bundeskanzlers Alfred Gusenbauer an Krone-Herausgeber Hans Dichand kommentierte er mit den Worten: "Die Kronen-Zeitung ist jetzt Bundeskanzler."

Kritik heimsten aber nicht nur die anderen Parteien ein, sondern auch die Grünen. Voggenhuber zog vor allem in den vergangenen Jahren teils gnadenlos über die Parteispitze - allen voran den früheren Bundessprecher Alexander Van der Bellen und dessen Nachfolgerin Eva Glawischnig - her und konnte sich dabei auch immer auf einen doch recht starken Zuspruch der sogenannten "Basis" verlassen. Dies hatte bei der Erstellung der EU-Liste am Bundeskongress vor zehn Tagen aber nicht gereicht - obwohl Favorit, unterlag Voggenhuber in einer Kampfabstimmung der neuen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek.

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