Verdachtsfälle

Wahlbetrug als neuer Volkssport

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Das System der Briefwahl ist offenbar eine Einladung zum Wahlbetrug. 

"Ja, ich habe getrickst“, gab der Bürgermeister von Unterrabnitz im Burgenland, Wilhelm Heissenberger, gestern in ÖSTERREICH offen zu. In 13 Fällen hat ihm die Korruptionsstaatsanwaltschaft nachgewiesen, dass er Wahlkarten gefälscht hat. Der Ortschef kündigte seinen Rücktritt an.

Bloß die Spitze eines Eisberges
Doch Heissenbergers Fall könnte nur die Spitze eines Skandal-Eisbergs sein: Im Burgenland spricht die FPÖ mittlerweile von einer ganzen Serie von Fällen von Wahlbetrug. Dass sogar die Landtagswahl wiederholt werden muss, wird immer realistischer. "Wenn man bedenkt, dass eine einzige Stimme den Ausschlag dafür gab, dass eine rechte Bürgerliste in den Landtag einzog, ist eine Neuaustragung zumindest ein Thema“, meint etwa Grünen-Chefin Eva Glawischnig.

"Wahlbetrug ist für die Polit-Elite Volkssport"
Doch nicht nur die burgenländische Wahl geriet durch das aktuelle Briefwahl-System ins schiefe Licht. So ist der Grüne Martin Margulies für die Wiener Wahl am Sonntag gleich in zwei Fällen einem möglichen Skandal um Wahlkarten auf der Spur: Zunächst dürfte es so sein, dass Demenzpatienten in der Geriatrie Wahlkarten ausgestellt wurden. Ein Fall, für den die Wiener Wahlbehörde logische Erklärungen parat hatte – und hinter dem trotz dubioser Vorgangsweisen keine Betrugsabsicht stehe.

"Die Politik ist nicht reif für Briefwahl"
Margulies’ neuester Fall zeigt laut Glawischnig aber, dass "die Politik nicht reif für die Briefwahl ist. Während die Normalbürger ordentlich handeln, ist bei Amtsträgern Wahlbetrug offenbar eine Art Volkssport.“ Margulies wirft einem Mitarbeiter der Wiener Baupolizei vor, dass er Hunderte Wahlkarten für Mitglieder der türkischen Community anforderte. Diese sollen an Adressen in Cafés zugestellt, den Wählern aber nie ausgehändigt worden sein. Margulies: "Wir übergaben den Fall der Wahlbehörde und schalten jetzt notfalls die Staatsanwaltschaft ein.“

Glawischnig und Verfassungsexperten wie Bernd-Christian Funk fordern jetzt Konsequenzen: Eine Reform des Wahlrechts sei die einzige Chance, Wahlbetrug wieder einzudämmen.

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