Rote Zahlen

Wien: SPÖ legt Budgetentwurf 2011 vor

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Die Grünen waren beim Erstellen des Entwurfs nicht eingebunden.

Parallel zu den noch laufenden Koalitionsverhandlungen hat die SPÖ am Dienstag den Budgetvoranschlag für das Jahr 2011 vorgelegt. Dabei handelt es sich um ein Zahlenwerk, bei dessen Erstellung die Grünen als wahrscheinlicher künftiger Regierungspartner nicht eingebunden waren, wie Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) in der Bürgermeister-Pressekonferenz bestätigte. Im Vollzug würden die ausgehandelten Ziele aber selbstverständlich berücksichtigt werden: "Es handelt sich um ein flexibles Budget." Der grüne nicht amtsführende Stadtrat, der für seine Partei u.a. den Finanzbereich verhandelt, goutierte die rote Vorgangsweise.

Brauner: Grüne tragen Eckpfeiler mit
"Ein Budget steht nicht von heute auf morgen", verteidigte Brauner die heutige Präsentation. Dieser Entwurf sei aber bereits den Grünen vorgelegt worden, welche die "Eckpfeiler mittragen" würden. Diese einzubinden, sei rein zeitlich nicht möglich gewesen. Umschichtungen seien außerdem immer möglich. Zuletzt war wiederholt aus Verhandlerkreisen zu hören, dass zwischen SPÖ und Grünen vor allem noch über das Budget beziehungsweise die Finanzierung diverser Projekte diskutiert werde.

Grüne: "Logisch, dass nicht alles geht"
"Das Budget ist ja nichts Abgeschlossenes", es gebe noch Spielraum, versicherte auch Ellensohn. Auf die Frage, ob dieser auch für teure Forderungen der Grünen wie beispielsweise die Durchsetzung der 100-Euro-Jahreskarte für Öffis groß genug sei, gestand er allerdings ein, dass es angesichts der niedrigeren Einnahmen "für die ganz großen Wünsche" nicht reichen werde: "Es ist logisch, dass nicht alles geht".

Verschiebung der Präsentation wäre "unverantwortlich"
Eine Verschiebung der Präsentation nach hinten hätte laut Ellensohn jedenfalls den Regeln und der Praxis widersprochen und wäre von der Sozialdemokratie "unverantwortlich" gewesen. Er las in der Schwerpunktsetzung des Zahlenwerks - etwa mehr Ausgaben für Bildung und Soziales - bereits eine rot-grüne Handschrift heraus. Für 2012 und die kommenden Jahre wünsche er sich freilich eine Einbindung seiner Partei in "noch partizipartorischer Weise", so der nicht amtsführende Stadtrat.

621,3 Mio. Euro Neuverschuldung

Der Budgetentwurf für 2011 im Detail: Mit Einnahmen von 10,81 Mrd. Euro (2010: 10,65 Mrd.) und gleichzeitigen Ausgaben von 11,43 Mrd. Euro (2010: 11,45 Mrd.) nimmt die Stadt eine Neuverschuldung in der Höhe von 621,3 Mio. Euro in Kauf. 2010 wird die Neuverschuldung rund 800 Mio. Euro betragen. Den Rückgang der jährlichen Neuverschuldung interpretierte Brauner als "Budgetvoranschlag zwischen Krisenbekämpfung und Konsolidierung". Mit Ende 2010 wird Wien voraussichtlich 2,94 Mrd. Euro auf dem Gesamtschuldenkonto haben.

Wirtschaftsreserve vorgesehen
Das Maastricht-Saldo wird 2011 bei 577 Mio. Euro - nach für dieses Jahr veranschlagten knapp 700 Mio. Euro - liegen. Für 2011 sieht die Stadt auch eine "Wirtschaftsreserve" - also eine Art Notgroschen, der im Falle eines nochmaligen Konjunkturabschwungs zur Verfügung stehen soll - in der Höhe von 300 Mio. Euro vor.

Gratiskindergarten bleibt

Bei den Investitionen in die einzelnen Bereiche gibt es sowohl Zuwächse als auch Abstriche. Mehr ausgeben will die Stadt im Bereich Bildung und Kinderbetreuung, wo das Budget von 1,6 Mrd. auf 1,66 Mrd. Euro aufgestockt wird. "Der Gratiskindergarten bleibt", versicherte Brauner. Mehr Geld gibt es auch für Gesundheit und Soziales. Für ersteres wurden nach 1,67 Mrd. nun 1,72 Mrd. Euro veranschlagt, womit unter anderem der Bau des Krankenhauses Nord vorangetrieben werden soll. Für den Sozialbereich macht Wien - nach der heurigen Summe von 1,14 Mrd. - nun 1,2 Mrd. Euro locker. Damit sollen etwa die Mindestsicherung und die weitere Umsetzung des Geriatriekonzepts finanziert werden.

Wirtschaftsförderung gekürzt
Einschnitte gibt es hingegen bei den nachfragewirksamen Ausgaben, wo die Stadt mit 4,288 Mrd. Euro rund 116 Mio. Euro im Vergleich zu 2010 einspart. Ein großer Teil - 1,657 Mrd. Euro - fließt in das Bau-und Baunebengewerbe, der Rest etwa in den Nahverkehr oder die Anschaffung von Maschinen und Fahrzeugen. Gekürzt wird auch die Wirtschaftsförderung, die im kommenden Jahr 172,29 Mio. Euro (2010: 193,36 Mio.) betragen wird. Damit orientiere man sich wieder am Niveau aus Zeiten vor der Krise, hieß es.

Grüne dürften dem Entwurf zustimmen
Der Wiener Budgetentwurf basiert auf der Wifo-Prognose vom September dieses Jahres, das für Österreich ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 1,9 Prozent für das Jahr 2011 voraussagt. Das Zahlenwerk muss noch im Gemeinderat beschlossen werden -  aller Voraussicht nach dann mit den Stimmen der Grünen, welche die Budgets der vergangenen Jahre stets scharf kritisierten.

ÖVP: "Rote Zahlen, wohin man blickt"
Weiterhin ganz in Oppositionsrolle zeigte sich heute indes die ÖVP. Noch-Klubobmann Matthias Tschirf sah "rote Zahlen, wohin man blickt" und kritisierte die "enorme Schuldenstandexplosion". Die Stadtregierung könne sich dabei nicht allein auf die Krise ausreden, andere Bundesländer würden weit bessere Ergebnisse etwa am Arbeitsmarkt vorweisen. Kritik kam auch von der FPÖ, u.a. wegen der Kürzungen bei Wirtschaftsförderung, nachfragewirksamen Ausgaben und des steigenden Schuldenstands. "Wenn die willfährigen Grünen diesen gefährlichen Budget-Irrweg in die Schuldenfalle für ein paar Posten und Pöstchen mit marschieren, haben sie sich politisch selbstentmündigt", so der Kommentar von Noch-Klubobmann Eduard Schock und seinem designierten Nachfolger Johann Gudenus.

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