Showdown im ORF

Wrabetz lässt sich nicht "wegpusten"

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Der ORF-Generaldirektor wehrt sich gegen die Attacken - Er will seinen Sessel behalten.

Im ORF-Zentrum auf dem Küniglberg war es schon vor der Sendung ein offenes Geheimnis, was am Mittwoch im Club 2 passieren würde: Gerd Bacher, zwischen 1967 und 1994 insgesamt dreimal zum ORF-Generalintendanten gekürt, würde Alexander Wrabetz massiv angreifen. Und so kam es auch.

Wrabetz gibt nicht auf
Der ORF befinde sich „in der schwersten Existenzkrise seit der Neugründung 1967“, formulierte Bacher. Der „Tiger“ weiter in Richtung Wrabetz: „Ich glaube auch nicht, dass Sie diese Krise überleben werden.“ Wrabetz wehrt sich nun im Interview mit ÖSTERREICH gegen die Attacken: „Ich lasse mich sicher nicht wegpusten.“ Und er stellt klar, dass er ORF-Chef bleiben will.

Tag der Entscheidung
Fakt ist allerdings: Nächste Woche wird für Wrabetz entscheidend. Am Donnerstag diskutiert der Stiftungsrat, das oberste ORF-Aufsichtsorgan, das Wrabetz-Sanierungsprogramm ORF 2015. Dieses sieht unter anderem Einsparungen von mindestens 80 Millionen Euro und den Abbau von mehr als 400 Angestellten vor.

Heftige Kritik der Stiftungsräte
„Das Konzept ist eine Mischung aus Selbstdarstellung und umfassender Problemsammlung, bei den Lösungsansätzen zur Bewältigung der Krise bleibt es aber viel zu vage. Vor allem wirtschaftlich ist das Konzept nicht schlüssig, weil die Finanzierung offenbleibt“, kritisiert Franz Medwenitsch das 400 Seiten starke Wrabetz-Papier. Medwenitsch gilt als Sprecher des sogenannten ÖVP-Freundeskreises im Stiftungsrat.

Zumindest die mittelfristige Finanzvorschau bis 2012 muss Wrabetz noch einmal überarbeiten, fordert Karl Krammer, Sprecher des SP-Freundeskreises im ORF-Aufsichtsrat. Schon am Montag bzw. Mittwoch diskutieren Finanz- und Programmausschuss des Stiftungsrates über die Wrabetz-Vorschläge. Das gesamte Aufsichts-Plenum gibt dann am Donnerstag jene Richtlinien aus, nach denen Wrabetz und sein Team den ORF in die Zukunft führen sollen.

Neues Gesetz
Fix: Am Donnerstag wird weder über eine Absetzung Wrabetz’ noch über einen neuen ORF-Standort abgestimmt. Als sicher gilt hingegen, dass bereits wenige Wochen nach der Sitzung des ORF-Stiftungsrates im Nationalrat ein neues ORF-Gesetz beschlossen wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit macht es eine Neuwahl des ORF-Chefs erforderlich.

Einer der Gegen-Kandidaten von Wrabetz für den ORF-Chefsessel könnte dann Elmar Oberhauser sein. Der Info-Direktor ist persönlich für Bachers Auftritt im Club 2 verantwortlich – und wurde vom „Tiger“ dafür explizit gelobt …

Albert Sachs

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ÖSTERREICH: Warum haben Sie sich als ORF-Chef einer Diskussion im TV gestellt, von der Sie wussten, dass Sie dort mit Kritik überschüttet werden?

Alexander Wrabetz: Ich stelle mich jeder Diskussion, wenn es um das Unternehmen geht. Dass das keine Weihe-Stunde werden sollte, war klar, schließlich sollte es eine kontroverse Diskussion im Club 2 sein.

ÖSTERREICH: Wer hat die Runde mit Gerd Bacher eingeladen?

Wrabetz: Die Verantwortung liegt beim Informationsdirektor. Ich habe gesagt, ich stelle mich der Auseinandersetzung mit Bacher.

ÖSTERREICH: Waren Sie überrascht von der Wucht seines persönlichen Angriffs?

Wrabetz: Schon, weil das eigentlich nicht sein Stil ist. Es war ein einziger Angriff auf mich als Person, eine Reihe von persönlichen Untergriffen und überraschend wenig sachlichem Inhalt. Aber das war mir dann auch egal, weil er ja so ähnlich – wenn auch nicht immer so voller Hass – über alle seine Nachfolger spricht. Was mir aber nicht egal war und egal ist, wie er das Unternehmen schlechtredet. Bacher spielt ja – und vielleicht schmerzt ihn das auch – eigentlich in der realen Medienpolitik und Politik keine Rolle mehr. Das ist anders als 2001, als er vom damaligen ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel als Speerspitze verwendet wurde, um den damaligen ORF-Chef Gerhard Weis loszuwerden. Damals hatte Bacher eine echte politische Rolle, das ist jetzt längst nicht mehr so, er reitet mittlerweile ziemlich einsam durch die mediale Landschaft.

ÖSTERREICH: Aber hat Bacher recht, wenn er sagt, der ORF ist in der schlimmsten Existenzkrise seit 1967?

Wrabetz: Genau damit, mit dem „Herbeireden einer Existenzkrise“ hat er nicht recht, schadet dem ORF, und auch das Wiederholen von Unwahrheiten schafft keine Tatsachen. Der ORF ist definitiv in keiner Existenzkrise, sondern hat wie viele andere Unternehmen angesichts der Wirtschaftskrise die vielleicht größten Herausforderungen zu bestehen. In meinem Konzept habe ich auf 240 Seiten und sehr detailliert und präzise dargelegt, was wir in Zukunft bewältigen müssen. Bachers berühmtes Papier „Vom Monopol zum Marktführer“ hatte damals schlanke 30 Seiten. Vor 30 Jahren war die Welt der Medien eben noch simpler und leichter zu erklären als jetzt.

ÖSTERREICH: Bacher attestiert Ihnen mangelnde Durchschlagskraft und zu wenig Entscheidungsfreudigkeit. Sind Sie im Sommer und darüber hinaus noch ORF-Chef?

Wrabetz: Ich bin mir sicher. Denn gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise darf für die nötigen Reformen keine Zeit verloren werden , ich bin bereit, sofort mit der Umsetzung der mehr als 100 Einzelmaßnahmen zu beginnen, wenn der Stiftungsrat meinem Weg folgt und zustimmt. Wir – Stiftungsrat und Geschäftsführung - müssen gemeinsam danach trachten, dass die Umsetzung meines Konzepts rasch angegangen wird. Fest steht auf jeden Fall, dass ich mich durch ein fünfseitiges Manuskript von Gerd Bacher nicht wegpusten lasse. Das hat man wohl auch in der Diskussion ganz deutlich gesehen.

Iris Brüggler

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