Hackeln statt Häfn

Zustimmung für Bergers Haftentlastungspaket

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Ab Herbst wird es österreichweit möglich sein, eine Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Leistung zu ersetzen.

Das Projekt "Schwitzen statt Sitzen" sei ein Erfolg, sagt Anderas Zembaty vom Verein NEUSTART in einem Gastkommentar für die Tageszeitung ÖSTERREICH. Zembaty: "Wenn Strafe Sinn macht, dann vor allem, weil sie Menschen verändert. Dann kann der Rückfall vermieden werden und die Sicherheit in unserer Gesellschaft steigt. Bloßer Freiheitsentzug, der keine Chance zu Resozialisierung lässt, widerspricht diesem Grundgedanken von Strafe. Manchmal ist der Freiheitsentzug sogar ‚Schule des Verbrechens’."

"Sinnvoller als einsperren"
Aus der Sicht des Vereins NEUSTART sei es "sinnvoller, diese Personen für die Gesellschaft arbeiten zu lassen, als sie bloß einzusperren", so Zembaty. In zwei Projektjahren sei diese Ansicht bestätigt worden. "Es gelang, jeden zweiten vom Richter zugewiesenen Fall positiv zu beenden: der Verurteilte bezahlte die Geldstrafe, oder er arbeitete in Hilfstätigkeiten bei gemeinnützigen Organisationen (etwa Reinigungsarbeit im Rettungswesen oder Mithilfe bei Aktivitäten einer Gemeinde)."

"Bei leichten Delikten: ja"
Auch Vorarlbergs Sicherheits-Landesrat Erich Schwärzler (V) kann der Idee "Schwitzen statt Sitzen" durchaus etwas abgewinnen, unter bestimmten Bedingungen zumindest. "Bei leichten Delikten sage ich grundsätzlich ja zu diesem neuen Weg. Es darf aber nicht sein, dass Kriminelle am Arbeitsplatz untergebracht werden und dadurch die Sicherheit am Arbeitsmarkt leidet", so Schwärzler in einer Aussendung am Montag. Bei schwerwiegenden Straftaten hielt Schwärzler eine Alternative zur Haftstrafe nicht für möglich.

Professionelle Begleitung
Jene Straftäter, die gemeinnützige Arbeit leisten, sollten eine professionelle Begleitung durch den Arbeitgeber erhalten, forderte der Sicherheits-Landesrat. Bei leichten Delikten halte er den Ansatz für "durchaus sinnvoll" und "diskussionswürdig". Der Ergebnisse der Pilotversuche müssten aber geprüft und in die künftige Gesetzgebung mit einbezogen werden, so Schwärzler. Die Möglichkeit, Haftstrafen durch gemeinnützige Arbeit zu ersetzen, sei bei schwerwiegenden Vergehen "ganz klar" auszuschließen. "Verbrecher gehören ins Gefängnis. Hier Milde zu zeigen, wäre ein völlig falsches Signal", betonte der Sicherheits-Landesrat.

"Sinnvolle Alternativen"
Der Sicherheitssprecher der Vorarlberger Freiheitlichen, Ernst Hagen, bezeichnete die Möglichkeit, Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Leistungen zu ersetzen, als "ersten, wichtigen Schritt". Angelehnt an die Schweiz sollte die Praxis in Österreich dahingehend geändert werden, dass Straftätern "unter klar zu definierenden Voraussetzungen" als Ersatz für unbedingte Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten eine Arbeit in Freiheit ermöglicht wird", so Hagen in einer Aussendung. "Wir brauchen sinnvolle Alternativen zum bisherigen Sanktionensystem", betonte Hagen. Für arbeitslose Straftäter könne gemeinnützige Arbeit auch ein erster Schritt zurück ins Erwerbsleben sein, gab sich Hagen überzeugt.

Justizministerin Maria Berger (S) dehnt den Modellversuch, den ihre Vorgängerin Karin Gastinger (B) im Vorjahr unter dem Motto "Schwitzen statt Sitzen" startete, auf alle Gerichtssprengel aus. Ebenfalls im Herbst wird sie ihren Gesetzesvorschlag zur Ausweitung der bedingten Entlassung vorlegen.

Haftentlastungspaket vor Umsetzung
Auch wenn aus der ÖVP bereits einige negative Signale zu Bergers "Haftentlastungspaket" gekommen sind, hofft die Ministerin auf die Umsetzung. Dies auch hinsichtlich der - vom Koalitionspartner vehement abgelehnten - bedingten Entlassung ausländischer Straftäter mit Ausreisegebot und Wiedereinreiseverbot. Denn diese Maßnahme stehe im Regierungsübereinkommen, betonte Berger, "und das sollte man doch umsetzen".

Gemeinnützige Tätigkeit
Den Tenor der ÖVP-Kritik, dass mit solchen Maßnahmen zur Entlastung der überfüllten Gefängnisse die Sicherheit gefährdet werde, wies Berger zurück: "Entlastende Maßnahmen werden nur dort gesetzt, wo es keine Sicherheitsgefährdung gibt." Sie würden sogar zur Sicherheit beitragen - wenn z.B. anstelle einer Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Tätigkeit geleistet wird, werde der Täter nicht aus seinen sozialen Bezügen gerissen. Und da ursprünglich eine Geldstrafe verhängt wurde, habe das Gericht ja keine Notwendigkeit gesehen, ihn in Haft zu nehmen.

Modellversuch hat sich bewährt
Im bisher auf Wien, Graz, Linz, Wels und Innsbruck beschränkten Modellversuch habe sich "Schwitzen statt sitzen" übrigens sehr bewährt: 11.000 Hafttage habe man einsparen können. Und viele Verurteilte würden dann doch lieber ihre Geldstrafe bezahlen, berichtete Berger.

Die Zahl der bedingten Entlassungen will Berger u.a. dadurch erhöhen, dass nicht mehr nur durch Richter, sondern gemischte Senate (mit Sozialarbeitern und Psychologen) darüber entscheiden und die "Generalprävention" als Entscheidungskriterium entfällt. Auch hier gehe es nicht um Straferlass oder eine nachträgliche Korrektur des Urteils, sondern darum, den Haftzweck zu erreichen. Und deshalb will Berger die Möglichkeit der Richter, Auflagen zu erteilen - etwa zu einer Therapie, Meldepflicht oder vielleicht auch gemeinnütziger Arbeiter - "ein bisschen ausbauen".

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