Die Studierenden haben den Auftakt des Hochschuldialogs mit Musik und Clownnasen inszeniert.
Unter den Klängen von "When The Saints Go Marching In" sind am Mittwoch die Vertreter der Audimax-Besetzer in den von ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn initiierten Hochschuldialog eingezogen. Auf einem mitgebrachten roten Teppich marschierten "die Drei", die Sonnenbrillen und T-Shirts mit der Aufschrift "Eine(r) von vielen" trugen, in die Aula der Wissenschaften. Mitgebracht hatten sie Musiker, Clowns, Luftballons und Fans - Eine trug ein Transparent mit der Aufschrift "Die Drei - Ich will ein Kind von euch".
Die Pflanz-Inszenierung war erst am Dienstagabend geplant worden.
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Hahn wählte Hintereingang
Den Aufmarsch der
Straßentheater-Aktivisten vor der von Sicherheitsleuten und Polizeiaufgebot
bewachten Aula der Wissenschaften nicht mitbekommen hat Hahn selbst - er
wählte nicht den Weg durch den Vordereingang.
Weißbuch nächsten Sommer
Kurz vor Beginn des
Hochschuldialogs appellierte Hahn erneut an die Besetzer, die Hörsäle zu
räumen, solange man Gespräche führe. Den Hochschuldialog bezeichnete er als
Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen und Gesprächen, die schließlich
in ein Weißbuch münden sollen.
Nach dem Hochschuldialog bilanzierte Hahn trotz "kontroversieller Diskussionen" positiv. Er ortete einen Konsens unter allen Beteiligten, eine faktenbasierte Hochschulentwicklung voranzutreiben. Man habe sich geeinigt, bis Juni kommenden Jahres zu "klaren Handlungsempfehlungen für die Politik" zu kommen, sagte Hahn am Ende der Veranstaltung.
Forderungen, die von allen Vertretern des tertiären Sektors getragen würden, seien "nichts, was die Politik so locker negieren kann", so Hahn.
Arbeitsgruppen ab Anfang Dezember
In fünf Gruppen, in denen im
wesentlichen die Teilnehmer des Hochschuldialogs vertreten sein werden, soll
bereits Anfang Dezember mit den Arbeiten begonnen werden. Diese werden sich
mit folgenden Themen beschäftigen: "Gesellschaftlicher Auftrag des tertiären
Sektors", "Koordinierte Entwicklung des tertiären Sektors: Universitäten,
Privatuniversitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen", "Bologna
und Studienstruktur (Curricula) und Lehre", "Studienwahl und
Hochschulzugang" sowie "Ressourcen und Finanzierung von Lehre und Forschung".
Hahn lobte "die Drei"
Ende des ersten Quartals 2010
sollen die Arbeitsgruppen im Plenum einen Zwischenbericht ablegen. Für die
drei Vertreter der studentischen Protestbewegung gab es Lob von Hahn. Diese
hätten sich "sehr engagiert in den Diskurs eingebracht".
Besetzer unzufrieden
Ganz anders bilanzierten die Besetzer
selbst. Sie sprachen von einem "Zirkus". Es sei nur über Geld geredet
worden, nicht über Bildung. "Es war, als würden die Proteste gar nicht
stattfinden." Den übrigen Teilnehmern des Hochschuldialogs warfen sie
mangelnde Vorbereitung vor. "Wir können ihnen Nachhilfe geben oder uns
verabschieden und unsere eigene Politik machen, was wohl eher im Sinne der
Besetzungen wäre". An den Arbeitsgruppen wollen sie sich nur beteiligen,
wenn die Diskussion nach ihren Grundsätzen erfolge. Nach derzeitigen Plänen
seien die Besetzer in den Arbeitsgruppen unterrepräsentiert. "Die
Besetzungen bleiben aufrecht", so eine Studentenvertreterin.
Flashmob
Parallel zum Hochschuldialog "besetzte" am
Vormittag eine Gruppe von Studierenden das Parlament, um unter dem Titel "Parlament
brennt!" "die bedingungslose Demokratisierung der Hochschulen"
zu fordern.
"Echter Bildungsdialog"
Gemütlich und mit
halbstündiger Verspätung hat der "eigentliche, viel bessere
Bildungsdialog" der studentischen Protestbewegung zu Mittag im Palais
Kabelwerk in Wien-Meidling begonnen. Rund 150 bis 200 Personen sind zu der
Gegenveranstaltung zum Hochschuldialog gekommen. Die Veranstaltung soll
sechs Stunden dauern, auf dem Programm stehen ein Resümee der bisherigen
Erfolge durch die Besetzung von Hörsälen an mehreren Unis und die
Entwicklung von Strategien für die Zukunft.
Schmied will "offensive Politik"
Nach dem
Hochschuldialog plädierte SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied für eine "offensive
Hochschulpolitik". Besonderes Lob gab es für die Österreichische
Hochschülerschaft, die "sehr konkrete Themenstellungen"
vorgelegt habe. Keinesfalls will Schmied über Zugangsbeschränkungen und
Studiengebühren reden - es müsse nun um einen Ausbau des Hochschulsektors
gehen. Zufrieden zeigte sie sich, dass es nicht nur um Finanzen gegangen
sei. Auch die Gestaltung der Bildungswege habe im Mittelpunkt gestanden.
Glawischnig hörte "Hochschulmonolog"
Enttäuscht
vom "Hochschulmonolog" zeigte sich die Grüne Bundessprecherin Eva
Glawischnig. Von ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn habe sie sich "zumindest
erwartet, dass er Lösungsvorschläge bringt", so Glawischnig.
Bei der Veranstaltung nur als "Moderator" aufzutreten, sei zu
wenig. Sie habe den Eindruck, dass Hahn bis zu seinem Wechsel nach Brüssel
nur "die Zeit totschlägt".
Nächstes Treffen im Frühling
Der Rektor der
Universität Wien, Georg Winckler, ortete beim Dialog einen Willen, bis Ende
Juni 2010 Antworten zu den unterschiedlichen Fragen des Hochschulsektors zu
finden. Dies sei realistisch - "wenn der politische Wille da ist".
Als Termin für die nächste Dialogveranstaltung nannte er das erste Quartal
2010.