Weichen für die rote Zukunft

So soll es in der SPÖ weitergehen

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Revolte gegen Kern gibt es 
keine. „Seine“ Wahlniederlage will keiner übernehmen.

Insgeheim hatten einige in der SPÖ gehofft, ihr Parteichef und Kanzler würde bereits am Sonntag die Konsequenzen aus der Affären-Serie ziehen. Doch auch die größten Kritiker von Christian Kern müssen zugeben: Ein Tausch des Spitzenkandidaten, genau zwei Wochen vor der Wahl, würde einen noch größeren Super-GAU für den 15. Oktober bedeuten. Außerdem: Wer würde die Partei jetzt in diesem Zustand übernehmen und sich so in ein sicheres Debakel stürzen?

Doskozil wartet, Debakel würde ihn beschädigen

Abgesagt. Nach hektischen Telefonaten zwischen Wien, Eisenstadt und Klagenfurt war klar: Besser für alle Beteiligten ist es, wenn die Partei bis zum Wahltag mit Christian Kern durchtaucht – und dann, nach der zu erwartenden Niederlage, die Weichen für die Zukunft stellt. Die „Revolte“ gegen Kern ist abgesagt, der Parteichef soll mit der neuen interimistischen Geschäftsführerin Andrea Brunner bis zur Wahl weitermachen.

Derzeit ist die SPÖ auf drei Lager aufgeteilt:

  • Christian Kern und seine letzten verbliebenen Getreuen – allen voran natürlich Kulturminister Thomas Drozda (der für dieses Lager auch eine Alternative zu Kern wäre), „seine“ Regierungsmitglieder, wie Infrastrukturminister Jörg Leichtfried oder Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner. Kern glaubt noch an ein Wunder und an die Möglichkeit, doch noch ein respektables Ergebnis herauszuholen.
  • Der rechte Parteiflügel um Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und seinen Mentor; Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl. Es ist auch der Flügel der Pragmatiker – und die glauben gewöhnlich nicht an Wunder. Für sie ist klar: Die Wahl ist verloren. Gut die Hälfte aus diesem Lager hätte es gerne gesehen, wenn Doskozil die Partei schon gestern übernommen hätte, doch dieser wartet ab. Die unabwendbare Niederlage wäre auch für ihn kontraproduktiv.
  • Die Wiener Partei mit Bürgermeister Michael Häupl würde gerne SPÖ-Klubchef Andreas Schieder an der Spitze haben. Für den noch immer starken linken Flügel der Wiener Sozialdemokraten wäre ein Parteichef Doskozil, vor allem wegen seiner asyl- und sicherheitspolitischen Vorstellungen, ein rotes Tuch.

Unter 20 Prozent? Die drei Lager werden sich bemühen, in den nächsten zwei Wochen den offenen Konflikt zu vermeiden. Ein vertretbares Wahlergebnis ist im Interesse aller. Sollte die Partei zum Beispiel am 15. Oktober unter die 20-Prozent-Marke fallen, wäre die SPÖ aus jedem Koalitionsrennen.

Alle gehen jedenfalls davon aus, dass Christian Kern unmittelbar nach der Wahl zurücktritt und freiwillig Platz macht. Schafft er zum Abschied noch ein respektables Ergebnis, deutlich über 20 %, stünde Doskozil als Vizekanzler bereit.

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