Tallinn und Turku sind Kulturhauptstädte

An der Ostsee

Tallinn und Turku sind Kulturhauptstädte

Beim Läuten der Mitternachtsglocken zum Jahreswechsel in Tallinns Altstadt feiert die estnische Hauptstadt zweifach: Das baltische Land wird 17. Mitglied der Eurozone und Tallinn selbst zusammen mit dem finnischen Turku europäische Kulturhauptstadt. Die beiden Ostseestädte sind nur 200 Kilometer voneinander entfernt. Sie übernehmen den Titel von der Ruhrmetropole Essen, dem ungarischen Pecs und der türkischen Riesenstadt Istanbul.

"Wir erwarten auf dem Theaterplatz sehr spezielle Gäste von sehr weit weg", sagte Jaanus Rohumaa, künstlerischer Leiter der Eröffnungsfeier in Tallinn, will aber nicht mehr verraten. Zwei Feuerwerke sollen den Euro als neue Landeswährung und den Kultur-Titel feierlich markieren: Eins über dem Stadtzentrum und eins über der Bucht von Tallinn. "So wollen wir vor allem deutlich machen, dass hier die Geschichte einer Stadt am Meer erzählt wird", sagt Rohumaa.

Finanzkrise
Beim letzten Anlauf einer baltischen Metropole als Europas Kulturhauptstadt gab es 2009 lange Gesichter. Litauens Hauptstadt Vilnius teilte sich den Titel mit Linz. Aber die gerade mit voller Wucht ausgebrochene Finanzkrise ließ alle Geldtöpfe extrem schrumpfen, Mitarbeiter wurden kurzfristig entlassen. Zu allem Überfluss ging auch noch die nationale Fluggesellschaft pleite, so dass fest gebuchte Orchester die Anreise nicht schafften.

Angst vor einem solchen Fiasko müssen die Organisatoren in Tallinn nicht haben. Allerdings ist das mit 16 Millionen Euro relativ bescheidene Budget auch schon Resultat diverser Sparrunden. "Wir mussten uns mehrfach anpassen, haben aber zusätzliche Finanzquellen von außen gefunden", berichtet Maris Hellrand vom Organisationsbüro.

Zusammengehörigkeit deutlich machen

Statt Konkurrenz zum weit zahlungskräftigeren finnischen Turku soll das nächste Jahr die Zusammengehörigkeit der beiden Kulturhauptstädte künstlerisch und auch über die Sprache deutlich machen: Estnisch und Finnisch sind miteinander eng verwandte Sprachen aus dem finno-ugrischen Sprachstamm.

Nach Angaben von Helland sind unter anderem gemeinsame Paket-Reiseangebote für Kunstinteressierte geplant. Die Zusammenarbeit laufe gut, sagt sie, und so sehen es auch die Kollegen in Finnland. "Mindestens zwölf unserer größeren Projekte laufen zusammen mit Tallinn", berichtet Cay Sevon, Organisationschefin der Kulturhauptstadt Turku. Hier fällt der offizielle Startschuss erst am 15. Jänner.

Die Finnen wollen nicht zuletzt den positiven Einfluss von kulturellen Aktivitäten auf Gesundheit und Wohlbefinden unter die Lupe nehmen. Künstlerisch durchgestylte Sauna-Gebäude für das Hauptstadt-Jahr gehören zum Angebot wie auch die Verteilung von 5.400 Veranstaltungs-Tickets über das städtische Gesundheitswesen: Die Ärzte sollen damit "Kultur verschreiben".

 In Turku hoffen die Organisatoren auf alles in allem zwei Millionen Besucher in den kommenden zwölf Monaten, 15 Prozent mehr als man sonst hier begrüßen kann. Mit 200.000 "Extra"-Touristen liegen die Erwartungen in Tallinn etwa auf gleicher Höhe. Dabei ist Estlands Hauptstadt mit 400.000 Einwohnern gut doppelt so groß wie Turku.
 

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