02. Juli 2010 13:14
Es wird noch drei Jahre dauern, bis der deutsche Autohersteller BMW sein
erstes Elektroauto auf den Markt bringt. Und so oft der Konzern schon über
sein Megacity Vehicle (MCV) gesprochen hat, so wenig Konkretes war bisher
bekannt.
Erste offizielle Informationen
Nun haben die Münchner den
Schleier ein Stück weit zurückgezogen. Was dahinter zum Vorschein kommt, ist
ein kompakter, bulliger, ein bisschen nach Science-Fiction aussehender
Viersitzer aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) und Aluminium mit
Heckantrieb sowie einer Batterie von der Größe einer Kindermatratze im
Unterboden.
Derzeit arbeiten die Ingenieure mit Hochdruck am E-Motor
Keine unnötigen Zusatzpfunde
Für ihr erstes Elektroauto,
das in Großserie gehen soll, haben die Münchner völlig neu angesetzt und es
speziell auf die Bedürfnisse der Antriebsart zugeschnitten. Bisher habe man
bereits bestehende Autos umgebaut. Das habe immer zusätzliches Gewicht
bedeutet - noch über das Gewicht der Batterie hinaus, erklären die
Entwickler. Mit dem neuen Aufbau und den leichten Materialien Alu und CFK
werde man das "für Elektrofahrzeug typische Mehrgewicht von 250 bis 350
Kilo" aber praktisch vollständig kompensieren, verspricht
Entwicklungsvorstand Klaus Draeger.
Hier wird die CFK-Zelle auf ihre Sicherheit überprüft.
Der Leichtbau rentiert sich beim Elektroauto besonders, weil er beim Fahren
Energie spart - und das bedeutet zusätzliche Reichweite. Was heute an
Energie in einer Batterie stecke, entspreche zwei bis drei Litern Sprit,
erklärt Entwickler Peter Ratz. Das sei und bleibe das Nadelöhr für
Elektrofahrzeuge. Auch in fünf bis sieben Jahren werde sich die Kapazität
allenfalls verdoppeln.
Ordentliche Reichweite
Die Reichweite des Großstadtautos MCV
soll in etwa auf dem Niveau des Mini E liegen, der im besten Fall 250
Kilometer schafft. Bei ihm hatten die Entwickler aber noch auf die komplette
Hinterbank verzichten müssen, um die Energiespeicher unterzubringen.
Elektroautos wie der Think, der Mitsubishi
i-MiEV oder der Nissan
Leaf schaffen nur die Hälfte dieser Strecke. Mit 250 km dürften die
meisten Autofahrer pro Tag locker auskommen. Für Pendler die pro Tag 50 km
zurücklegen würde das bedeuten, dass der Wagen unter der Woche gar nie
aufgeladen werden muss.
So sehen die Akkus des MCV aus.
Die Akkus stecken jetzt im Boden des Autos, groß wie eine Kindermatratze und
schön mittig - damit sie bei einem Zusammenstoß gut geschützt sind. Der
Motor sitzt dahinter, in unmittelbarer Nähe zur Hinterachse, die er
antreibt. Weil ein Elektromotor viel kleiner ist als ein
Verbrennungsaggregat gleicher Leistung, ist das platzmäßig kein Problem, wie
die Entwickler erklären. Und abgesehen davon, dass man sich so die
Kraftübertragung längs durchs Auto spare, profitiere man auch bei der
Unfallsicherheit.
Gefinkeltes Sicherheitskonzept
Weil der Frontraum nicht mehr von
einem massiven Motorblock ausgefüllt sei, könne man ihn besser als
Knautschzone nutzen. Das ist eine der Aufgaben des Bodenteils des Autos, das
auf einem Aluminiumrahmen basiert. Die darauf sitzende Fahrgastzelle aus den
stabilen CFK soll sich dagegen nicht verformen und so die Insassen schützen.
Laut BMW soll das MCV weltweit das erste Großserienfahrzeug sein, das solch
eine Fahrgastzelle aus CFK erhält.
Kosten sollen überschaubar bleiben
Schon heute werden
hochstabile Fahrgastzellen in den Rennwagen der Formel 1 eingesetzt. Damit
das MCV nicht ähnlich astronomische Preise kosten muss, will BMW zusammen
mit SGL Carbon eigenes, billigeres CFK produzieren. Die Stabilität sinke
durch die einfachere Machart zwar ein bisschen, der Preis aber sehr deutlich
- und anders als beispielsweise in der Luftfahrtindustrie, reiche im Autobau
auch billigeres CFK vollkommen aus, betonten die Entwickler.
Auch damit will BMW den Preis für sein MCV drücken. Auf die Frage, wo er
liegen könnte, hüllen sich die Entwickler in tiefes Schweigen, ebenso wie
bei Fragen nach konkreten Angaben zu Gewicht oder Leistung oder der
Haltbarkeit der Batterien. "Ein ganzes Autoleben", heißt es
darauf. Auf Nachfrage sind das dann mal sieben bis acht, mal zehn oder mehr
Jahre und eine Laufleistung von mindestens 150.000 bis 200.000 Kilometern.
Dass das MCV teurer als ein vergleichbares Auto mit Verbrennungsmotor wird,
kann bereits als sicher gelten. Dafür fährt es dann - wie alle Elektroautos
- unschlagbar günstig. Strom für ein bis zwei Euro soll reichen, um 100
Kilometer weit zu kommen.
Freude am Fahren soll bleiben
Die Fahrdynamik soll unter so viel
Sparsamkeit nicht leiden, versprechen die BMW-Entwickler. "Elektromobilität
und BMW-typischer Fahrspaß passen hervorragend zusammen, wenn man es richtig
macht", sagt Draeger. Motor, Leistungselektronik und Batteriesystem
wolle der Konzern deswegen auch in Zukunft selbst entwickeln. Die typischen
Eigenschaften eines Elektromotors helfen den Ingenieuren dabei. Denn anders
als ein Benziner oder Diesel, die erst bei höheren Drehzahlen ihr volles
Drehmoment entfalten, zieht der E-Motor von Anfang an mit aller Kraft und
garantiert so einen schnellen Start an der Ampel.
Ob Sparsamkeit, starker Antritt und die Tatsache, dass das MCV selbst kein
CO2 ausstößt, reichen, um Kunden trotz des hohen Preises anzuziehen, wird
sich ab 2013 zeigen. Dann will BMW mit seinem Elektroauto auf den Markt
gehen.
Bilder: (c) BMW AG