Tausende Flüchtlinge

Assad-Rede enttäuscht Regimegegner

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Der Präsident sieht die Drahtzieher der Unruhen nach wie vor im Ausland.

Mit vagen Reformversprechen will der syrische Präsident Bashar al-Assad die massiven Proteste gegen sein Regime beenden. In einer mit Spannung erwarteten Rede an der Universität Damaskus kündigte er am Montag Gesetzesänderungen und neue Maßnahmen gegen Korruption an. Zugleich verteufelte Assad die Demonstranten, die seinen Rücktritt fordern. Die Regimegegner zerstörten Eigentum des Volkes und stifteten Chaos. "Sie töten im Namen der Religion", sagte Assad, der zur religiösen Minderheit der Alawiten gehört. Kurz nach der Ansprache Assads kam es erneut in zahlreichen Städten des Landes zu Demonstrationen. Die Europäische Union will noch diese Woche verschärfte Sanktionen gegen das Regime Assads beschließen.

Opposition will Religionskonflikt vermeiden
Die Mehrheit der Syrer und der Demonstranten sind sunnitische Muslime. Bisher ist die Opposition bemüht, den Konflikt nicht in einen Kampf zwischen den verschiedenen Religionsgruppen ausarten zu lassen. Nach Schätzungen von Menschenrechtlern wurden seit Beginn der Pro-Demokratie-Demonstrationen in Syrien mehr als 1.500 Menschen getötet.

Assad behauptete, die Demonstranten seien Extremisten, die sich moderne Waffen und Kommunikationsgeräte beschafft hätten. In der Ortschaft Jisr al-Shoughur hätten sie ein "Massaker" an den Sicherheitskräften verübt. Ein zweites angebliches Blutbad in der Nähe der Stadt Maarat al-Noaman habe die Armee verhindern können.

Assad rief Syrer zur Heimkehr

In der eineinviertelstündigen Ansprache vor einem handverlesenen Publikum rief Assad die mehr als 10.000 Syrer, die vor der Gewalt seiner Sicherheitskräfte in die Türkei geflohen sind, zur Heimkehr auf. Zudem kündigte er eine Reihe von Maßnahmen an, die den "legitimen Forderungen der Bürger" entgegenkommen sollen.

Darunter sind schärfere Gesetze gegen korrupte Staatsdiener, eine Änderung des Wahlgesetzes und des Parteiengesetzes und selbst eine Änderung oder Neuformulierung der Verfassung. Dabei könne auch deren Artikel 8 infrage gestellt werden, der der herrschenden Baath-Partei die Führungsrolle im Staat garantiert und ihre Alleinherrschaft absichert.

Machthaber fordert nationalen Dialog
Assad vermied es jedoch, bei den angedeuteten Reformen konkrete Inhalte oder Fristen zu nennen. Er habe sich in den vergangenen Wochen "mit Bürgern aus allen Lebensbereichen, auch Demonstranten" getroffen, behauptete er. Nun müsse ein "nationaler Dialog" in Gang gesetzt werden. Komitees würden Vorschläge ausarbeiten. Als Präsident müsse er führen, "aber Führung kann die Beteiligung des Volkes nicht ersetzen".

Unklar blieb, wie sich die Menschen im "nationalen Dialog" engagieren sollen, ohne Gefahr zu laufen, wegen freimütiger Äußerungen im Gefängnis zu landen. Die Öffentlichkeit und die Medien werden in Syrien von den Geheimdiensten streng kontrolliert. Die Mauer der Angst und des Schweigens zu durchbrechen, wagen nur die Teilnehmer der weitgehend friedlichen Protesten, auf die das Assad-Regime häufig schießen lässt. Sie fordern Freiheit, Gerechtigkeit und freie Wahlen und zuletzt auch den Rücktritt Assads.

Regimegegner lehnen Angebot ab
Angesichts der Unklarheit der Aussagen zeigten sich Oppositionsvertreter enttäuscht. Es seien keine konkreten Schritte wie beispielsweise der Rückzug der Armee aus den Protest-Hochburgen genannt worden, sagte der Rechtsanwalt Hassan Abdel-Azim. "Der Rückzug der Armee und der Sicherheitskräfte wurde nicht erwähnt, was nicht sehr beruhigend ist und Angst macht vor einer militärischen Lösung."

Die lokalen Koordinationsbüros der Proteste erklärten, die "Revolte" müsse weitergehen. Jeder Dialog sei "nutzlos", wenn er nicht einen Regierungswechsel beinhalte. Die Nichtregierungsorganisation rief in einer AFP vorliegenden Erklärung die Syrer auf, "die Revolte fortzusetzen, bis alle unsere Ziele erfüllt sind". Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten kam es nach Assads Rede unter anderem in der Universitätsstadt Aleppo im Norden, in der zentralsyrischen Protest-Hochburg Homs und im Nordwesten des Landes zu Demonstrationen.

Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten kamen bisher bei der Niederschlagung der Proteste mehr als 1300 Zivilisten und mehr als 340 Sicherheitskräfte ums Leben. Mehr als 10.000 Syrer flohen bisher vor der Gewalt in die benachbarte Türkei.
 

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