Russland brennt

Atom-Gefahr durch Russland-Brände

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Die Waldbrände werden immer gefährlicher und drohen, radioaktive Stoffe aus verstrahltem Boden freizusetzen. Österreicher kamen bisher nicht zu Schaden.

Radioaktive Gefahr, von Flammen bedrohte Munitionsdepots und immer wieder giftiger Smog in Moskau: Die schwersten Waldbrände in Russland seit Jahrzehnten werden für die Menschen immer beängstigender. Die Zahl der Feuertoten stieg nach offiziellen Angaben auf 52. Experten warnen vor einem weiteren Horror-Szenario: Die Brände drohen zunehmend, radioaktive Stoffe aus verstrahltem Boden freizusetzen. Besonders gefährdet sind Gebiete, die bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 verstrahlt wurden.

Keine Österreicher betroffen
Das Außenministerium in Wien erklärte unterdessen, dass es bisher keine Informationen über unmittelbar gefährdete oder zu Schaden gekommene Österreicher in den Krisengebieten gibt. Das Außenamt gab Reisehinweise für Österreicher heraus, die sich in den Krisenregionen aufhalten. Diesen wurde empfohlen, diese Gebiete zu verlassen. Auch wurde davon abgeraten, in die Brandregionen zu reisen. Der Botschaft in Moskau sind rund 500 Auslandsösterreicher bekannt, die sich in Russland aufhalten. Dabei handle es sich zum überwiegenden Teil um Personen, die dort auch ihren Lebensmittelpunkt haben. Die meisten von ihnen leben im Großraum Moskau.

Sterberate dramatisch erhöht
Wegen der weiter andauernden Jahrhunderthitze und des Rauchs von den Torfbränden im Moskauer Umland erhöhte sich die Sterberate dramatisch. Nach Angaben des Moskauer Standesamtes stieg die Zahl der Toten im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat um etwa 50 Prozent auf 14.340. Die Messungen für Luftschadstoffe wie Kohlenmonoxid lagen in Moskau viermal so hoch wie üblich. Es war damit die stärkste bisher verzeichnete Luftverschmutzung in der Hauptstadt. Nach Angaben des Ministeriums für Notlagen loderten am Freitag mehr als 500 Brände.

Ende der Hitze nicht in Sicht
Ein Ende der Dürre und sengend heißen Temperaturen, die vielerorts um die 40 Grad Celsius lagen, war nicht in Sicht. Auf dem Gelände des atomaren Forschungszentrums in Sarow etwa 400 Kilometer östlich von Moskau loderten am Freitag noch zwei Brände. Dort kämpfen Spezialkräfte seit Tagen gegen die radioaktive Gefahr. Trotz des starken Rauchs, der die Löscharbeiten behindere, sei die Lage aber derzeit unter Kontrolle, teilte die Feuerwehr nach Angaben der Agentur Interfax mit.

Zuvor hatte auch Zivilschutzminister Sergej Schoigu davor gewarnt, dass die Brände radioaktiv verseuchten Boden im Gebiet von Brjansk aufwirbeln könnten. Brjansk befindet sich südwestlich von Moskau an der Grenze zu Weißrussland und zur Ukraine. Die Region ist seit der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 besonders stark von Radioaktivität betroffen. Die Stadt mit mehr als 400.000 Einwohnern liegt etwa 300 Kilometer vom ukrainischen Tschernobyl entfernt. Die ukrainischen Behörden bezeichneten die Lage im Gebiet Tschernobyl als derzeit ungefährlich. "Es besteht heute kein Grund zur Beunruhigung", sagte ein Behördensprecher.

Waffen in Sicherheit gebracht
Im Moskauer Umland waren Soldaten weiter damit beschäftigt, ein Übergreifen der Flammen auf Munitionsdepots zu verhindern. Sie brachten Raketen und Artillerie in Sicherheit. Wegen der starken Rauchentwicklung durch die Wald- und Torfbrände im Moskauer Umland war die gesamte russische Hauptstadt erneut in dichten Smog gehüllt. Auf den Moskauer Flughäfen verzögerten sich dutzende Starts und Landungen wegen der schlechten Sicht von unter 300 Metern. Einige Flüge wurden umgeleitet.

Für Russlands Atomwaffen stellten die Waldbrände nach Militärangaben keine Gefahr dar. Die atomaren Raketen und Startanlagen seien so konstruiert, dass sie gegen Blitzschlag, Kurzschluss und Brände gesichert seien, sagte der Sprecher der russischen Raketentruppen, Wadim Kowal. Auch der russische Atomkonzern Rosatom gab an, dass für die zivilen Anlagen wie Kernkraftwerke keine Gefahr durch die Feuersbrunst bestehe.

Russland will seine Kräfte im Kampf gegen die Feuerwalze noch einmal weiter verstärken. Bis Montag will Regierungschef Wladimir Putin einen Plan für eine bessere technische Ausstattung der Feuerwehren und einen intensiveren Brandschutz vorlegen. Inzwischen griff die Feuersbrunst auch auf die russische Teilrepublik Dagestan in der Konfliktregion Nordkaukasus über. Dort vernichteten die Waldbrände in einem Dorf fast 60 Häuser.

Landesweit sind seit Beginn der Brände hunderte Häuser zerstört worden. Hunderte Menschen wurden verletzt, tausende sind auf der Flucht vor den Flammen. Hilfsorganisationen und Beobachter gehen davon aus, dass die Opferzahl und die Schäden größer sind als bisher von den Behörden bekanntgegeben. Die Zeitung "Moskowski Komsomolez" schätzte den Gesamtschaden bisher auf Grundlage von Expertenangaben auf umgerechnet 25 Milliarden Euro. Allein die Schäden durch Ernteeinbußen übersteigen umgerechnet eine Milliarde Euro. Zudem müssen mehr als 200.000 Hektar Wald aufgeforstet werden.

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