Zu Jahresende

Berlins Bürgermeister tritt zurück

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SPD-Politiker Klaus Wowereit stand 13 Jahre an der Spitze Berlins.

In der Berliner SPD wird um die Nachfolge von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit gekämpft. Nach Fraktionschef Raed Saleh warf auch Parteichef Jan Stöß am Dienstagabend seinen Hut in den Ring. Beide wollen sich einem Mitgliederentscheid stellen, der vom Landesvorstand in einer Sondersitzung in die Wege geleitet wurde.

13 Jahre im Amt

Wowereit hatte am Mittag angekündigt, dass er am 11. Dezember nach über 13 Jahren im Amt zurücktreten will. Der 61-jährige SPD-Politiker, dessen Ruf zuletzt wegen des Debakels um den Berliner Großflughafen BER gelitten hat, zog damit auch die Konsequenzen aus innerparteilichen Streitigkeiten. Die mit der SPD regierende CDU bekannte sich zum Fortbestand der Koalition. Reguläre Neuwahlen stehen in Berlin 2016 bevor.

Es habe in den vergangenen Monaten Spekulationen über seine politische Zukunft gegeben, sagte Wowereit, der sich seit längerem dem Vorwurf der Amtsmüdigkeit ausgesetzt sieht. "Ich muss auch eingestehen, dass diese Diskussion auch aus den Reihen meiner eigenen Partei auch mitbefördert worden ist." Diese Diskussion bringe wenig Nutzen für die SPD, dafür aber viel Schaden für die Regierungsarbeit. Er habe den SPD-Landesvorsitzenden aufgefordert, jetzt das Verfahren zur Bestimmung eines Nachfolgers einzuleiten. Denkbar sei auch ein Mitgliederentscheid der Berliner SPD. Er sei bereit, über den 11. Dezember hinaus im Amt zu bleiben, sollte bis dahin noch kein Nachfolger gefunden worden sein.

Berliner CDU will Koalition weiterführen
Die Berliner CDU, die nach Wowereits Worten ebenso wie die SPD-Spitzen erst am Dienstag von dem Amtsverzicht unterrichtet wurde, will die große Koalition fortführen. "Was die Zukunft der Koalition betrifft, sind wir ganz entspannt", sagte CDU-Landeschef und Innensenator Frank Henkel. Es gebe einen gültigen Koalitionsvertrag mit der SPD bis 2016. Er forderte die SPD auf, ihre Führungsfrage schnell zu klären, damit die Regierungsarbeit "durch die Nachfolgedebatte nicht beeinträchtigt wird". Die oppositionellen Grünen und die Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus forderten dagegen Neuwahlen.

SPD-Fraktionschef Saleh kündige Kandidatur an
Saleh erklärte als erster seine Kandidatur für die Nachfolge von Wowereit. Er sei bereit, Verantwortung für seine Heimat Berlin zu übernehmen, sagte Saleh. Auch Parteichef Stöß kündigte seine Kandidatur an. Stöß teilte zudem mit, dass der Landesvorstand auf seinen Vorschlag hin "ein verbindliches Mitgliedervotum" über die Wowereit-Nachfolge beschlossen habe. Als weiterer möglicher Kandidat galt auch Bausenator Michael Müller, der vor zwei Jahren von Stöß aus dem Parteivorsitz verdrängt worden war.

"Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen", sagte Wowereit. "Ich habe jetzt über 40 Jahre lang - davon 30 Jahre lang hauptamtlich - Politik für diese Stadt gemacht." Der mit seinen Gefühlen ringende Wowereit nannte den Tag des Mauerfalls am 9. November 1989 den glücklichsten in seinem politischen Leben.

Flughafen Berlin als "größte Niederlage"
Als eine seiner größten Niederlagen bezeichnete er die verschobene Eröffnung des Berliner Großflughafens BER. "Dies ist eine herbe Niederlage gewesen", sagte Wowereit, dem als Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft Versagen der Kontrolle der Großbaustelle vorgeworfen wurde. Berlin sei schwierig zu regieren, sagte der Regierende Bürgermeister. Dies liege an ihren Strukturen, der Erwartungshaltung und der schieren Größe der Stadt. "Ich liebe diese Stadt so wie sie ist, mit ihren Widersprüchen, mit ihren Vorteilen, mit ihren Nachteilen, mit ihrer Rauheit, mit ihrer Schönheit, und das wird auch so bleiben", bekannte Wowereit.

Wowereit war der erste Spitzenpolitiker, der sich als homosexuell outete. "Ich bin schwul - und das ist auch gut so", rief er 2001 den Delegierten des SPD-Landesparteitages bei seiner Bewerbung für die Spitzenkandidatur in Berlin zu. Das Bekenntnis wurde zum geflügelten Wort, das für eine neue Weltoffenheit und Toleranz gegenüber Minderheiten stand. Auch mit seiner Replik an die Kritiker der chronisch geldknappen Hauptstadt, "Berlin ist arm, aber sexy", erntete Wowereit 2003 bundesweit Schlagzeilen.

CDU-Generalsekretär: "Mein Bedauern hält sich in Grenzen"
Der Chef der Linken-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, würdigte Wowereits "Mut", 2002 eine Koalition mit der Linken zu einem Zeitpunkt eingegangen zu sein, als die politische Bundesebene dies überhaupt noch nicht akzeptiert habe. SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte, Wowereit habe "Großes" für seine Heimatstadt geleistet. Er sei für Berlins Attraktivität insbesondere bei jungen Menschen und Kulturschaffenden aus aller Welt mitverantwortlich. CDU-Generalsekretär Peter Tauber äußerte sich deutlich kühler: "Mein Bedauern hält sich in Grenzen." Wowereit sei zwar eine schillernde Persönlichkeit in der Politik. Zur Bewertung der politischen Leistung blieben zwischen ihm und Wowereit aber sicher Diskrepanzen.
 

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