Illegale Drogen:

Bestandteil der Gesellschaft

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Klassische "harte" Suchtgifte in Europa eher auf dem Rückzug.

Das "Drogenmilieu" - das sind in Europa nicht "die Anderen". Der Konsum von Suchtgiften abseits von Alkohol und Nikotin ist ein Faktor der Gesellschaft. Innerhalb eines Monats haben schätzungsweise zwölf Millionen Europäer Cannabis konsumiert, 1,5 Millionen Menschen Kokain. 1,4 Millionen Menschen haben einen problematischen Opiatkonsum (zumeist Heroin), 700.000 sind in Substitutionstherapie. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA, auch: EBDD) hervor, der Mitte November 2012 präsentiert worden ist. Hier einige Details:

- Heroin ist eher auf dem Rückzug. "(...) Marktindikatoren lassen vermuten, dass Heroin in Europa seit einigen Jahren nicht mehr so leicht verfügbar ist. In einigen Ländern wurde es auch durch andere Substanzen verdrängt, so unter anderem durch synthetische Opioide wie Fentanyl und Buprenorphin (ehemals in Österreich als "erste Wahl" propagierte Substitutionsdroge, Anm.). (...) Indikatoren für den injizierenden Konsum legen nahe, dass auch diese besonders schädliche Konsumform seltener praktiziert wird", hieß es in dem Bericht. Es gebe "in Teilen Europas" Anzeichen, wonach weniger neue Heroinkonsumenten nachkämen. Statistisch 4,2 von 1.000 Menschen haben in Europa problematischen Drogenkonsum. Österreich ist hier in etwa am Durchschnitt.

- Ähnlich wie bei Heroin ist es auch bei Kokain. Die EBDD: "Nachdem sie (die Droge, Anm.) sich ein Jahrzehnt lang wachsender Beliebtheit erfreute, deuten die jüngsten Daten nun auf einen Abwärtstrend hin. Auch die Wahrnehmung der Droge scheint im Wandel begriffen zu sein, denn einigen Studien zufolge verliert Kokain wohl sein Image als Statusdroge."

- Cannabis aus der "Nachbarschaft": "Mit dem Anstieg der Cannabis-Produktion innerhalb der EU wird das importierte Cannabisharz zunehmend durch lokal hergestellte Krautprodukte verdrängt."

Vor allem bei den Stimulanzien - den aufputschenden Substanzen inklusive des Kokains - zeichnet sich folgende Entwicklung ab: "Kokain, Amphetamine, Ecstasy und jetzt manchmal auch synthetische Cathinone können aus der Sicht der Konsumenten gleichwertige und in gewissem Maße austauschbare Produkte darstellen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass - neben Preis und Qualität - auch die Verfügbarkeit die Wahl der Konsumenten beeinflusst, wodurch sich auch die starken Schwankungen auf den heutigen Stimulanzienmärkten erklären lassen."

Kokain und Amphetamin haben sich in Europa vor allem in West- und Nordeuropa etabliert. Hinzu kommen die verschiedensten synthetischen Drogen. Neben Amphetamin machen den Experten vor allem Ecstasy (MDMA/Methamphetamine), analoge Substanzen, die Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB), Ketamin und die ständig neu auftauchenden Abwandlungen dieser Stoffe Sorgen.

Die synthetischen "neuen" Drogen ("Legal Highs", "Research Drugs", "Badesalze" etc.) finden - mit einem heftigen Auf und Ab - immer schneller Verbreitung. Die EBDD: "Zwischen 2005 und 2011 wurden über das europäische Frühwarnsystem offiziell mehr als 164 psychoaktive Substanzen gemeldet. 2011 wurde im dritten Jahr in Folge eine Rekordzahl erstmalig entdeckter Substanzen gemeldet (49), nachdem 2010 41 und 2009 24 neue Substanzen aufgespürt wurden." 2012 waren es schließlich 73.

Im Grunde taucht bereits jede Woche eine neue Substanz auf. Die "Drogenbeobachter": "...wobei China und in geringerem Maße Indien als hauptsächliche Quellländer ausgemacht werden." Dort sind die "Chemie- und Drogenküchen", beheimatet, die den Stoff produzieren. Österreich hat auf die Situation reagiert, indem die Produktion, der Handel und der Import ganzer Wirkstoffklassen ("generisch") verfolgt werden kann.

Positiv: Die Zahl der Drogentoten ist in der jüngsten Vergangenheit von jeweils rund 8.000 in Europa pro Jahr auf etwa 7.000 gesunken. Bei aller Konzentration auf illegale Suchtgifte ist nicht zu vergessen: Die Alkoholproblematik ist in Europa wesentlich gravierender. Alkohol ist laut der Drogenbeobachtungsstelle allein für ein Viertel der derzeit jährlich rund 30.000 Verkehrstoten in der EU verantwortlich.

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