Nach Parlamentswahl

Brennende Autos und Krawalle in Ägypten

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Die Muslimbruderschaft warf der Präsidentenpartei Wahlmanipulation vor.

Nach der Parlamentswahl in Ägypten, bei der die oppositionelle Muslimbruderschaft schwere Verluste erlitten hat, ist es in mehreren Städten des Landes zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Sicherheitskräfte gingen am Montag vereinzelt mit Tränengas gegen die Demonstranten vor, die wiederum Autos, Reifen und mehrere Wahllokale in Brand gesetzt hatten.

Fünf Verletzte, 30 Verhaftungen
In Luxor gab es bei den Zusammenstößen fünf Verletzte, 30 Personen wurden festgenommen. Die regierende Nationaldemokratische Partei (NDP) gab indirekt der fundamentalistischen Muslimbruderschaft die Schuld.

Menschenrechtsgruppen: Wahlen manipuliert
Die Muslimbruderschaft und die liberale Partei Al-Wafd warfen der NDP von Staatspräsident Hosni Mubarak vor, sie habe die Wahl massiv manipuliert. Diese Einschätzung teilten örtliche und internationale Menschenrechtsgruppen, die mangelnde Transparenz und Betrug beklagten.

Die Muslimbruderschaft und die Wafd erklärten, sie würden wohl nur einen sehr geringen Anteil der Parlamentssitze zugesprochen bekommen. Bei der letzte Wahl 2005 hatte die Muslimbruderschaft überraschend 20 Prozent der Sitze errungen. In den vergangenen Wochen waren Sicherheitskräfte jedoch scharf gegen die verbotene Organisation vorgegangen, sodass dieses Mal mit einem deutlich schwächeren Abschneiden gerechnet wurde.

Muslimbruderschaft hat noch keinen Sitz gewonnen
Ein Sprecher der Muslimbruderschaft, Abdel Galil al-Sharnubi, erklärte, bisher habe keiner der 130 Kandidaten der Organisation, die als Unabhängige antraten, einen Sitz gewonnen. Sie seien entweder der NDP unterlegen oder müssten sich einer Stichwahl stellen. Auch die Wafd erklärte, sie habe noch keinen Sitz gewonnen. Einigen Kandidaten sei jedoch der Sprung in die Stichwahl gelungen. Mit offiziellen Ergebnissen wurde am (morgigen) Dienstag gerechnet.

Wahlbeteiligung zwischen zehn und 15 Prozent
Menschenrechtsorganisationen schätzten, dass die Wahlbeteiligung dieses Mal nur zwischen zehn und 15 Prozent lag. 2005 waren es noch 25 Prozent gewesen. Die Organisationen kritisierten, dass Vertretern der Opposition und Unabhängigen kein Zugang zu den Wahllokalen gewährt worden sei.

Muslimbruderschaft: "Nein zum Betrug"
Bereits am Sonntagabend hatten sich angesichts massiver Betrugsvorwürfe Hunderte Menschen bei Protesten Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. In der Hafenstadt Alexandria demonstrierten bereits am Sonntagabend nach Schließung der Wahllokale rund 800 Anhänger der Muslimbruderschaft vor einer Polizeiwache, die als zentrale Auszählstelle diente, und riefen "Nein zum Betrug". Hunderte Sicherheitskräfte waren im Einsatz, es kam zu kleineren Handgemengen. In Kairo marschierten mehrere hundert Demonstranten zu einer Auszählstation und wurden von einem Aufgebot an Sicherheitskräften gestoppt.

Anhänger von Muslimbruderschaft durften nicht wählen
Anhängern der Muslimbruderschaft wurden Augenzeugen zufolge am Sonntag teilweise der Zugang zu den Wahllokalen verwehrt. Außerdem seien Urnen manipuliert worden, hieß es in Berichten. Ein Wähler erklärte, niemand gebe seine Stimme ab, ohne im Gegenzug dafür bezahlt zu werden. Die Überwachung der Abstimmung durch internationale Wahlbeobachter hatte die ägyptische Regierung abgelehnt. Die Internetseite der Muslimbruderschaft wurde vor der Wahl zeitweise blockiert.

Auf einer Pressekonferenz nach Schließung der Wahllokale äußerte sich der Sprecher der Wahlkommission nicht zu den Betrugsvorwürfen. Sie seien einen Kommentar nicht wert, erklärte Sameh al-Kashef. "Die Ägypter haben heute von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht", sagte er.

Beobachter werteten das harte Vorgehen gegen die Opposition als Zeichen von Nervosität innerhalb der regierenden NDP. Der 82-jährige Mubarak hat bisher noch nicht erklärt, ob er bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr erneut kandidieren wird. In Ägypten kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Protesten gegen hohe Lebensmittelpreise, niedrige Löhne und Arbeitslosigkeit.

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