EuGH-Präsident:

Brexit dürfte vor Europäischem Gerichtshof landen

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Der Ausstieg der Briten aus der EU dürfte ein Fall für den Gerichtshof werden.

Der Brexit wird wohl auch auf europäischer Seite die Gerichte geschäftigen. Es sei wahrscheinlich, dass im Austrittsprozess auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasst wird, sagte EuGH-Präsident Koen Lenaerts am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Letztlich könnte der EuGH den britischen Austrittsvertrag auch einseitig ergänzen, wenn er dies als erforderlich ansieht.

   Zwar sei unmöglich zu sagen, in welcher Form sich das EU-Höchstgericht zum Brexit werde äußern müssen, sagte der belgische Jurist. "Aber es wird wahrscheinlich, irgendwann, auf die Verfahrensliste des Gerichts kommen, nicht wegen des Gerichts, sondern weil Parteien den Fall vorbringen werden."

   Der Europäische Gerichtshof wacht über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts. Mit dem EU-Vertrag von Lissabon ist erstmals explizit die Möglichkeit geschaffen worden, dass ein Mitgliedsstaat aus der Union austritt. Wie der Austritt angesichts der engen Verflechtung der EU-Staaten konkret ablaufen kann, ohne betroffenen Unternehmern, Bürgern oder auch Staaten aussichtsreiche Klagsmöglichkeiten zu eröffnen, ist völlig unklar.

   Lenaerts schloss nicht aus, dass der EuGH letztlich sogar in den Deal zwischen Großbritannien und den restlichen 27 EU-Staaten eingreifen könnte. Er verwies auf eine zwei Jahrzehnte alte EuGH-Entscheidung, mit der ein Handelsabkommen der EU mit lateinamerikanischen Staaten über den Import von Bananen verändert worden sei. Ob das auch beim Brexit der Fall sein werde, sei "pure Spekulation", fügte der EuGH-Präsident hinzu.

   Die britische Regierung will am Donnerstag in einem "Weißbuch" ihre konkrete Brexit-Strategie vorstellen. Bis März möchte London die EU-Staaten förmlich von der Austrittsabsicht informieren. Dann beginnt eine zweijährige Frist bis zum Austritt zu laufen. Die britische Premierministerin Theresa May sieht sich dabei auch mit innenpolitischen Hürden konfrontiert, muss doch einer Entscheidung des Londoner Obersten Gerichts zufolge das - von EU-Befürwortern dominierte - Unterhaus dem Brexit zustimmen.
 

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