Türkei-Hilfen

Deutsche Sozialisten wollen jetzt Erdogan retten

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Nahles brachte deutsche Hilfe für Türkei ins Gespräch.

SPD-Chefin Andrea Nahles hat deutsche Hilfe für die wirtschaftlich in Bedrängnis geratene Türkei ins Gespräch gebracht und damit Widerspruch hervorgerufen. "Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss - unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen mit Präsident (Recep Tayyip) Erdogan", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

"Die Türkei ist ein NATO-Partner, der uns nicht egal sein kann. Es ist in unser aller Interesse, dass die Türkei wirtschaftlich stabil bleibt und die Währungsturbulenzen eingedämmt werden."

Die deutschen Grünen warnten jedoch vor "Blankochecks" für die Türkei. "Finanzielle Hilfe kann es nur unter der Bedingung der Rückkehr des Landes zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geben", sagte die Vorsitzende Annalena Baerbock dem Berliner "Tagesspiegel" (Montag-Ausgabe).

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) lehnte deutsche Hilfen generell ab. "Sie sind weder notwendig noch ratsam", sagte er dem "Münchner Merkur" (Montag-Ausgabe). Der Internationale Währungsfonds (IWF) verfüge über die nötige Erfahrung und das Instrumentarium, um Ländern in Zahlungsschwierigkeiten zu helfen. "Wenn die Türkei aus politischen Gründen eine Abhängigkeit vom IWF ablehnt, sollte weder die EU noch Deutschland mit bilateralen Hilfen einspringen."
 
Im Streit um einen in der Türkei unter Hausarrest gestellten US-Pastor haben die USA Wirtschaftssanktionen gegen den NATO-Partner verhängt. Das hat die wirtschaftliche ohnehin schwächelnde Türkei in Währungsturbulenzen gestürzt. Laut dem Magazin "Der Spiegel" soll der deutsche Finanzminister Olaf Scholz die türkische Regierung in einem Telefonat gedrängt haben, ein IWF-Hilfsprogramm zu akzeptieren.

"Türkei-Hilfen sind nicht Aufgabe Deutschlands"

EU-Budgetkommissar Günther Oettinger hat die Aufhebung der Ausreisesperre der wegen Terrorvorwürfen in der Türkei angeklagten deutschen Journalistin Mesale Tolu begrüßt. "Jede Freilassung von Inhaftierten (in Ländern), bei denen der Rechtsstaat meines Erachtens nicht voll funktioniert, ist ein guter Schritt", sagte der CDU-Politiker am Montag vor Gremiensitzungen seiner Partei in Berlin.
 
Zugleich äußerte er sich ablehnend zu deutschen Finanzhilfen für die angeschlagene Türkei. Es sei nicht die Aufgabe Deutschlands, der Türkei unter die Arme zu greifen, sagte Oettinger. "Das ist die Aufgabe - wenn - des Währungsfonds, des IWF, der ist dafür da. Und ich glaube, zu allererst ist Handlungsbedarf in Ankara. Nicht in Berlin und nicht in Brüssel."
 
Zugleich warnte der EU-Kommissar davor, Ankara zu isolieren. Die Türkei sei ein Nachbar Europas, in vielen Fragen auch ein Partner. "Und bei einigen Themen auch ein Nachbar, der uns Sorgen bereitet." Das Land sei aber unverändert NATO-Mitglied und Kandidat, in einer fernen Zukunft Mitglied der EU zu werden. "Deswegen halte ich von Isolierungen relativ wenig", sagte Oettinger.
 
Der Solidaritätskreis "Freiheit für Mesale Tolu" hatte Montag früh mitgeteilt, ein Gericht habe die Ausreisesperre gegen Tolu aufgehoben. Der Prozess gehe aber weiter. Mesale Tolu selbst bestätigte die Mitteilung via Twitter.
 
SPD-Chefin Andrea Nahles hatte in einem Zeitungsinterview am Wochenende erklärt, Deutschland müsse die Türkei unter Umständen unterstützen. Das Land sei ein NATO-Partner, der Deutschland und Europa nicht egal sein könne. Politiker von CDU und FDP lehnen finanzielle Hilfen aber ab. Erdogan besucht Ende September Deutschland. Im Vorfeld werden die Finanz- und Wirtschaftsminister beider Länder zusammentreffen.
 
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