Alle gegen die Kanzlerin

EU-Gipfel: Merkel sucht Notlösung im Asylstreit

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Kurz will "wesentliche Fortschritte" bis zum EU-Gipfel am 20. September in Salzburg. Heute soll es keine Ergebnisse geben.

 Der auf Wunsch Berlins eilig einberufene EU-Asylgipfel mit 16 von 28 EU-Staaten dürfte am Sonntag keine konkreten Beschlüsse zur europäischen Migrationspolitik bringen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die innenpolitisch unter Druck steht, sagte am Sonntag in Brüssel, das Treffen diene einer ersten Beratung, sei aber für bi- und trilaterale Absprachen der Staaten in den nächsten Tagen wichtig.

"Wir wissen, dass wir auf dem Europäischen Rat leider noch keine Gesamtlösungen bekommen werden", sagte Merkel bei ihrer Ankunft im Barlaymont-Gebäude - dem Sitz der EU-Kommission - im Hinblick auf den regulären EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag in Brüssel. Bei dem "Arbeitstreffen" am Sonntag gehe es nur um eine erste Beratung.

 Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erwartet spätestens bis zum EU-Gipfel unter Österreichs EU-Ratspräsidentschaft am 20. September in Salzburg "wesentliche Fortschritte" in der europäischen Migrationspolitik. Der EU-Asylgipfel in Brüssel werde hingegen noch keine Beschlüsse und Ergebnisse liefern, betonte auch er.
 

Es geht nicht um politisches Überleben Merkels

Mehrere Teilnehmer wandten sich gegen Spekulationen, dass es um das politische Überleben Merkels gehe. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte ja angedroht, notfalls im Alleingang Migranten an der deutschen Grenze abweisen zu wollen, wenn es keine europäische Lösung gebe. "Es geht hier nicht um das Überleben einer Kanzlerin", sagte der luxemburgische Premier Xavier Bettel.

Ähnlich Österreichs Kanzler Kurz: "Es geht heute nicht um den innerdeutschen Streit, ich wünsche mir natürlich als Nachbarland, dass es in Deutschland gelingt, eine gemeinsame Linie in der Regierung zu finden, aber um das geht es heute nicht, sondern es geht darum, was können wir auf europäischer Ebene tun, was können wir tun, um eine europäische Lösung möglich zu machen", so Kurz. Österreich wolle dabei gerne "Brückenbauer" sein.

 Ich bin da eigentlich sehr positiv gestimmt", sagte der Kanzler. Man sollte nun den Fokus auf die Gemeinsamkeiten in der Asylpolitik richten, "wo man an einem Strang ziehen kann. Das ist meiner Meinung nach der Außengrenzschutz und die Stärkung von Frontex." Kurz ließ auch Kritik an der Rolle der EU-Kommission anklingen. "Beschlüsse werden im Rat gefasst, wo alle am Tisch sitzen. Ich glaube, wir sollten auch nicht dazu übergehen, in der Europäischen Union Beschlüsse zu fassen, ohne dass alle 28 eingebunden sind, denn das schafft böses Blut." Die Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei hatten das informelle Treffen einzelner EU-Staaten aus diesem Grund boykottiert.
 

Italien will "radikalen Wandel"

Italien, derzeit härtester Gegenspieler Deutschlands, drängt im Migrationsstreit unterdessen auf einen "radikalen Wandel" in der Asylpolitik. Die Dublin-Regelung, wonach Migranten in dem Land einen Asylantrag stellen müssen, in dem sie zuerst EU-Boden betreten haben, müsse komplett überwunden werden, sagte Regierungschef Giuseppe Conte vor dem Sondertreffen in Brüssel. Conte kündigte einen entsprechenden Vorschlag Italiens an.

Der maltesische Regierungschef Josef Muscat bezeichnete die Migrationsfrage als "extrem prekär". Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte, dass die illegale Migration reduziert werden müsse, gleichzeitig unterstrich er, dass dabei die Menschenrechte zu achten seien. Macron verwies auf die Werte der EU.
 

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