Belgien-Wahl

Erdrutschsieg für flämische Separatisten

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Das Votum vergrößert die Kluft zwischen beiden Volksgruppen.

Bei den als "schicksalshaft" für die Zukunft des Landes geltenden Parlamentswahlen in Belgien haben die Separatisten in Flandern nach ersten Teilergebnissen einen historischen Sieg verbucht. Die nationalistische Neue Flämische Allianz (N-VA) von Bart de Wever, die für die schrittweise Auflösung Belgiens eintritt, kommt nach Hochrechnungen auf Basis von offiziellen Auszählungsergebnissen von etwa einem Fünftel der 6.153 Wahllokale in Flandern auf 30,3 Prozent, wie die Online-Ausgabe der Zeitung "De Standaard" und der Sender VRT meldeten.

"Ein echtes Wahl-Erdbeben"
Demnach liegen die Christdemokraten von Ministerpräsident Yves Leterme weit abgeschlagen dahinter mit rund 18 Prozent. In der frankophonen Wallonie sahen erste Teilergebnisse die Sozialisten mit rund 30 Prozent voran. "Das ist ein echtes Wahl-Erdbeben", sagte der frühere belgische Premierminister und flämische Christdemokrat Mark Eyskens.

Die flämischen Christdemokraten (CD&V) von Ministerpräsident Yves Leterme verlieren ihren Spitzenplatz an die N-VA. Beide Parteien waren bei den vorangegangenen Wahlen im Jahr 2007 noch als Allianz angetreten. Die N-VA hatte sich aber im Zuge des Streits zwischen Flamen und Wallonen um eine Staatsreform von den Christdemokraten losgesagt. De Wever forderte im Wahlkampf weitgehende Autonomie der Regionen und einen Stopp der Transferzahlungen zwischen den flämischen Norden und dem wallonischen Süden, die nach verschiedenen Schätzungen rund 7 bis 10 Milliarden Euro im Jahr ausmachen. Er versicherte jedoch, die N-VA wolle "nicht über Nacht die Unabhängigkeit Flanderns ausrufen".

Verluste für CD&V
Nach den ersten Teilergebnissen kommt die CD&V auf rund 18 Prozent und büßt etwa mehr als ein Drittel ihrer Stimmen gegenüber 2007 ein. Auf dem drittem Platz liegen nach ersten Ergebnissen die Sozialisten (s.pa) mit (15 Prozent), die ebenso wie die Liberalen (open VLD) mit 13 Prozent Verluste hinnehmen müssen. Stark verlieren der rechtsextreme Vlaams Belang, der nur mehr auf 12 Prozent kommt und 7 Punkte einbüßt, sowie die rechtspopulistische Liste Dedecker, die den Wiedereinzug ins Parlament nicht schafft. Die flämischen Grünen können ihr Ergebnis mit rund 6 Prozent gegenüber 2007 halten.

In der frankophonen Wallonie liegen laut einer Exit-Poll des Senders RTL-TVi die Sozialisten von Elio Di Rupo mit rund 33 Prozent der Stimmen vor den Liberalen von Finanzminister Didier Reynders, die nach starken Verlusten nur noch auf rund 21 Prozent kommen. Die frankophonen Christdemokraten (cdH) kommen nach der exit-poll auf 14,7 Prozent und liefern sich mit den Grünen (14,7 Prozent) ein Rennen um den dritten Platz. In der Hauptstadtregion Brüssel dürften die Liberalen mit rund 25 Prozent laut der Umfrage von RTL-TVi ihren Spitzenplatz verteidigen.

Kluft vergrößert
Das Votum vergrößert die Kluft zwischen beiden Volksgruppen. Beobachter rechneten mit einer schwierigen Regierungsbildung, da erwartet wird, dass die N-VA nunmehr in eine Regierung eingebunden werden müsse. Letermes Fünf-Parteien-Koalition mit flämischen und wallonischen Christdemokraten und Liberalen und frankophonen Sozialisten war im April am Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen gescheitert. Im Zentrum dabei steht eine Reform des Wahlkreises Brüssel-Halle-Vilvoorde, in der es um die Rechte von etwa 150.000 Frankophonen geht, die in den flämischen Gemeinden im Umland der Hauptstadt Brüssel leben.

Di Rupo gilt als möglicher Anwärter für den Posten des Ministerpräsidenten, vor allem wenn sich bestätigt, dass die sozialistische Parteienfamilie als stärkste aus dem Urnengang hervorgeht. Die N-VA hat keine "Schwesterpartei" in der Wallonie, daher gilt es auch als unwahrscheinlich, dass De Wever von König Albert II. mit der Regierungsbildung beauftragt wird.

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