Wegen Amtsmissbrauch

Ermittlungen gegen Mazedoniens Ex-Premier Gruevski

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Sonderstaatsanwalt sieht Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung und Geldwäsche.

Der frühere mazedonische Ministerpräsident und Chef der nationalkonservativen Partei VMRO-DPMNE, Nikola Gruevski, ist ins Visier der Justiz gekommen. Wie die zuständige Sonderstaatsanwaltschaft am Montag in Skopje mitteilte, steht Gruevski unter Verdacht, zwischen 2009 und 2015 für illegale Parteienfinanzierung in der Höhe von 4,9 Millionen Euro verantwortlich zu sein.

   Es würden Ermittlungen wegen Geldwäsche geführt, teilten Vertreter der Staatsanwaltschaft auf einer Pressekonferenz mit. Gruevski wird demnach des Amtsmissbrauches verdächtigt. Er habe die Geldmittel zur Festigung seiner Machtposition in der VMRO-DPMNE und zur persönlichen Bereicherung genutzt, hieß es.

   Die Sonderstaatsanwaltschaft hatte seit ihrer Bildung im September 2015 drei Anklagen erhoben. Bisher leitete sie 18 Ermittlungen ein. Die Behörde wurde mit der Zustimmung der führenden Kräfte im damaligen Parlament geschaffen, um mehrere Affären zu untersuchen, in die hochrangige Politiker des damaligen Regierungsbündnisses um die VMRO-DPMNE verwickelt sein sollen.

   Chefanklägerin Katica Janeva rief am Montag die Mehrheitsfraktionen im neuen Parlament und die Sozialdemokraten (SDSM) auf, das Mandat der Sonderstaatsanwaltschaft, das ursprünglich auf 18 Monate beschränkt war, zu verlängern.

   Mazedonien steckt seit der Parlamentswahl April 2014 in einer tiefen politischen Krise. Der SDSM hatte den damaligen Wahlsieger, die VMRO-DPMNE, die seit 2006 an der Macht war, damals der Wahlmanipulation mit Wählerverzeichnissen beschuldigt, in denen sich Hunderttausende Karteileichen befunden haben sollen. Die Krise spitzte sich 2015 durch das Auftauchen zahlreicher Affären weiter zu. Die oppositionellen Sozialdemokraten machten Regierungschef Gruevski für Wahlfälschungen, Korruption, eine Massen-Abhöraffäre und die Gängelung der Medien verantwortlich.

   Zuletzt spitze sich die Lage nach den vorgezogenen Parlamentswahlen im Dezember zu. Die Nationalkonservativen wurden zwar wieder stärkste Partei, fanden aber keine Koalitionspartner mehr. Der SDSM von Zoran Zaev schmiedete mit Parteien der albanischen Volksgruppe eine Parlamentsmehrheit, der den Nationalkonservativen nahestehende Staatspräsident Gjorgje Ivanov verweigerte Zeav aber zunächst den Auftrag zur Regierungsbildung. Als die neue Parlamentsmehrheit den Albaner Talal Xhaferi von der Demokratischen Integrationsunion (DUI) - davor Regierungspartnerin Gruevskis - zum neuen Parlamentspräsidenten wählte, stürmten Anhänger der VMRO-DPMNE das Parlament. Gut 100 Personen wurden verletzt, darunter acht Abgeordnete. Ivanov lenkte vorige Woche ein und erteilte Zaev schließlich doch den Regierungsauftrag.

   Ohne Immunität und Einflussmöglichkeiten müssen Gruevski und seine engsten Mitarbeiter Gefängnis fürchten. Ihnen wird auch von einer Sonderstaatsanwaltschaft schwere Kriminalität, Korruption, die Bespitzelung Zehntausender unbescholtener Bürger und die Gängelung von Medien und Justiz vorgeworfen.
 

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