Neuanfang missglückt

Ernüchterung nach Wahlen im Kosovo

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Im Kosovo dürfte nach der Wahl alles beim alten bleiben.

Die Parlamentswahlen im Kosovo sollten einen Neuanfang markieren. Zwei neue Parteien, FER ("Frischer Wind") und Vetevendosje ("Selbstbestimmung"), die vor allem die jungen Wähler angesprochen hatten, sollten die alten politischen und ideologischen Gräben überwinden. Endlich sollten die schweren wirtschaftlichen und sozialen Probleme angepackt werden. Den Kampf gegen die grassierende Korruption hatten die beiden Neuen ganz oben auf ihrer Themenliste.

Niedrige Wahlbeteiligung als Zeichen für Resignation
Doch diese auch im Ausland gehegten Hoffnungen sind allem Anschein nach zerstoben. FER schaffte nach ersten Angaben nicht den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Vetevendosje wurde zwar drittstärkste politische Kraft, doch wegen ihrer nationalistischen großalbanischen Positionen will niemand mit ihr eine Regierung bilden. Dass sich bei den Wählern fast drei Jahre nach der Unabhängigkeit Resignation breitmacht, zeigt auch die niedrige Wahlbeteiligung: Nicht einmal jeder Zweite der 1,6 Mio. Wahlberechtigten hat seine Stimme abgegeben.

Spekulationen um Wahlfälschung
Die staatliche Wahlkommission hat auch 20 Stunden nach Schließung der Wahllokale nicht einmal das kleinste Resultat vorgelegt. Sie hat damit vielen Spekulationen Auftrieb gegeben, die Wahlfälschungen im großen Stil unterstellten. Jedenfalls haben die Wahlverlierer massenhaften Betrug behauptet und wollen die Ergebnisse nicht anerkennen. Westliche Diplomaten verwiesen am Montag in Pristina auf das Nachbarland Albanien, wo die Opposition seit langem das Parlament boykottiert, weil es den Wahlsieg der Regierungspartei wegen behaupteter Manipulationen nicht anerkennt.

Internationale Beobachter: Wahl lief rechtens ab
Die Parlamentswahl im Kosovo am Sonntag ist nach Meinung einer Beobachterdelegation von ENEMO (European Network of Election Monitoring Organizations) auf "vorgeschriebene Weise und im Einklang mit vielen internationalen Normen" verlaufen, wenngleich verfahrensmäßige Mängel festgestellt wurden. Den Behörden sei es im Großen und Ganzen gelungen, alle technischen Probleme trotz kurzen Zeitrahmens und ungünstiger Witterungsverhältnisse zu lösen und die unerlässlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Wahl zu schaffen, stellten die Beobachter in einer am Montag veröffentlichten vorläufigen Analyse fest.

Regierungsbildung
Nach der Wahl zeichnet sich nun folgendes Szenario zur Regierungsbildung ab: Der mit rund 30 Prozent siegreichen PDK von Regierungschef Hashim Thaci steht die AKR des Unternehmers Behgjet Pacolli am nächsten. Der umstrittene Besitzer des Schweizer Mabetex-Baukonzerns hatte schon früher von Thaci lukrative Projekte zugeschustert bekommen. Ihm werden von den Statistikern etwa sieben Prozent der Stimmen vorausgesagt. Thaci will nach früheren Äußerungen auch die Minderheiten an der Regierung beteiligen, für die laut Verfassung 15 Prozent der 120 Sitze im Parlament reserviert sind.

Diese Mehrheit dürfte den bisherigen Kurs fortsetzen. Doch ein politischer Sprengsatz wäre auch hier schon eingebaut: Die neue Regierung muss einen von Brüssel vermittelten Dialog mit der Republik Serbien aufnehmen. Und da die serbische Minderheit im Kosovo die Positionen Belgrads statt die Pristinas vertritt, ist Streit vorprogrammiert.

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