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34 zu 33 Mandate

Exit Polls: Israel-Wahl wird zum Kopf an Kopf Rennen

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Langjähriger Premier kämpft um sein politisches Überleben.

Jerusalem. Enges Rennen bei der Parlamentswahl in Israel: Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und sein Herausforderer Benny Gantz liegen beim Wahlergebnis fast gleichauf, wie drei Prognosen von israelischen Fernsehsendern am Dienstagabend nach Schließung der Wahllokale ergaben.

Demnach käme der rechtsgerichtete Likud von Netanyahu auf 31 bis 33 Parlamentssitze, die Mitte-Rechts-Liste Blau-Weiß von Ex-Generalstabschef Gantz auf 32 bis 34 der 120 Sitze in der Knesset. Bereits im Vorfeld der Wahl war mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden gerechnet worden.

Das rechte Lager mit Netanyahus konservativem Likud, der Yamina-Partei von Ex-Justizministerin Ayelet Shaked und den strengreligiösen Parteien kam auf 54 bis 57 Mandate. Die rechtsextreme Ozma Yehudit (Jüdische Kraft) scheiterte an der Sperrklausel von 3,25 Prozent. Das Mitte-Links-Lager mit Gantz' Bündnis Blau-Weiß, der Arbeitspartei, der Demokratischen Union und den arabischen Parteien erhielt 54 bis 58 Mandate.

 

Ultrarechte Partei erhielt 10 Mandate 

Die ultrarechte Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) von Netanyahus Rivalen Avigdor Lieberman erhielt acht bis zehn Mandate und ist damit wie erwartet der Königmacher. Lieberman hatte Netanyahu nach einer Wahl im April seine Unterstützung verweigert. Deshalb war es dem Regierungschef trotz einer Mehrheit des rechts-religiösen Lagers nicht gelungen, erneut eine Regierung zu bilden
 
Für Netanyahu, der mit insgesamt gut 13 Jahren an der Regierungsspitze der am längsten amtierende Ministerpräsident Israels ist, geht es um seinen Machterhalt. Sollte sich das Ergebnis der Wählerbefragungen bestätigen, dürften ihn die neuerlichen Wahlen diesem Ziel nicht näher gebracht haben. Hinzu kommt, dass Netanyahu eine Anklage wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs droht.
 
Nach der Wahl im April hatte Netanyahu, der eine Koalition mit mehreren kleineren rechtsgerichteten und religiösen Parteien angestrebt hatte, kein Regierungsbündnis zustande gebracht.
 
Gantz, der in gesellschaftlichen Fragen liberaler als Netanjahu ist, nicht aber in der Sicherheitspolitik, strebt nach eigenen Angaben eine Regierung der Einheit an, die von einer Mehrzahl der Israelis unterstützt wird.
 

Neuer Ministerpräsident? 

Beobachter sehen daher die Möglichkeit, dass Staatspräsident Reuven Rivlin bei einem Patt diesmal nicht wieder Netanyahu, sondern Gantz mit der Regierungsbildung beauftragen könnte. Rivlin will sich nach der Wahl zunächst von allen Fraktionen Empfehlungen für das Amt des Ministerpräsidenten einholen.
 
Wer danach die größten Chancen für die Bildung einer Regierungskoalition hat, erhält dafür zunächst vier Wochen Zeit. Üblicherweise erhält den Auftrag der Vorsitzende der Fraktion mit den meisten Stimmen. Mit einer neuen Regierung wird frühestens Ende Oktober gerechnet.
 
Die Wahlbeteiligung war höher als vor einem halben Jahr und lag bis 19.00 Uhr MESZ nach Angaben des Zentralen Wahlkomitees bei 63,7 Prozent. Das sind 2,4 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl im April zur selben Uhrzeit. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung beim letzten Mal bei rund 68 Prozent.
 

Netanyahu ging von knappem Rennen aus

Netanyahu hatte bei der Stimmabgabe in Jerusalem vor einem knappen Ausgang für seine Likud-Partei gewarnt. Er schrieb bei Twitter von einer hohen Wahlbeteiligung in den "Hochburgen der Linken". Likud-Anhänger müssten sofort wählen gehen, "oder wir bekommen eine linke Regierung mit den arabischen Parteien". Auch bei vergangenen Wahlen hatte Netanyahu mit anti-arabischer Stimmungsmache seine Wählerschaft mobilisiert.
 
Sein Herausforderer Gantz sagte in einem Wahllokal bei Tel Aviv: "Heute stimmen wir für eine Veränderung. Wir werden Hoffnung bringen, alle gemeinsam, ohne Korruption und ohne Extremismus."
 
Lieberman hatte sich im Wahlkampf für eine Große Koalition von Likud, Gantz' Blau-Weiß und seiner eigenen Partei, ohne die strengreligiösen Parteien stark gemacht. Gantz ist dazu aber nur bereit, wenn Netanyahu nicht wieder Regierungschef wird.
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