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Saudi-Arabien

Frauen dürfen erstmals wählen

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Das ultrakonservative Königreich öffnet sich erstmals vorsichtig.

In Saudi-Arabien haben Frauen am Samstag erstmals in der Geschichte des Landes an einer Wahl teilnehmen dürfen. In einem vorsichtigen Schritt zur Öffnung des ultrakonservativen Königreichs wurden zur Kommunalwahl Frauen als Wählerinnen und Kandidatinnen zugelassen.

Saudi-Arabien war das letzte Land der Welt, in dem das Wahlrecht allein Männern vorbehalten war. Dass Frauen in dem sunnitischen Königreich tatsächlich in einen Gemeinderat gewählt werden, gilt aber als unwahrscheinlich.

"Nun haben Frauen eine Stimme", sagte die Wählerin Awatef Marsuk in der Hauptstadt Riad. "Ich habe geweint. Es ist etwas, das wir sonst nur im Fernsehen in anderen Ländern gesehen haben." Allerdings sagte Marsuk, sie habe einen Mann gewählt, da sie seine Ideen zu Kindergärten gut finde. Viele der verschleierten Frauen wurden von ihren Ehemännern, Vätern oder Brüdern zu den Wahllokalen gefahren, da sie nicht selber Autofahren dürfen.

Mohammed al-Shammari, der seine Tochter mit dem Auto brachte, sagte, er habe sie zu wählen ermutigt. "Wir wollen diese Barriere durchbrechen", sagte al-Shammari. "Solange sie ihren eigenen Platz kennt und es keine Durchmischung mit Männern gibt, warum sie vom Wählen abhalten? Wir unterstützen alles, das nicht gegen die Scharia verstößt", sagte er mit Bezug auf die islamische Rechtsordnung.

"Ich habe für einen Mann gestimmt, weil es mir an Informationen über die Frauen fehlt", sagte der 78-jährige Ahmed Sulaibi. Er betonte aber, er habe "keinerlei Vorbehalte" gegen die Teilnahme von Frauen, die sich "voll" an der Gesellschaft beteiligen können sollten. Viele Wähler sagten, entscheidend für ihre Wahl sei nicht das Geschlecht, sondern die Stammeszugehörigkeit der Kandidaten.

Die nach Männern und Frauen getrennten Wahllokale öffneten am morgen für neun Stunden. Landesweit bewarben sich rund 6000 Männer und 900 Frauen um die Sitze in den 284 Gemeinderäten. Die Befugnisse der Kommunalvertretungen sind weitgehend auf Straßenbau, öffentliche Anlagen und Müllabfuhr beschränkt. Es sind die einzigen Versammlungen in dem Königreich, die zu zwei Dritteln vom Volk gewählt werden. Das letzte Drittel wird von der Regierung ernannt.

In die Wählerlisten schrieben sich nach amtlichen Angaben nur 119.000 Frauen ein, etwa zehn Mal weniger als Männer. Nach Angaben von Frauen wurde die Registrierung für die Wahl dadurch erschwert, dass sie nicht selber Autofahren dürfen. Wegen der strengen Geschlechtertrennung durften Kandidatinnen im Wahlkampf zudem nur Frauen treffen. Die 57-jährige Kandidatin Aljasi al-Hossaini sagte, sie habe daher vor allem über das Internet Wahlkampf betrieben.

Die Kandidatin Amal Badreldin al-Sawari begrüßte trotz der Einschränkungen die Zulassung der Frauen als wichtigen Schritt. "Ich denke, dass diese Etappe effizient sein wird und sehr positiv", sagte die 60-jährige Ärztin, die in Riad kandidierte. Allerdings schätzte sie die Wahrscheinlichkeit als gering ein, tatsächlich einen Sitz zu erobern. "Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich trete nicht an, um zu gewinnen. Ich denke, ich gewinne, indem ich antrete."

In Saudi-Arabien, in dem eine strenge Auslegung des islamischen Gesetzes der Scharia gilt, unterliegen Frauen zahlreichen Einschränkungen. So dürfen sie ohne Zustimmung eines männlichen Verwandten weder arbeiten, noch reisen oder heiraten. Das ölreiche Königreich, das von der Familie al-Saud beherrscht wird, steht wegen der Einschränkung der Freiheiten, der Unterdrückung der Opposition und der Verletzung der Menschenrechte seit langem in der Kritik.

 

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