Joshua Sobol

Gaza-Drama: Sieger ist die Dummheit

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Der israelische Dramatiker Joshua Sobol zum Schiffsdrama vor Gaza.

Joshua Sobol ist israelischer Dramatiker und lebt in Tel Aviv. Von ihm stammen so berühmte Stücke wie „Alma“, das Paulus Manker auch heuer wieder in Wien aufführt, und „Weiningers Nacht“. Hier sein Kommentar zum Schiffs-Drama vor Gaza.

Mit wem soll ich solidarisch sein?
Ich unterstütze die Freilassung von palästinensischen Gefangenen im Austausch gegen den israelischen Soldaten Gilad Shalit, der nun schon vier Jahre von der Hamas als Geisel festgehalten wird.

Ich unterstütze auch den kontinuierlichen Transport von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Gütern inklusive Benzin und Strom von Israel nach Gaza, der täglich stattfindet, unabhängig davon, wen die Bevölkerung von Gaza als Regierung wählt und unabhängig von der Tatsache, dass die Hamas die Existenzberechtigung Israels auch weiterhin leugnet.

Es ist eine Tatsache, dass täglich Hunderte von voll beladenen israelischen LKW Tausende Tonnen an Lebensmitteln nach Gaza transportieren und dass 70 % der Elektrizität, die die Bevölkerung von Gaza verbraucht, aus Israel stammen.

An einem einzigen Tag pumpt Israel hundert Mal mehr lebenswichtige Güter nach Gaza, als die sogenannte Gaza-Flotte an Bord hatte.

Ich unterstütze auch weiterhin die Zwei-Staaten-Lösung, solange die Mehrheit der Israeli und Palästinenser dafür votieren.

Und was den Versuch der Gaza-Flotte betrifft, in Gaza zu landen – ihn hätte ich gerne unterstützt, wenn die Besatzung sich bereiterklärt hätte, eine Nachricht von Gilad Shalits Eltern an ihren seit vier Jahren inhaftierten Sohn zu überbringen; und wenn sie auf einem Treffen mit Gilad Shalit als conditio sine qua non bestanden hätte.

Aber bedauerliches Faktum ist, dass die Organisatoren der Schiffsflotte sich der elterlichen Bitte verweigert haben.

Durch diese arrogante Weigerung und herzlose Zurückweisung eines humanitären Anliegens geriet die gesamte Gaza-Aktion zu einem Unterfangen bar jedes moralischen Ziels.

Was immer auch die ursprünglichen Absichten waren - die Tatsache, dass Mitglieder der Flotte beim Zusammenstoß mit israelischen Kommandos nicht nur „kalte“, sondern auch Feuerwaffen benutzten, beweist, dass deren hauptsächliche Intention im Schüren eines „Großbrandes“ bestand, der die bilateralen Kontakte, die vor ein paar Tagen zwischen den palästinensischen Machthabern und Israel geknüpft worden sind, zerstören sollte.

Ich fürchte, dass die als Friedensstifter verkleideten Provokateure - mit Unterstützung unserer unfähigen Regierung, die die ganze Materie besonders ungeschickt handhabt – ihr Ziel erreicht haben.

Also – mit wem sollte ich in diesen Tagen solidarisch sein?
Ich kann nur Wut empfinden und Ekel gegenüber all jenen betrügerischen Politikern auf beiden Seiten, die noch Öl ins Feuer gießen, um uns in einen neuen unnützen Krieg zu treiben, der den Völkern von Gaza und Israel nur noch mehr Leid und Zerstörung bringen würde.

Ein arabisches Sprichwort sagt: Ein kluger Feind ist besser als ein dummer Freund.

Unglücklicherweise haben beide Völker einen nicht besonders klugen Feind - und ziemlich dumme Freunde.

Gott helfe ihnen!
Ich kann Ihnen versichern: Niemand in Israel ist glücklich über dieses neue, völlig unnötige und absurde Drama. Denn die Gewinner werden weder die Palästinenser noch die Israeli sein, noch die paar naiven Friedensstifter, die sich auf den Schiffen mit den Provokateuren vereinten: Der einzige Gewinner wird wieder einmal die Dummheit der Menschen sein. Wie sagte Einstein so richtig: Am Ende des Tages ist es immer die Dummheit, die triumphiert.

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