Das steht im Vertrag

Geheimdeal zwischen Orban und Merkel

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Laut Medienbericht soll Ungarn im Falle eines Stilwechsels in der Asylpolitik deutsche Unterstützung erfahren.

Ungarische Medien berichten von einem angeblichen geheimen Deal zwischen Premier Viktor Orban und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Laut der Tageszeitung "Magyar Nemzet" soll die ungarische Regierung Merkel einen "Stilwechsel" in der Flüchtlingspolitik versprochen haben, im Gegenzug habe Berlin Budapest Unterstützung bei EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn zugesagt.

Nach dem umstrittenen Flüchtlingsreferendum am Sonntag soll die rechtskonservative ungarische Regierung "Abstriche an ihrer flüchtlingsfeindlichen Rhetorik vornehmen und auch in EU-Fragen konstruktiver sein", berichtete "Magyar Nemzet" am Freitag in ihrer Online-Ausgabe "mno.hu". Deutschland werde dafür Ungarn Schützenhilfe bei seinen Konflikte mit der EU-Kommission geben, so die Zeitung unter Berufung auf eine inoffizielle Hintergrundstudie der Regierung und Quellen aus dem ungarischen Außenministerium.

Gegenwärtig würden 21 Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn laufen, was auch seitens der Budapester Regierung als "schwerwiegend" beurteilt werde. In der Studie, die der Tageszeitung zugespielt wurde, gehe es um die unter wirtschaftlichen und politischem Aspekt bedeutenden Verfahren, die Brüssel gegen Ungarn eingeleitet hat. Der Bericht würde ein "trauriges Bild über die Beziehungen zwischen Ungarn und Brüssel aufzeigen", heißt es.

Kernkraftwerk im Gegenzug zu Abstrichen in der Flüchtlingspolitik

Gerade in den "zwei heikelsten, korruptionsverdächtigen Angelegenheiten" soll Budapest bald diplomatische Unterstützung aus Deutschland erhalten, so das Blatt. Budapest könnte demnach Grünes Licht erhalten beim Bau des ungarischen Kernkraftwerkes Paks II und bei der Eisenbahnverbindung zwischen Budapest und Belgrad, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Quellen im Außenministerium. Bei beiden Projekten läuft ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission.

Im Gegenzug soll Orban Abstriche in der Flüchtlingspolitik machen, die für Merkel vor allem innenpolitisch eine Gefahr darstelle. Für einen "Stilwechsel" der ungarischen Regierung wollen ungarische Medien auch bereits erste Anzeichen erkennen. So habe es in den vergangenen Wochen in der Regierungskommunikation erste Anzeichen für eine Veränderung gegeben, berichtete "Magyar Nemzet". In drei Interviews mit der Tageszeitung hätte sich Orban zurückhaltender gegenüber dem bisher "dämonisierten Brüssel" geäußert.

Auch die Wochenzeitung "Figyelö" berichtete unter Berufung auf deutsche diplomatische Quellen, dass die Orban-Regierung nach dem Ende der flüchtlingsfeindlichen Kampagne für das anstehende Referendum eine konstruktivere Haltung in der Flüchtlingsfrage einnehmen werde.

Keine Wende zu erwarten

Laut Daniel Hegedüs von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) haben ungarische Regierungsvertreter bei Besuchen in Berlin zuletzt mehrfach erklärt, dass die flüchtlingsfeindliche Kampagnenmaschinerie nach dem Referendum zum Stillstand kommen werde. Hegedüs hält es zugleich aber "nicht für wahrscheinlich, dass die Regierung ihre Versprechen einhält". Es sei "keine volle Wende in der Kommunikation zu erwarten, höchstens eine Milderung des Tons", so Hegedüs gegenüber "Magyar Nemzet". Andererseits würde es logisch klingen, dass Deutschland Ungarn in den beiden Vertragsverletzungsverfahren unterstütze, denn Berlin sei selbst an den beiden Investitionen interessiert.

Bei der Projektvorbereitung von Paks II habe "die deutsche Wirtschaftslobby einen markanten Anteil gehabt" und deutsche Firmen könnten auch bei dem Bau des Atomkraftwerks selbst einbezogen werden. Hinsichtlich der Eisenbahnverbindung Budapest-Belgrad erinnerte Hegedüs an "eindeutig deutsche Interessen", da die Investition der Verbindung zwischen griechischen Häfen und deutschen Märkten diene.

 

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