Haager Strafgericht

Haftbefehl gegen Gaddafi erlassen

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Gaddafi und seinem Sohn werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehle gegen Muammar al-Gaddafi und zwei seiner engsten Verbündeten erlassen. Diese Entscheidung verkündete am Montag ein Richter des Gerichts. Dem libyschen Staatschef sowie seinem Sohn Saif al-Islam und seinem Schwager, dem Geheimdienstchef Abdullah Senussi, werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen - darunter Morde an Hunderten von Zivilisten, Folter, die Verfolgung unschuldiger Menschen und die Organisierung von Massenvergewaltigungen zur Einschüchterung der Bevölkerung. Der Haftbefehl war Mitte Mai von IStGH-Chefankläger Luis Moreno-Ocampo beantragt worden, demzufolge Gaddafi persönlich Angriffe auf unbewaffnete Zivilisten angeordnet hatte.

Gaddafi getötet: Sein Leben in Bildern

Gaddafi wurde im September 1942 in einem Zelt in der libyschen Wüste in der Nähe der Küstenstadt Sirte geboren.

Später besuchte er die Militärakademie in Bengasi und ging für ein halbes Jahr zur weiteren Ausbildung nach Großbritannien.

An die Macht kam der damals 29-Jährige am 1. September 1969 - vor genau 42 Jahren.

Auf seine Reisen nahm er stets ein Beduinenzelt mit. Gewohnt hat er allerdings in Luxus-Hotels.

Historische Aufnahme: Gaddafi mit Kubas Revolutionsführer Castro.

Jörg Haider war gern gesehener Gast in Libyen.

Auch Obama machte ihm seine Aufwartung

Der von ihm gegründete Bund der "Freien Offiziere" hatte den greisen König Idriss in einem unblutigen Putsch vom Thron gestoßen.

Gaddafi wollte stets in die Fußstapfen des charismatischen Araberführers Gamal Abdel Nasser aus Ägypten treten.

Dieser sagte kurz vor dem Tod sagte: "Du bist mein Sohn und mein Erbe."

Mit seinen theaterreifen Auftritten und seiner Frauenleibwache sorgt er immer wieder für Aufsehen - mal im weißen Beduinengewand, mal in Operettenuniform oder italienischem Designeranzug

Gaddafi liebt die Provokation - und ist immer für eine Überraschung gut.

Berlusconi zählte zu seinen Freunden.

Zu Italien unterhielt er exzellente Beziehungen.

Jetzt ist das Ende des Wüsten-Fuchses gekommen. In Tripolis haben die Rebellen die Macht übernommen. Am 20. Oktober 2011 wurde er in Sirte getötet.

Handshake mit Alfred Gusenbauer, 2007.

2005 bei einem Immigrations-Gipfel noch ohne Bart.

Ausstraffiert besuchter er 2009 den italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano.

Gaddafi zeigte sich gerne als Familienmensch. Hier in einem Homevideo mit seiner Enkelin aus dem Jahr 2005.

Auch bei Romano Prodi war Gaddafi 2004 zu Gast.

Im April 2011 glaubte er noch ein einen Sieg im Kampf gegen die Rebellen.

2010 war für Gaddafi noch alles in Butter.

Mittlerweile wurden beide entmachtet: Hosni Mubarak (l.) und Muammar Gaddafi, anno 1991.

2010: Staatsoberhäupter als Kumpels. Gaddafi lehnt lässig auf den Schultern des yemenitischen Präsidenten Ali Abdulla Saleh und des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak.

2007 war zwischen Gaddafi und Sarkozy noch alles in Ordnung.

Beim G8-Gipfel 2009 in L'Aquila trafen sich Obama und Gaddafi persönlich.

Verpflichtung
Durch die Haftbefehle sind nun alle 116 Mitgliedstaaten des IStGH verpflichtet, den 69-jährigen Gaddafi und die Mitangeklagten als mutmaßliche Kriegsverbrecher festzunehmen, sobald sie die Möglichkeit dazu bekommen. Gaddafi hat allerdings trotz andauernder NATO-Luftangriffe erklärt, er werde in Libyen kämpfen bis zum Tod.

Gaddafi sowie sein Sohn und sein Schwager seien im strafrechtlichen Sinne persönlich für die Verbrechen verantwortlich, die zur Niederschlagung des Volksaufstandes in Libyen begangen worden seien, machte Chefankläger Luis Moreno-Ocampo geltend. Er legte dem Gericht eine mehr als 70 Seiten umfassende Anklage mit mehr als 1.200 einzelnen Dokumenten vor.

 Verhandlungen erschwert?
Nach Einschätzung einiger Diplomaten in Den Haag könnten die Haftbefehle eine Verhandlungslösung erschweren. Als nunmehr offiziell gesuchter mutmaßlicher Kriegsverbrecher werde Gaddafi möglicherweise nicht bereit sein, in ein Exilland zu gehen, hieß es.

   Moreno-Ocampo erklärte hingegen, es gebe keine Alternative zu einer konsequenten Strafverfolgung. "Um die Verbrechen in Libyen zu stoppen und die Zivilbevölkerung zu schützen, muss Gaddafi festgenommen werden", sagte der Chefankläger kurz vor der Bestätigung der Haftbefehle. Er hatte sie am 16. Mai beantragt.

Seite 2: Das Porträt des Chefanklägers Moreno-Ocampo:

Er stammt aus Argentinien
Angst vor großen Fischen hat der Argentinier Luis Moreno Ocampo wahrlich nicht. Als junger Vizestaatsanwalt prozessierte er Anfang der 80er Jahre gegen die Chefs der argentinischen Militärjunta, als Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag setzte er 2009 einen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir durch. Inzwischen hat der 59-Jährige Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi ins Visier genommen. Der IStGH folgte am Montag seinem Antrag und erließ Haftbefehl gegen Gaddafi. Einmal mehr ist Moreno Ocampo hinter einem amtierenden Staatschef her und beweist seine Leidenschaft im Kampf für Gerechtigkeit.

Moreno Ocampo hatte am 16. Mai vor dem IStGH Haftbefehl gegen Gaddafi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beantragt. Auch gegen dessen ältesten Sohn Seif al-Islam und den Geheimdienstchef Abdallah Senussi forderte er Haftbefehle, die am Montag ebenfalls ausgestellt wurden.

Prozess gegen Militärjunta
Seine Sporen verdiente Moreno Ocampo sich vor fast dreißig Jahren im Prozess gegen die ehemaligen Chefs der argentinischen Militärjunta. Rund 800 Zeugen wurden in dem Verfahren gegen die Diktatoren vernommen, das mit einem Schuldspruch für fünf der acht Angeklagten endete. Damals erzählte der junge Moreno Ocampo, wie seine Mutter ihn wegen seiner Rolle in dem Prozess schimpfte. Schließlich sei der starke Mann der Junta, General Jorge Videla, ein "guter Katholik" gewesen, den sie jeden Sonntag in der Messe gesehen habe. Doch davon ließ sich der Jurist nicht beeindrucken.

Selbst als UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon sich mit Verweis auf den schwierigen Friedensprozess in Darfur skeptisch zu einer Anklage gegen den sudanesischen Präsidenten Bashir äußerte, ließ Moreno Ocampo sich nicht beirren. Die Richter des IStGH erließen im März 2009 den von ihm beantragten Haftbefehl gegen Bashir wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur, im Juli 2010 stellte das Gericht einen weiteren Haftbefehl wegen Völkermordes aus.

 Unermüdlich

  "Er wird nicht müde zu wiederholen, dass er den fantastischsten Beruf der Welt hat", wurde er von seiner engen Mitarbeiterin Beatrice Le Fraper beschrieben, als er den ersten Haftbefehl gegen Bashir beantragte. "Er arbeitet rund um die Uhr, er empfindet seinen Auftrag, Gerechtigkeit zu schaffen, als großes Glück", fügte sie hinzu. Dafür nimmt Moreno Ocampo private Einschränkungen in Kauf: Seine Frau und seine vier Kinder blieben nach seiner Ernennung in Buenos Aires.

Große Fische sind kleines Problem für ihn
Auch Menschenrechtsorganisationen äußerten sich in der Vergangenheit beeindruckt davon, dass Moreno Ocampo sich an die großen Fische wage. "Jetzt ist er endgültig auf der Höhe seines Jobs", sagte etwa Geraldine Mattioli von Human Rights Watch, als er den Haftbefehl gegen Bashir beantragte. Moreno Ocampo arbeitete vor seiner Berufung an den Internationalen Strafgerichtshof im Jahr 2003 bei der Weltbank und bei der unabhängigen Antikorruptionsorganisation Transparency International, er lehrte an der US-Eliteuniversität Harvard und verteidigte einst auch den umstrittenen argentinischen Fußballstar Diego Maradona.

  "Er ist ein Überzeugungstäter, sehr leidenschaftlich, aber als Idealist möchte er sicher nicht beschrieben werden", sagte Le Fraper. Als er die Rolle des Chefanklägers in Den Haag übernahm, wusste Moreno Ocampo, dass es kein leichter Job werden würde, Regierungen und Institutionen in aller Welt zur Kooperation bei der Verfolgung von Kriegsverbrechern zu bewegen. Doch auch gegen Gaddafi sammelte er wieder akribisch Zeugenaussagen sowie Video- und Fotomaterial zur Untermauerung seiner Vorwürfe. Die Richter des IStGH hat er mit seinen Beweisen überzeugt.


 

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Auf seine Reisen nahm er stets ein Beduinenzelt mit. Gewohnt hat er allerdings in Luxus-Hotels.

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Der Krieg tobt, Gaddafi spielt Schach

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