Griechenland

Härtestes Sparpaket aller Zeiten

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Tausende Beamten weg, Renten kürzen - Aber: Wer jagt reiche Griechen?

Premier Georgios Papandreou wurde mit hauchdünner Mehrheit im Amt bestätigt. Die Regierung beschloss gestern das Schock-Sparpaket.

Ministerpräsident Papandreou muss nun das härteste Sparpaket aller Zeiten durchboxen. Gestern wurden die Sparpläne von seiner Regierung abgesegnet. 28 Milliarden müssen bis 2015 gestrichen werden, sonst zahlt Brüssel die nächste 12-Milliarden-Tranche nicht mehr aus. Auch Österreich will nur dann weitere Milliarden überweisen, wenn „die Reformen ausreichen“, sagt Finanzministerin Maria Fekter im ÖSTERREICH-Interview.

Dieses Sparprogramm kommt auf Griechen zu
Freiwillig sparen will in Griechenland aber keiner. Wieder entlud sich die Wut von Zehntausenden auf dem Syntagma-Platz: „Den Kleinen nimmt man alles weg“, sagt Despina Valsamidou (29), eine Psychologin, zu ÖSTERREICH: „Wer aber holt jene 200 Mrd. Euro aus der Schweiz zurück, die reiche Griechen ins Ausland gebracht haben?“

Dieses Sparprogramm müssen die Griechen jetzt bewältigen:

  •  Bis zu 150.000 Beamte werden gestrichen. 70 bis 75 staatliche Institutionen werden aufgelöst. Ihre Angestellten sollen nach einer zwölfmonatigen „Zeit der Reserve“ entlassen werden. Während dieser „Reservezeit“ sollen sie 60 Prozent ihres Lohnes bekommen.
  • Durch Kürzung von Löhnen im öffentlichen Dienst sollen 800 Mio. erzielt werden (2011), weitere 660 Mio. werden 2012 gestrichen.
  • Die Kfz-Steuer wird um 10 Prozent erhöht. Freiberufler wie Rechtsanwälte sollen zusätzlich zu den bisherigen Steuern 100 bis 300 Euro pro Jahr zahlen. Die Heizölsteuer wird um fünf Cent erhöht.
  • Die bisherigen Rentenverträge werden eingefroren. Für je zehn in Rente gehende Staatsbedienstete wird nur noch einer neu eingestellt. Ziel ist es, die Zahl der 700.000 Staatsbediensteten drastisch zu verringern. Mehr als 300.000 sind indirekt in staatlichen Unternehmen angestellt. Griechenland hat 11,3 Millionen Einwohner. Die Arbeitslosenquote liegt bei 16 %.
  • Die meisten Angestellten werden für die nächsten vier Jahre eine Solidaritätssteuer zahlen müssen.
  • In Zukunft müssen auch die Griechen 40 Stunden pro Woche arbeiten (bisher 37,5). Perverse Zusatzregelungen werden abgeschafft: So bekommen Athens Busfahrer noch immer Zulagen, wenn sie ohne Schaffner unterwegs sind. Oder: Wer Blut spendet, bekam bisher drei Tage frei. Alle Zusatz-Vergünstigungen werden abgeschafft und europäischen Verhältnissen angepasst.
  • Das 14. Monatsgehalt, die „heilige Kuh der Griechen“, soll drastisch gekürzt werden. Auch die Osterzulage wird gestrichen. Das staatliche Ölunternehmen „Hellenic Petroleum“ zahlt derzeit noch 17,5 Monatsgehälter.

Zum Sparprogramm kommt eine massive Verkaufsoffensive:

  • 17 Prozent der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft (DEI) sollen weg. Die Belegschaft tobt, streikt.
  • Der alte Athener Flughafen „Hellinikon“ wird verkauft – liegt an einem der schönsten Abschnitte der Küste Athens. 55 % am neuen Athener Großflughafen „Eleftherios Venizelos“ kommen auf den Markt. Weitere 10 % der Telefongesellschaft OTE sollen an die Deutsche Telekom gehen.
  • Das staatliche Lotterie- und Wettunternehmen (OPAP), die Landwirtschaftsbank (ATE), die Eisenbahn (Trainose), Gas- und Wasserwerke der Hafenstadt Thessaloniki suchen Partner. Ebenso die Häfen von Piräus und Thessaloniki.
  • Rund 75.000 Häuser, Wohnungen und Grundstücke, darunter mehrere Felsen- und Kleininseln, stehen zum Verkauf. So auch ein ehemaliger, 750.000 Quadratmeter großer US-Stützpunkt auf Kreta.

Kippen Grüne die Euro-Rettung?

Heute fliegt Kanzler Faymann zum EU-Regierungschefgipfel nach Brüssel. Im Herbst kommt Euro-Rettungsschirm ins Parlament. Grüne drohen.

Am Donnerstag fliegt SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann zum EU-Regierungschefgipfel nach Brüssel. Dort soll es um Griechenland und den von den EU-Finanzministern ausverhandelten ständigen Rettungsschirm für den Euro gehen – Entscheidung soll aber noch keine fallen.

Dieser neue Schirm muss im Herbst erst das Parlament passieren. Da dadurch auch der Artikel 136 des Lissabon-Vertrages abgeändert werden muss, braucht die rot-schwarze Koalition dafür eine Zweidrittelmehrheit.

FPÖ und BZÖ laufen gegen den Rettungsschirm Sturm. Die Grünen sind nun das Zünglein an der Waage: Ohne ihre Zustimmung kann der Euro-Rettungsschirm nicht beschlossen werden. Der Grüne Werner Kogler kündigt Bedingungen an: „Banken und Spekulanten müssen zur Kasse gebeten werden.“

FP-Chef Heinz-Christian Strache fordert in ÖSTERREICH: „Diese Artikeländerung macht eine Volksabstimmung dringend nötig. Die Regierung will nicht den Euro, sondern die Spekulanten retten. Wir fordern daher, dass das Volk befragt wird.“

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