Türkische Grenze verloren

ISIS verliert weiter an Boden

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Protürkische Rebellen vertrieben IS von Grenze in Nordsyrien.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat mit der Vertreibung aus mehreren Dörfern an der syrisch-türkischen Grenze ihre letzte Verbindung zur Außenwelt verloren. Von türkischen Panzern und Kampfflugzeugen unterstützte syrische Rebellen hätten am Sonntag die letzten Gebiete des Islamischen Staates an der Grenze zur Türkei erobert, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite schwer überprüfbar, sie stützt sich auf ein Netz von Informanten. Der IS hatte die Region seit mindestens zwei Jahren kontrolliert. Damit ist der letzte direkte Nachschubweg der Jihadisten gekappt. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu sowie Rebellengruppen bestätigten die Angaben. Anadolu berichtete, die Freie Syrische Armee (FSA) habe den IS mit Unterstützung des türkischen Militärs von der syrisch-türkischen Grenze vertrieben. Die FSA kontrolliere nun den Grenzstreifen von Jarablus im Osten bis nach Asis im Westen.

"Schutzschild Euphrat"

Nach dem Einmarsch in Jarablus am Ende August waren am Samstag 20 türkische Panzer nordöstlich von Aleppo auf syrisches Territorium vorgestoßen, um die Rebellen zu unterstützen. Die türkische Luftwaffe habe in der Nacht zu Sonntag zudem erneut Angriffe in dem Gebiet geflogen.

Die Militäroperation "Schutzschild Euphrat" richtet sich dabei auch gegen die Kurdenmiliz YPG, die von Ankara als terroristisch eingestuft wird. Die türkische Armee geht gegen die Kurden in der Region vor, weil Sie vermeiden will, dass diese ihre Gebiete südlich der Grenze vereint. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigte am Sonntag beim G-20-Treffen in China, die Türkei werde niemals einen "Terror-Korridor" an ihrer Südgrenze zulassen. Seit einigen Tagen herrscht aber faktisch eine Waffenruhe zwischen Kurden und Türken.

Die Kurden gelten als effizienteste Kämpfer gegen die Terrormiliz IS und vertrieben die Dschihadisten in den vergangenen zwei Jahren aus den meisten Gebieten an der Grenze. Der IS ist auch an anderen Fronten seines sogenannten Kalifats schwer unter Druck.

Türkei kämpft primär gegen Kurden

Nach US-Angaben vom Freitag hatte die IS-Miliz in Nordsyrien zuletzt nur noch rund 25 Kilometer entlang der Grenze kontrolliert, über die wichtige Nachschubrouten führten. In Nordsyrien kämpfen verschiedene syrische Rebellengruppen gegen den IS. Unterstützt werden sie durch Luftangriffe der Türkei und der US-geführten Militärkoalition. Die Türkei unterstützt allerdings nicht die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), sondern bekämpft diese seit dem Start ihrer Operation "Schutzschild Euphrat" am 24. August mit ebenso großer Härte wie den IS.

In Aleppo brachten die Truppen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad am Sonntag die Artillerieakademie unter ihre Kontrolle, wie die amtliche Nachrichtenagentur Sana berichtete. Die Regierungstruppen kontrollierten damit alle drei Militärakademien der Stadt; laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte waren die von den Rebellen kontrollierten östlichen Stadtteile von Aleppo "erneut komplett umschlossen".

Schwere Bombardements

Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP in den Rebellenvierteln berichtete von schweren Bombardierungen aus der Luft. Die Lage in Aleppo, der einstigen Wirtschafts- und Kulturmetropole des Landes, ist verheerend. Die Stadt ist seit Mitte 2012 in einen von den bewaffneten Aufständischen kontrollierten Osten und einen von der Regierung beherrschten Westen geteilt. In den Vierteln unter Kontrolle der Rebellen leben rund 250.000 Menschen, in den von der Regierung gehaltenen Stadtteilen sind es etwa 1,2 Millionen. Die syrische und die russische Luftwaffe greifen immer wieder von der Opposition gehaltene Wohngebiete an.

Im Ringen um eine Waffenruhe in Syrien gab es weiter keine Einigung zwischen den USA und Russland auf ein gemeinsames Vorgehen. "Die Russen sind auf einige Punkte zurückgekommen, von denen wir dachten, dass wir bereits Übereinstimmung erzielt haben", sagte ein ranghoher US-Vertreter am Rande des G-20-Treffens im chinesischen Hangzhou. Die Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow würden sich am Montag in Hangzhou zu weiteren Verhandlungen treffen. Zuvor hatte es aus dem US-Außenamt geheißen, ein Abkommen stehe kurz bevor.

US-Präsident Barack Obama sagte in Hangzhou, beide Seiten arbeiteten "rund um die Uhr" an einer Lösung. Die Verhandlungen seien "sehr kompliziert", aber die Gespräche mit den Russen "entscheidend". Während Moskau ein enger Verbündeter von Präsident Bashar al-Assad ist, unterstützt Washington verschiedene bewaffnete Gruppen von Assad-Gegnern.
 

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