39 Tote

Istanbul: Attentäter nach Anschlag weiter flüchtig

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15 Ausländer unter 39 Toten - Hintergrund der Bluttat in Neujahrsnacht unklar.

Nach dem tödlichen Anschlag in der Neujahrsnacht auf einen der berühmtesten Nachtclubs von Istanbul sucht die türkische Polizei mit Hochdruck nach dem Attentäter. Auch Stunden nach dem Angriff mit 39 Toten war der Täter am Sonntag noch flüchtig. Unter den Opfern der Bluttat, die international für Entsetzen sorgte, waren 15 Ausländer, die meisten aus arabischen Staaten.

Mehr als 60 Menschen wurden verletzt. Derzeit gibt es laut Außenministerium in Wien "noch keine Hinweise, dass Österreicher unter den Opfern sind".

Nach Angaben der Behörden erschoss der Attentäter um 01.15 Uhr zunächst einen Polizisten und einen Zivilisten vor dem Eingang des "Reina", bevor er in dem bei Prominenten und ausländischen Touristen beliebten Nachtclub am Bosporus-Ufer wahllos um sich feuerte. In dem auf der europäischen Seite von Istanbul gelegenen Club mit mehreren Restaurants und Tanzflächen befanden sich bis zu 800 Menschen zur Silvesterfeier.

Innenminister Süleyman Soylu sagte, der Attentäter habe sein Gewehr unter einem Mantel verborgen. Berichte, wonach der Angreifer Arabisch sprach und als Weihnachtsmann verkleidet war, bestätigte er nicht. Laut Soylu wechselte der Attentäter aber womöglich die Kleidung, bevor er den Club verließ. "Die Polizei hat die notwendige Operation gestartet" zu seiner Ergreifung, versicherte Soylu. "Ich hoffe, er wird schnell gefasst, so Gott will."

Laut Soylu gab es 39 Tote und 65 Verletzte. Von den Toten wurden zunächst 20 identifiziert, darunter 15 Ausländer. Die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya sagte, es seien vor allem Bürger arabischer Staaten unter den Opfern. Sie stammten demnach aus Saudi-Arabien, Marokko, Libyen und dem Libanon. Jordanien erklärte laut der Nachrichtenagentur Petra, drei seiner Bürger seien getötet und vier weitere verletzt worden.

Das israelische Außenministerium teilte seinerseits mit, eine junge Israelin sei getötet worden und eine weitere verletzt. Auch ein Belgier wurde getötet und drei Franzosen wurden verletzt, wie ihre Staaten erklärten. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, noch sei unklar, ob auch Deutsche betroffen seien.

"Sie wollen die Moral unseres Landes zerstören und Chaos verbreiten, indem sie mit diesen schändlichen Angriffen gezielt Zivilisten attackieren", erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei sei aber entschlossen, "den Kampf gegen den Terror" fortzusetzen. Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin sagte, der Attentäter habe "auf die brutalste und gnadenloseste Weise auf unschuldige Menschen gezielt".

International wurde das Attentat scharf verurteilt. Papst Franziskus gedachte nach seiner Neujahrsmesse der Opfer. Der russische Präsident Wladimir Putin sicherte der Türkei seine Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu. Die US-Regierung sprach von einer Gräueltat.

EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini schrieb auf Twitter: "Wir arbeiten weiter daran, solche Tragödien zu verhindern." NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, seine Gedanken seien bei denjenigen, die vom Angriff betroffen seien und beim türkischen Volk.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte: Die deutsche "Kanzlerin (Angela, Anm.) Merkel hat am Wochenende gesagt, was wir schon seit vielen Jahren sagen: Dass die größte Bedrohung der globalen Zukunft der Terror des radikalen Islam ist." Der Anschlag in Istanbul beweise dies erneut.

Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, erklärte, der Europarat stehe "in diesen tragischen Zeiten" an der Seite des türkischen Volks. Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault verurteilte die "feige und niederträchtige Attacke".

Merkel (CDU) bezeichnete in einem Beileidsschreiben an Erdogan das Attentat als "menschenverachtenden und hinterhältigen Anschlag". Auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck äußerte "Trauer und Entsetzen" über die "perfide Tat".

Der designierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte ebenfalls den Anschlag. "Eine verabscheuenswerte Tat", schrieb Van der Bellen am Sonntag in der Früh im Kurznachrichtendienst Twitter. Sein "Mitgefühl ist bei den Opfern und ihren Angehörigen".

Kurz verurteilte Anschlag als OSZE-Vorsitzender

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der amtierende Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), und OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier verurteilten in einer Aussendung der Organisation den Angriff auf den Nachtclub in Istanbul.

Das "Reina" ist eine der schicksten Adressen in Istanbul und bei Prominenten sehr beliebt. Nur wenige hundert Meter weiter hatten die offiziellen Silvesterfeierlichkeiten stattgefunden. Wegen der Anschlagsgefahr waren in Istanbul 17.000 Polizisten im Einsatz, es galten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen in der Innenstadt. Einige Botschaften hatten vor Silvester zu besonderer Wachsamkeit aufgerufen.

Die Türkei war im vergangenen Jahr von mehreren blutigen Anschlägen der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) und der kurdischen Extremistengruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) erschüttert worden, die eine radikale Splittergruppe der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist. Zuletzt wurden am 10. Dezember bei einem Doppelanschlag der TAK auf Polizisten nach einem Fußballspiel 45 Menschen in Istanbul getötet .

Die Türkei geht seit Ende August in Nordsyrien gegen die IS-Miliz sowie die mit der PKK verbundene Kurdenmiliz YPG vor. Derzeit versucht die türkische Armee, die IS-Hochburg Al-Bab einzunehmen, stößt dabei aber auf erbitterten Widerstand. Experten hatten gewarnt, dass die Jihadisten vermehrt Anschläge in der Türkei verüben könnten. Der Zeitung "Hürriyet" zufolge waren am Silvestertag acht Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" in Ankara festgenommen worden, die einen Anschlag in der Nacht geplant haben sollen.

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