Über 4.000 Tote

Nepal-Beben: 20 Österreicher noch vermisst

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Verzweiflung nach dem schweren Beben. 5.000 Tote befürchtet. Erste Hilfsteams vor Ort.

Tausende Häuser zerstört, ganze Dörfer ausradiert, Zehntausende Gebäude schwer beschädigt und unbewohnbar. Allein im Raum Kathmandu wurden über 4.000 Leichen geborgen – beinahe täglich kommen 1.000 weitere Opfer hinzu. Dabei haben die Helfer die meisten Bergsiedlungen noch gar nicht erreicht. Straßen sind versperrt, Wege unpassierbar.

Noch kein Kontakt zu 20 Austro-Alpinisten
Während des Bebens waren auch rund 250 Austro-Alpinisten in Nepal unterwegs. 80 Österreicher, die im unmittelbaren Krisengebiet waren, hat das Außenministerium bisher erreicht. Zu 20 Austro-Alpinisten besteht noch immer kein Kontakt. Berichte über verletzte oder getötete Österreicher gibt es aber keine.

In Kathmandu begannen die Rettungskräfte am Montag mit dem massenhaften Verbrennen der Leichen der Opfer: "Sie machen es am Fluss, der schwarze Rauch ist überall zu sehen", sagt Josef Einwaller (67), Unternehmer und Bergsteiger aus Innsbruck, zu ÖSTERREICH.

Nachbeben. Auch er war während des Bebens vor Ort: "Ich hatte Glück, war noch im Hotel in Kathmandu, als das Chaos losbrach", erzählt er. Am schlimmsten seien derzeit die mehr als 100 Nachbeben: "Du kannst nur abwarten. Wenn's wieder zu zittern beginnt, rennen alle raus - zum Glück haben wir ein freies Feld vorm Hotel."

Airport überlastet, viele Helfer können nicht landen
Ursprünglich wollte Einwaller sofort nach dem Beben weg: "Klar, wir waren alle in Panik. Am Flughafen warten aber Tausende Touristen auf die Ausreise, campieren in Zelten." Jetzt aber will er bleiben und helfen: "Die Menschen brauchen uns."(Siehe Interview unten.)

Überfüllte Krankenhäuser. Dramatisch die Lage auch in den Krankenhäusern: Sie sind heillos überfüllt, Ärzte arbeiten rund um die Uhr, viele Verletzte müssen auf den Straßen oder in den Parks von Kathmandu versorgt werden, die Hauptstadt gleicht inzwischen einer Zeltstadt.

Montag nahm auch die Hilfe aus Österreich konkrete Formen an: Zwei Experten des Roten Kreuzes erreichten Kathmandu. Vorrangig soll an der Trinkwasseraufbereitung gearbeitet werden.

Tiroler: „Bleibe um zu helfen“

Geschockt, aber unverletzt. Josef Einwaller (67) aus Innsbruck über die Katastrophe.

ÖSTERREICH: Sie sind in Kathmandu, wie geht es jetzt weiter?
Josef Einwaller: Ich war 30, 40 Mal hier in Nepal, kenne viele Sherpas, ich kann jetzt nicht einfach abreisen. Außerdem habe ich hier ein Hilfsprojekt: Wir haben in den vergangenen Jahren ein Haus für die Kinder verunglückter Sherpas gebaut. Ich werd schauen, wie ich jetzt helfen kann?

ÖSTERREICH: Fünf Ihrer Bergkollegen starben …
Einwaller: Ja, sie wurden von einer Lawine im Basis­lager erwischt, das war eine chinesische Gruppe. Ich hatte Glück: Weil ich später anreiste, war ich noch in Kathmandu und noch nicht am Berg.

ÖSTERREICH: Was ist derzeit am schlimmsten?
Einwaller: Die Dutzenden Nachbeben und die schlimmen Zerstörungen und Tragödien. Wir sitzen mit einem Glas Wasser im Zimmer. Beginnt das Wasser zu zittern, rennen wir raus.

Alpinistin: »Sherpas wollen alle weg«

Bergsteigerin Martina Bauer sitzt am Makalu im Himalaya fest. ÖSTERREICH erreichte sie via Satelliten-Telefon.

Kathmandu. Bauer war gerade auf dem Weg zum Gipfel des Makalu (8.485 Meter, fünfthöchster Berg der Welt), als sie das Beben überraschte.

ÖSTERREICH: Wo haben Sie das Beben erlebt?
Martina Bauer: Ich war im Basislager auf 5.700 Metern, das ist mehrere Fußballfelder groß. Das war mein Glück, da sind die Lawinen nicht an uns herangekommen. Weiter oben am Berg war es ganz schlimm. Meine Kameraden Hans Wenzl und Günther Unterberger waren gerade auf 6.300 Metern. Sie gingen über Eis, befürchteten, dass es unter ihnen wegbricht. Aber es ist niemandem etwas passiert, zum Glück.

ÖSTERREICH: Wie geht es jetzt weiter?
Bauer: Günther Unterberger hat abgebrochen und ist abgestiegen. Wir warten im Basis-Camp ab.

ÖSTERREICH: Wollen Sie weiter aufsteigen?
Bauer: Die Stimmung ist gespalten unter den Sherpas. Viele haben Familie in Kathmandu und im engeren Erdbebengebiet. Die würden jetzt natürlich hier alle gern weg, um zu helfen. Andererseits brauchen sie aber das Geld dringender denn je. Wir könnten zwar weitergehen, aber ohne Sherpas hat das keinen Sinn.

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