Aktivisten-Berichte

Kampfpause bei Schlacht um Aleppo

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Laut den Aktivisten wurden am Samstag mindestens 29 Menschen getötet.

Bei der womöglich entscheidenden Schlacht um die syrische Wirtschaftsmetropole Aleppo hat es am Samstagabend eine Kampfpause gegeben. Der Angriff der Regierungstruppen auf das von Rebellen gehaltene Viertel Salaheddin sei zunächst zum Stillstand gekommen, sagte Abdel Jabbar al-Okaidi, Oberst der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA) und Chef des Militärrats von Aleppo, der Nachrichtenagentur AFP per Telefon.

Salaheddin war tagsüber das Hauptziel der Truppen von Präsident Bashar al-Assad. Die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte warnte, die Strategie der Truppen bestehe darin, das Viertel "heftig zu beschießen, um die Bewohner zur Flucht zu veranlassen und dann umso heftiger erneut anzugreifen". Laut den Aktivisten wurden am Samstag mindestens 29 Menschen getötet. Die Zahl der Toten seit Beginn des Aufstands im März 2011 gaben sie mit mehr als 20.000 an.

Okaidi zufolge ging der Beschuss mit Artillerie und aus Hubschraubern weiter. Ziel der Rebellen war es laut einem AFP-Reporter, eine strategisch wichtige Polizeiwache im Zentrum der Stadt zu erobern. Sollte das gelingen, könnten die Aufständischen Salaheddin mit dem ebenfalls von ihnen kontrollierten Viertel Sakhour verbinden.

Großoffensive
Die Armee hatte am Samstagmorgen ihre angekündigte Großoffensive zur Rückeroberung Aleppos begonnen. Schwere Artillerie ging auf die Viertel nieder, während die Soldaten am Boden vorrückten. Zwei Tage lang hatte die syrische Armee Soldaten, Panzer und schwere Waffen rund um Aleppo zusammengezogen, während sich die Aufständischen mit leichten Waffen und einigen Panzerabwehrraketen wappneten.

In der Weltkulturerbe-Stadt Aleppo droht ein Häuserkampf. "Die Rebellen haben sich in den engen Gassen positioniert, was die Kämpfe erschwert", sagte ein Vertreter der syrischen Sicherheitsbehörden. "Tausende Menschen fliehen vor dem Bombardement durch die Straßen. Sie werden von Helikoptern terrorisiert, die in niedriger Höhe fliegen", berichtete ein Aktivist namens Amer.

Der Chef des oppositionellen Syrischen Nationalrats (SNC), Abdelbasset Sida, forderte befreundete Länder und "Bruderstaaten" auf, die Freie Syrische Armee mit Waffen zu versorgen, wie dies Saudi-Arabien, Katar und die Türkei bereits tun. "Wir wollen Waffen, die die Panzer und Kampfflugzeuge stoppen würden", sagte der im Exil lebende SNC-Chef in Abu Dhabi. Sida forderte ferner, Assad müsse wegen der "Massaker" an Syrern vor Gericht vor Verantwortung gezogen werden.

Viele Opfer befürchtet
Weltweit forderten Politiker ein sofortiges Ende der Offensive, weil sie viele Opfer unter Zivilisten befürchten. "Ich bin tief besorgt über die eskalierende Gewalt in Aleppo", erklärte etwa UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon. Auch der internationale Sonderbeauftragte Kofi Annan rief zu Zurückhaltung und einem geschlossenen Handeln der Weltmächte auf. Da dieser Konsens nicht in Sicht ist, forderte Sida ein Handeln außerhalb des UNO-Sicherheitsrates geschehen, wo Russland und China ein härteres Vorgehen gegen die syrische Regierung verhindern.

Die Arabische Liga will unterdessen mit einer Resolution in der UNO-Vollversammlung die Schaffung sicherer Zonen zum Schutz der syrischen Zivilbevölkerung fordern. Zudem sollen weitere Sanktionen gegen das syrische Regime von Präsident Bashar al-Assad beschlossen werden, kündigte der stellvertretende Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Ben Hali, am Samstag an.  In einer Erklärung drückte die Liga ihre "tiefe Unzufriedenheit über die Akte der Unterdrückung des syrischen Regimes" aus. Eine Resolution der Vollversammlung ist wesentlich schwächer als eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates, da unverbindlich und nur eine Empfehlung.

Rasches Eingreifen gefordert

Der französische Präsident Francois Hollande forderte ein rasches Eingreifen des UNO-Sicherheitsrats. Moskau und Peking müssten ihren bisherigen Widerstand aufgeben und Assad gestoppt werden, sonst drohten "Chaos und Bürgerkrieg", warnte Hollande. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan forderte gemeinsame internationale Anstrengungen, um das Blutvergießen zu beenden.

Auch die russische Regierung warnte vor einer "Tragödie". Außenminister Sergej Lawrow sagte, Moskau versuche, die verbündete syrische Führung zum Einlenken zu bewegen. Die syrischen Oppositionellen in Russland und im Ausland sprächen von einer "Revolution" gegen die Regierung in Syrien, sagte Lawrow am Sonntag laut russischen Nachrichtenagenturen. Wenn dem so sei, dann sollte "nicht der UNO-Sicherheitsrat zur Unterstützung der Revolution aufgefordert" werden. Denn das sei nicht seine Aufgabe, fügte Lawrow hinzu. Zugleich erklärte er, Moskau werde seine Kontakte zur syrischen Opposition aufrechterhalten und habe keinerlei Absicht, Assad Zuflucht zu gewähren. "Daran denken wir nicht einmal."

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