Cameron ist "not amused"

Londoner Bürgermeister wirbt für "Brexit"

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Trotz Einigung mit der EU will Boris Johnson raus aus der Union.

Nach der Einigung auf ein EU-Reformpaket stößt der britische Premierminister David Cameron in seinem Werben für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union auf Gegenwind in seiner eigenen Partei. Der einflussreiche Londoner Bürgermeister Boris Johnson kündigte am Sonntag an, sich für die Kampagne für ein Austreten Großbritanniens aus der Europäischen Union stark zu machen.

Proeuropäische Politiker wie die Ex-Premierminister John Major und Tony Blair warnten vor einem Auseinanderbrechen Großbritanniens, sollte sich das Land gegen die EU entscheiden. Schottische Nationalisten kündigten für diesen Fall einen neuen Anlauf an, um sich nach über 300 Jahren von England zu lösen.

Cameron auf Stimmenfang

Die EU sei in Gefahr, nicht mehr ordentlich demokratisch kontrolliert zu werden, erklärte Johnson, dem Ambitionen auf eine Nachfolge Camerons im Amt nachgesagt werden. Das Reformpaket beinhalte keine fundamentalen Änderungen. Cameron, der die Bürger am 23. Juni in einem Volksentscheid abstimmen lassen will, hatte zuvor um die Stimme Johnsons geworben. "Ich sage zu Boris, was ich jedem sage, dass wir sicherer, stärker, besser in der reformierten EU sind", sagte er der BBC. Seinen Ministern hatte Cameron freigestellt, sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen. Sechs Minister, darunter Justizminister Michael Gove, erklärten daraufhin, sich für einen Brexit einzusetzen. Finanzminister George Osborne und Innenressortchefin Theresa May wollen dagegen für einen Verbleib kämpfen.

EU-Befürworter in Umfragen vorn

Für die kommenden Tage kündigte Cameron einen Plan an, wie die Souveränität des britischen Parlaments gesichert werden könne. Bei der Bevölkerung trifft Cameron offenbar auf Zustimmung. In Umfragen liegen die EU-Befürworter klar vorn. Sie kommen auf 48 Prozent und damit auf 15 Punkte mehr als die Gegner, wie die Tageszeitung "Mail on Sunday" berichtete. Allerdings sind demnach immer noch 19 Prozent unentschlossen.

Cameron setzte unter anderem durch, das Großbritannien vom Ziel einer weiteren EU-Integration ausgenommen wird. Zudem wurden ihm Ausnahmen bei der Zahlung von Sozialleistungen an Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten eingeräumt. Auch für die britische Finanzbranche gaben die Chefs der Mitgliedstaaten bestimmte Garantien ab.

Gespaltenes Verhältnis

Großbritannien trat der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1973 bei. Die Konservativen streiten sich bereits seit drei Jahrzehnten über das Verhältnis zu Europa. Die Zeitung "Sun" des Medienunternehmers Rupert Murdoch sprach sich klar für einen Austritt aus der Union aus. Cameron habe es nicht geschafft, einen günstigen Vertrag auszuhandeln. "Wir glauben, dass er falsch liegt", hieß es in einem Meinungsartikel.

Der frühere Vorsitzende der Schottischen Nationalen Partei, Alex Salmond, kündigte an, im Falle eines Austritts Großbritanniens gehe er von einem zweiten Vorstoß für eine Unabhängigkeit Schottlands aus. 2014 war die Partei bei einer Volksabstimmung über eine Loslösung von dem Königreich mit 55 zu 45 Prozent gescheitert. Umfragen zufolge will eine deutliche Mehrheit der fünf Millionen Schotten in der EU bleiben. Die meisten Briten sind allerdings Engländer, unter denen die Euroskepsis verbreiteter ist.

Video zum Thema: Londons Bürgermeister gegen die EU

 
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