Protestbewegung ANO

Milliardär Babis bei Parlamentswahl in Tschechien klarer Sieger

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Debakel für Sozialdemokraten - Schwarzenbergs Partei unter Fünf-Prozent-Hürde.

Ein "blauer Tsunami" hat Tschechien überflutet. Die Protestbewegung ANO des Milliardärs Andrej Babis, deren Parteifarbe Blau ist, ging als klarer Sieger aus den Parlamentswahlen hervor, während ihr Hauptrivale - die Sozialdemokraten (CSSD) des Premiers Bohuslav Sobotka - ein schweres Debakel in Kauf nehmen musste.

ANO konnte von der Regierungsbeteiligung profitieren und die Erfolge des Kabinetts gut "verkaufen", während die CSSD große Verluste eingefahren hat. Babis kann sich nun in seinen Ambitionen, Premierminister zu werden, bestärkt fühlen, obwohl die Polizei kurz vor der Abstimmung die strafrechtliche Verfolgung gegen ihn wegen angeblichen EU-Subventionsbetruges eröffnet hat.

Schon im Frühjahr musste er wegen dieser Affäre sowie einer anderen Affäre um die kontroversen Schuldscheine, mit denen er seine Steuerzahlungen einst "optimierte", die Regierung verlassen. Das Wahlergebnis deutet jedoch an, dass das Vorgehen gegen Babis, hinter dem vor allem die CSSD stand, sich eher als kontraproduktiv gezeigt hat. Auch eine Anti-Babis-Koalition, wie man darüber vor den Wahlen spekulierte, scheint nicht realistisch.

Den Sozialdemokraten nützte der erst kürzlich erfolgte Austausch ihres Spitzenkandidaten nicht. Unter dem Eindruck von ungünstigen Umfragen verzichtete Sobotka, dem wenig Charisma nachgesagt wird, auf die Führungsposition und überließ diese dem Außenminister Lubomir Zaoralek. Dieser hat es jedoch nicht mehr geschafft, mehr Wähler zu überzeugen. So steht offenbar ein personelles Erdbeben innerhalb der einst 30-prozentigen Partei bevor.

Die tschechischen Parlamentswahlen sandten ein klares Signal ins Ausland, vor allem in Richtung der EU. Aus der Abstimmung gingen jene Parteien gestärkt hervor, die weder Flüchtlinge bzw. Flüchtlingsquoten noch den Euro wollen. Während Babis "nicht die Schulden der Griechen und italienischen Banken mitzahlen" möchte, redet der tschechisch-japanische Unternehmer Tomio Okamura direkter. Er möchte mit seiner rechtsextremen SPD ("Freiheit und direkte Demokratie") eine EU-Austritt-Volksabstimmung veranstalten und dann - wie er im Wahlkampf versprach - "auf englische Weise aus der EU verschwinden". Und die Euro-Skepsis der konservativen Demokratischen Partei (ODS) ist seit Jahren bekannt.

In Prag wird so in den kommenden Wochen höchstwahrscheinlich eine Regierung gebildet, die kaum das Attribut "proeuropäisch" tragen wird. Zwei klar pro-europäische Parteien - die liberal-konservative TOP 09 und die christdemokratische Volkspartei (KDU-CSL) - bangen bei der Auszählung der Wählerstimmen um den Einzug ins Unterhaus. Und auch, wenn sie es schließlich doch schaffen, wäre ihre Position - egal, ob in der Regierung oder in der Opposition - zu schwach, um die Politik Tschechiens beeinflussen zu können.

Die TOP 09, deren Ehrenvorsitzender Karel Schwarzenberg ist, ging so neben der CSSD als klarer Verlierer der Wahlen hervor. Demgegenüber als stärkste Überraschung zeigt sich die Piraten-Partei, die erstmals den Einzug ins Parlament schafft. Politisch sind jedoch die Piraten noch eine "Unbekannte", sie profilieren sich eher als eine "IT-Partei", die vor allem ein wirksames e-Government durchsetzen möchte.

Als wichtiger Spieler tritt nun der Staatspräsident Milos Zeman in die Szene ein. Er werde mit den Chefs aller Parteien reden, die ins Abgeordnetenhaus einziehen. Der Wahlausgang hat ihm die Aufgabe ein bisschen vereinfacht. Schon vor der Abstimmung deutete er an, mit der Kabinettsbildung Babis beauftragen zu wollen, auch wenn dieser strafrechtlich verfolgt wird.

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