Wahl in Tschechien

Milliardär mischt Wahlkampf auf

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Die Bewegung von Andrej Babis könnte zweitstärkste Partei werden.

Nur noch eine Woche bleibt bis zu den vorgezogenen Parlamentswahlen in Tschechien, deren Ausgang mit Spannung erwartet wird. Während die Meinungsforscher einen klaren Sieger – die Sozialdemokraten (CSSD) – erwarten, bleibt die große Unbekannte, wie die Bewegung ANO 2011 des Milliardärs Andrej Babis nach ihrem rasanten Aufstieg der vergangenen Wochen schließlich abschneiden wird.

Laut Umfragen kann die CSSD mit 28,5 Prozent der Wählerstimmen rechnen und damit die Wahl bequem gewinnen. Erst mit einem großen Abstand folgen die Kommunisten (KSCM) mit 12,5 Prozent gleich auf mit der Bewegung ANO 2011, die noch vor einigen Monaten unter der fünfprozentigen Wahlhürde rangierte. Schwach abschneiden werden laut Prognosen die traditionellen Rechtsparteien: Die Partei TOP 09 von Karel Schwarzenberg kam zuletzt auf 11 Prozent, der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) droht mit 6,5 Prozent eine historische Niederlage.

Milliardär mischt Wahlkampf auf
Die größte Überraschung im Wahlkampf ist freilich Babis, der den Wahlkampf mit Gratis-Würstel und Krapfen aufmischt. Zum Würstel mit Senf oder Ketchup bekommt in Prag jeder eine Semmel und eine Wahlbroschüre der neuen politischen Bewegung ANO. Das tschechische Wort für Ja steht als Akronym für die Akce nespokojeni lidi (Bewegung unzufriedener Leute).

Die Botschaften des erfolgreichen Unternehmers, der immer wieder mit Frank Stronach verglichen wird, sind einfach und positiv. „Ja, es wird besser“ ist der Slogan seiner Bewegung, die verspricht zu wissen, wie man Arbeitsplätze schafft, „damit auch unsere Kinder hier leben wollen.“ Mit einer enormen Wahlkampagne hat der zweitreichste Tscheche und Besitzer der agrochemischen Holding Agrofert, ganz Tschechien mit Plakaten zugepflastert hat. Von Haltegriffen im Bus, Bildschirmen in der U-Bahn und großflächigen Plakaten am Straßenrand lächelt der smarte Unternehmer Babis den Tschechen omnipräsent entgegen. Außerdem verteilt er selbst oder seine Anhänger an verschiedenen Orten gratis Lebensmittel.

Den Staat will Babis wie ein Unternehmen führen. „Es gibt so viele fähige Leute in unserem Land, die unzufrieden sind, aber wir werden von einem Haufen unfähiger Politiker regiert“, sagt er.

Babis fischt vor allem im rechten Lager Stimmen. Seine Bewegung könnte bei der Wahl kommende Woche sogar zweitstärkste Partei werden. Kritiker werfen ihm Anti-Politik vor und prophezeien der Bewegung ein kurzes politisches Leben. Die Vertreter der Partei eint weniger ein einheitliches politisches Programm als die Abhängigkeit von der Person Babis, heißt es.

Die Abstimmung findet traditionell an zwei Tagen statt – am Freitag und Samstag, dem 25. und 26. Oktober.








 

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