Versteckspiel

Netanyahu verweigert Obamas Atomgipfel

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Der Grund: Die Atommacht Israel fürchtet, dass man sie zum Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag drängen will.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat seine Teilnahme an dem internationalen Gipfel zur Atomsicherheit Anfang kommender Woche in Washington abgesagt. Offiziell wurden keine Gründe mitgeteilt. Israelische Medien berichteten jedoch, dass bei der Konferenz massive Kritik am israelischen Atomprogramm befürchtet werde. Anstelle Netanyahus soll Geheimdienst- und Atomenergieminister Dan Meridor an der Konferenz teilnehmen. Israel gilt seit Jahren als Atommacht, obwohl es den Besitz von Nuklearwaffen offiziell nie bestätigt hat.

Israels Waffenarsenal
Es werde erwartet, dass eine Gruppe muslimischer Staaten unter Führung Ägyptens und der Türkei die israelische Regierung zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags drängen wolle, berichtete die israelische Tageszeitung "Haaretz". Man sei "enttäuscht" von der Entwicklung im Vorfeld der Konferenz, zitierte das Blatt ein namentlich nicht genanntes Mitglied der israelischen Regierung. "Bei der Konferenz sollte es um den Umgang mit der Gefahr des nuklearen Terrors gehen (...) In den letzten Tagen haben wir aber Berichte über die Pläne einiger Teilnehmerstaaten erhalten, von der Frage des Kampfes gegen den Terror abzurücken und stattdessen die Veranstaltung dazu zu missbrauchen, Israel beim Atomwaffensperrvertrag anzutreiben."

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Mike Hammer, bestätigte die Absage Netanyahus. Zugleich begrüßte er die Teilnahme von Vizepremier Meridor. "Israel ist ein enger Verbündeter und wir freuen uns darauf, die enge Zusammenarbeit in Fragen der nuklearen Sicherheit fortzusetzen", sagte Hammer. "Dies ist ein Gipfel, der auf die Sicherheit von Nuklearmaterial zielt, und darauf ausgerichtet ist, die Teilnehmerstaaten dazu zu bewegen, praktische Maßnahmen zu ergreifen, damit Terroristen keinen Zugriff auf dieses Material erhalten."

Atommaterial vor Terroristen schützen
Zu dem Treffen hat US-Präsident Barack Obama Vertreter aus 43 Ländern eingeladen. Ziel ist eine Vereinbarung darüber, dass die Länder gefährliches Atommaterial in Militär- und Forschungseinrichtungen sowie in der Medizin so schützen, dass es Terroristen nicht in die Hände fallen kann. Der zweitägige Gipfel beginnt am kommenden Montag. Der Atomwaffensperrvertrag (Non-Proliferation Treaty), der die Verbreitung von Nuklearwaffen verbietet, wurde bisher von knapp 190 Staaten unterzeichnet, nur nicht von den Atomstaaten Israel, Indien, Nordkorea und Pakistan.

Erst am Donnerstag hatten die USA und Russland mit einem umfangreichen Abrüstungsvertrag einen Neubeginn ihrer Beziehungen eingeleitet. Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew unterzeichneten in Prag den Nachfolge-Vertrag zum Start-I-Abkommen, der einen weiteren Abbau ihrer strategischen Atomwaffen besiegelt.

Das Verhältnis zwischen Israel und den USA hat sich in den vergangenen Monaten rund um die umstrittenen Siedlungspläne Israels in Ost-Jerusalem abgekühlt. Netanyahu hatte sich Mitte März in Washington mit Obama getroffen. Dabei gaben sich die Politiker weder vor laufender Kamera die Hand, noch gab es eine gemeinsame Abschlusserklärung. Israelische Beobachter sprachen von einer Demütigung ihres Regierungschefs.

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