Netanyahu wendet sich nach Wahlrückschlag der Mitte zu

Teilen

Zukunftspartei steigt zur zweitstärksten Kraft Israels auf - Ungewöhnliche Pattsituation zwischen großen Lagern in Knesset.

Nach seinem Rückschlag bei der Parlamentswahl hat der scheidende israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu einen Schwenk zur Mitte angekündigt. Der konservative Politiker, dessen Liste ein Viertel ihrer Mandate einbüßte, versicherte am Mittwoch, sozialen Fragen künftig Priorität einzuräumen. Die liberale Zukunftspartei (Jesh Atid) des früheren Journalisten Jair Lapid kam bei der Wahl überraschend auf den zweiten Platz.

"Die Israelis wollen, dass ich eine Regierung bilde, die drei große Veränderungen in der Innenpolitik anstößt: eine gleichmäßigere Verteilung der Lasten (beim Militärdienst), bezahlbarere Wohnungen und eine Änderung des Regierungssystems", sagte Netanyahu in einer kurzen Rundfunkansprache. Er nahm damit praktisch die Kernforderungen von Jesh Atid auf. Er versicherte zudem, eine "möglichst breite" Koalition bilden zu wollen.

Im rechten Lager kam nach Angaben der Wahlkommission von Mittwoch die gemeinsame Liste von Netanyahus Likud und der ultranationalistischen Partei Israel Beitenu seines früheren Außenministers Avigdor Lieberman auf 31 Sitze. Sie verlor damit elf Mandate. Die radikale Siedlerpartei Jüdisches Heim von Naftali Bennett erzielte elf Sitze, ebenso wie die ultraorthodoxe Shas-Partei. Die ebenfalls ultraorthodoxe Thora-Partei kam auf sieben Mandate.

Im Mitte-Links-Lager erhielt die Jesh Atid überraschend 19 Sitze. Sie liegt damit noch vor der Arbeitspartei mit 15 Sitzen. Die neue Zentrumspartei Die Bewegung der früheren Außenministerin Zipi Livni erzielte sechs Sitze, ebenso wie die linke Merez-Partei. Livnis frühere Partei Kadima kam auf lediglich zwei Sitze. Drei arabisch-israelische Parteien erhielten zwölf Sitze.

In einer ungewöhnlichen Pattsituation der Lager kommen die Rechts-Religiösen-Parteien und die Mitte-Links-Parteien damit auf jeweils 60 der 120 Sitze in der Knesset. Vor allem beim Friedensprozess mit den Palästinensern, dem Streit über die Wehrpflicht und den Sozialprogrammen gibt es nur wenig Überschneidungen zwischen den Lagern. Netanyahu hat nun als Vorsitzender der stärksten Partei sechs Wochen Zeit, eine neue Regierung zu bilden.

Dem 49-jährigen Politikneuling Lapid kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Seine Partei versteht sich als Stimme der Mittelschicht. Sie tritt außerdem für eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen mit den Palästinensern ein. Der palästinensische Außenminister Rijad al-Malki sagte am Mittwoch, die Palästinenser seien bereit, mit jeder Regierung zusammenzuarbeiten, sofern diese einen eigenständigen Palästinenserstaat in den Grenzen von vor 1967 anerkennt.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.