Von Mubarak

Neuer Premier mit Reformen beauftragt

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Nobelpreisträger ElBaradei erklärt sich zum Wortführer der Opposition.

Ägyptens Präsident Hosni Mubarak hat angesichts der Massenproteste seinen neuen Ministerpräsidenten Ahmad Shafik mit politischen Reformen beauftragt. Mubarak sagte am Sonntag in einer Rede im Fernsehen, er dränge auf "umfassende" Schritte, um das politische System und die Verfassung zu reformieren. Der Staatschef sprach sich auch für einen "Dialog mit allen Parteien" aus.  Der Friedensnobelpreisträger und Diplomat Mohamed ElBaradei erklärte sich unterdessen zum Wortführer der Opposition.

Er habe das Mandat zu Verhandlungen mit dem Militär und um eine Übergabe der Macht an eine Koalition der nationalen Einheit zu organisieren, erklärte der ehemalige Chef der UNO-Atombehörde IAEO am Sonntag. "Der Wandel kommt in den nächsten Tagen", rief ElBaradei den tausenden Demonstranten in Kairo zu. "Wir haben eine Forderung: Das Ende des Regimes und der Anfang einer neue Stufe, eines neuen Ägyptens." Die Menschenmenge skandierte: "Das Volk will den Sturz des Regimes!" ElBaradei mischte sich bei seiner Ansprache zwanglos unter die Soldaten auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairo, die trotz der Verletzung der Ausgangssperre das Geschehen tatenlos beobachten.

Lage beruhigt
Nach fünf Tagen Massendemonstrationen hatte sich die Lage in Ägypten am Wochenende etwas beruhigt. Das Militär bewachte Banken, Regierungsgebäude und große Kreuzungen. In den Wohnvierteln Kairos, aus denen sich die Polizei weitgehend zurückgezogen hatte, versuchten weiterhin Bürgerwehren, Plünderer fernzuhalten.

Allgemein hielt sich das Militär auch am Sonntag zurück. Brigadegeneral Atef Said sagte in Suez, die Menschen dürften ihre Stimme frei erheben. "Wir werden die Proteste in den kommenden Tagen zulassen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Jeder hat das Recht, seine Meinung zu sagen." In Kairo hielten Soldaten neben Panzern wache, auf denen Parolen gegen Mubarak wie "Nieder mit dem Despoten" und "Pharao raus aus Ägypten" geschmiert worden waren. Auf die Frage, wie er das zulassen könnte, sagte ein Soldat: "Das wurde vom Volk geschrieben. Es ist die Meinung des Volkes."

Vertrauen wiederherstellen
Mubarak seinerseits forderte laut einem im Fernsehen vorgelesenen Brief an Premier Shafik: "Ich verlange von Ihnen, das Vertrauen in unsere Wirtschaft wieder herzustellen." Die staatlichen Subventionen sollten erhalten bleiben, die Inflation unter Kontrolle gebracht und Arbeitsplätze geschaffen werden. Darüber hinaus seien Schritte notwendig, um politische Reformen in der Verfassung und Gesetzgebung zu erzielen.

Die staatliche Nachrichtenagentur Mena berichtete zudem, dass Mubarak in einem Telefongespräch mit US-Präsident Obama über politische Reformen gesprochen habe. Der seit 30 Jahren herrschende Mubarak gehört zu den wichtigsten Partnern der USA im Nahen Osten und gilt als stabile Stütze der Bemühungen um Frieden mit Israel.

Obama-Aufruf
Obama rief  zu einem friedlichen "Übergang" in Ägypten auf. Wie sein Sprecher Robert Gibbs am Sonntag mitteilte, erörterte der US-Präsident die Lage am Wochenende per Telefon mit den Führungen der Türkei, Israels, Saudi-Arabiens und Großbritanniens. Dabei habe er zum Ausdruck gebracht, dass die USA "einen geordneten Übergang zu einer Regierung" unterstützten, "die auf die Bestrebungen des ägyptischen Volkes eingeht". Ähnlich hatte sich zuvor auch US-Außenministerin Hillary Clinton in einer Reihe von Fernseh-Interviews geäußert. Der Frage, ob sich die USA von Mubarak zu distanzieren begännen, wich sie aus.

Protestwelle
Seit Dienstag schlägt dem seit drei Jahrzehnten regierenden Mubarak die größte Protestwelle seiner Amtszeit entgegen. Rund 150 Menschen kamen bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten bereits ums Leben. Als Reaktion auf die Massenproteste hatte Mubarak  die gesamte Regierung unter Ministerpräsident Ahmed Nasif entlassen und den früheren Luftfahrtminister Shafik am Samstag zum neuen Regierungschef gemacht. Den Geheimdienstchefs Omar Suleiman ernannte Mubarak zum Vizepräsidenten. Der Personalwechsel hat die protestierenden Massen allerdings nicht besänftigen können, am Sonntag gingen erneut zehntausende Menschen auf die Straße.

Reisewarnung
Das Außenministerium in Wien hat Freitagabend eine Reisewarnung für Ägypten ausgesprochen. Am Wochenende kamen zahlreiche österreichische Touristen am Flughafen Wien an. Teilweise hatten sie die Unruhen hautnah erlebt. Am Flughafen in Kairo habe totales Chaos geherrscht, erzählte das Ehepaar Hajnik aus Perchtoldsdorf. Andere Urlauber haben von den Ereignissen nichts mitbekommen. Bei Ausbruch der Ausschreitungen befanden sich mehr als 3000 österreichische Touristen in dem beliebten Urlaubsland.

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