Historischer Parteitag

Was führt Kim Jong-un im Schilde?

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In Nordkorea wird der erste Parteitag seit 36 Jahren abgehalten.

Warum Nordkorea die Kongresse der herrschenden Arbeiterpartei seit Jahrzehnten ruhen ließ, ist unklar. Nach dem Wunsch des Regimes soll jetzt der siebente Parteikongress die Welt in Erstaunen versetzen. Für Machthaber Kim Jong Un könnte es eine Ein-Mann-Show werden.

Propaganda in den Medien
Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang hat sich für das größte politische Spektakel des Landes seit Jahren herausgeputzt. Laternenpfähle seien neu gestrichen, Straßen neu geteert, und am Taedong-Ufer in der Innenstadt sei die halbe Uferbebauung abgerissen worden, "wohl um sie durch imposante Neubauten zu ersetzen", erzählt ein westlicher Besucher. In der Stadt seien große Menschenmassen unterwegs, "teils mit Plastikblumen oder ähnlichen Jubelelementen ausgestattet." Auch die Beschallung aus mobilen Lautsprecherwagen nahm demnach zu.

In dieser Woche ging die "70-Tage-Kampagne der Treue" zu Ende, mit der die Bevölkerung auf den ersten ordentlichen Kongress der herrschenden Arbeiterpartei Koreas (PdAK) seit 1980 eingestimmt werden sollte. Nordkoreas Staatsmedien berichteten vor dem Beginn des Parteitags an diesem Freitag fast täglich über angebliche Erfolge in allen Bereichen, etwa von der Steigerung der Kohleproduktion und der Planüberfüllung von Fabriken. Grundlage des nordkoreanischen Systems ist eine sozialistische Wirtschafts- und Staatsform, die vom früheren Staatschef Kim Il Sung eingeführt wurde.

Spekulationen
Was genau beim Kongress besprochen wird, war zunächst unklar. Über die Bedeutung des Treffens wurde im Ausland bereits seit dessen Ankündigung im vergangenen Herbst spekuliert. Beobachter in Südkorea sind sich jedoch darin einig, dass Machthaber Kim Jong Un die seit Jahren wichtigste politische Versammlung im Einparteiensystem des Staates dazu benutzen will, seine Stellung zu festigen. Daneben dürfte er personelle Veränderungen im Parteiapparat vornehmen und einen neuen Anlauf zur wirtschaftlichen Entwicklung als Ziel ausgeben.

Formal ist der Kongress, der ursprünglich alle fünf Jahre abgehalten werden sollte, das wichtigste Gremium der Partei. In seinem fünften Herrschaftsjahr wolle Kim "der Welt und der eigenen Bevölkerung zeigen, dass er seine Position konsolidiert hat", meint der Forscher Park Hyeong Jung vom staatlichen Koreanischen Institut für Nationale Vereinigung (KINU) in Seoul. Das kommunistische Regime habe zuletzt auch den Personenkult um Kim verstärkt. Ob Kim beim Kongress neue Ämter erhält, sei unklar. "Neue Titel sind nicht so wichtig, sondern eher eine Formalität." Wichtigste Stütze Kims ist neben der Partei das Militär.

Zunehmende Spannungen
Der siebente Kongress der PdAK folgt nur wenige Woche auf den siebenten Parteikongress der Kommunisten in Kuba. Doch anders als die Versammlung im Karibikstaat, die in eine Phase der Annäherung zu den USA fiel, findet Nordkoreas Parteitag inmitten zunehmender Spannungen zur Supermacht dar.

Seit Anfang dieses Jahre hielt Pjöngang die Region vor allem mit Atom- und Raketentests sowie Angriffsdrohungen gegen Südkorea und die USA die Atem, jetzt soll der Kongress die "Aufmerksamkeit der Welt" auf sich ziehen. So stellt es sich in Nordkoreas Propaganda dar, die seit Monaten von einem "historischen Ereignis" spricht.

Es wird nicht ausgeschlossen, dass Kim Jong Un auch als Erster Parteisekretär und damit als Chef der Organisation bestätigt wird, um seiner Führung den Anstrich der Legitimität zu geben. Seinem Ende 2011 gestorbenen Vater Kim Jong Il ist aus Pietät der Titel des "ewigen Generalsekretärs" vorbehalten.

Atommacht
Im Zentrum von Kim Jong Uns Politik steht dabei der Aufbau einer Atomstreitmacht und die parallele Entwicklung der Wirtschaft - ein Kurs, der in Südkorea und im Westen als aussichtslos und voller Widersprüche kritisiert wird. Nordkorea verteidigt seine umstrittene Atomrüstung als Verteidigungsmittel gegen die USA, denen eine feindselige Politik unterstellt wird.

Der UNO-Sicherheitsrat hatte Anfang März als Antwort auf den vierten Atomtest des Landes und einen umstrittenen Raketenstart die Sanktionen gegen Pjöngjang verschärft. Wie wirksam die Sanktionen bisher wirklich sind, darüber streiten die Experten. Doch der Druck auf Pjöngjang ist aus ihrer Sicht gleichwohl größer geworden. Im benachbarten Südkorea geht man jedoch davon aus, dass der Parteikongress die Parallel-Strategie Kims bestärken wird.
 

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