Ex-EU-Kommissionspräsident

Prodi: Kein Austritt Griechenlands aus Eurozone

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Ex-Kommissionspräsident hofft auf Kompromiss bei Regierungsbildung.

Den Austritt Griechenlands aus der Eurozone hält Romano Prodi für unwahrscheinlich. Dies würde sowohl Griechenland als auch der Europäischen Union schaden, sagte der ehemalige EU-Kommissionspräsident und Premierminister Italiens am Dienstag in Wien. Von den Ergebnissen der griechischen Parlamentswahlen, die europakritischen Parteien der extremen Rechten und Linken starken Auftrieb verschafften, sei er jedoch nicht überrascht.

Der Wahlausgang sei die Konsequenz einer bereits vor den Wahlen "unbefriedigenden Situation". "Das Problem ist, dass die Verhandlungen, die vonseiten der EU mit Griechenland geführt worden sind, nur Opfer von der Bevölkerung gefordert haben, ohne dass wirkliche Veränderungen in Sichtweite waren.", erklärte Prodi.

Die EU sei gegenwärtig sicherlich in einer "Stresssituation", er glaube aber daran, dass in Griechenland ein Kompromiss gefunden werden könne. "Wenn Griechenland aus der Eurozone aussteigt, ist der gesamte Euro in Gefahr und dann wären alle schlechter dran, auch die Deutschen."

   Ob Neuwahlen in Griechenland, wie sie bereits von einigen Experten als einziger Ausweg aus der politischen Pattstellung präsentiert worden sind, eine Lösung seien könnten, darüber traut sich Prodi nach nur zwei Tagen Verhandlungen nichts zu sagen. "Ich war wirklich überrascht, dass die erste Partei bereits nach einem Tag die Koalitionsverhandlungen abgebrochen hat. Ich hoffe, dass es in den nächsten zwei Wochen einiges mehr an Anstrengungen geben wird, eine Koalition zu bilden."

Eine Neuverhandlung des EU-Fiskalpakts, wie sie der zukünftige französische Präsident Francois Hollande fordert, hält Prodi für eine gute Idee. "Wenn Hollande, wie er angekündigt hat, weiterhin die europäische Budgetdisziplin respektiert, könnte eine Neuverhandlung des Fiskalpakts positive Impulse zur Überwindung des Stillstand in Europa bringen."

Freilich käme es darauf an, wie sich der Verhandlungsprozess gestalte. Würden sich die europäischen Staatschefs lediglich bekämpfen, hätte dies sicherlich negative Auswirkungen auf das Vertrauen der Finanzmärkte in die EU. "Wenn eine Neuverhandlung allerdings als positiver Schritt in Richtung einer stabilen Währungsunion, Eurobonds und einer dominanteren Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) interpretiert würde, werden auch die Finanzmärkte nicht negativ reagieren."

Davor, dass die Diskussion um eine Neuverhandlung zusätzliche Spannungen in Europa produzieren könnte, fürchtet sich der ehemalige EU-Kommissionspräsident nicht. "Es ist schwierig, noch mehr Spannungen in Europa zu haben, als wir sie in der gegenwärtig bereits haben. Die momentane Situation sehe ich wirklich nicht als Vorbild." Allerdings liege für ihn der erste Schritt für mehr Wirtschaftswachstums, in Initiativen Deutschlands zur Ankurbelung des europäischen Exportmarktes, nicht in einer Neuverhandlung des Fiskalpaktes: "Und das ist nicht unmöglich, sogar der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat bereits gesagt, dass er dafür ist."

Romano Prodi (72) war von 1999-2004 Präsident der EU-Kommission und von 1996 - 1998 und 2006 - 2008 italienischer Premierminister. Zuletzt gehörte er dem "Partito Democratico" an, die aus einen Wahlbündnis von Linksdemokraten und Christdemokraten entstanden ist. 2008 gab er seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Am Dienstag war er auf Einladung der "Akademie für Evangelisation" in Wien und diskutierte mit Kardinal Christoph Schönborn zum Thema "Ohne Visionäre - Europa vor dem Kollaps?"

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